Gerade in Großstädten hat man bei der Arztsuche oft die Qual der Wahl. Google erschlägt einen geradezu mit Optionen, und die Bewertungen machen es häufig auch nicht einfacher. Da fällt es schwer, eine selbstbewusste Entscheidung hinsichtlich der Arztwahl zu treffen. Aber keine Sorge: Auch im Dschungel des Internets und bei einem Überangebot kann eigentlich jeder einen guten Arzt finden – wenn er auf das Richtige achtet.
Ärztesuche im Netz: Vorsicht bei Online-Bewertungen
„Kennst du einen guten Arzt?“, ist wohl eine Frage, die jeder schon einmal gestellt hat oder ihm gestellt wurde. Gerade, wenn es um etwas so Intimes wie unsere Gesundheit geht, verlassen wir uns am liebsten auf die Menschen, die uns nahestehen, auf deren Meinung wir vertrauen und von denen wir wissen, dass sie unser Bestes im Sinne haben.
Aber auch die Mundpropaganda hat ihre Grenzen. Manchmal braucht es einen Facharzt in einem medizinischen Gebiet, mit dem Freunde, Familie und Bekannte noch keine Berührungspunkte haben. Oder man ist in eine neue Stadt gezogen, in der man noch niemanden kennt. In solchen Fällen wendet man sich häufig zuerst an das Internet.
Wie auch immer man zu der Arztsuche gekommen ist: Meistens orientieren wir uns an den Bewertungen anderer Patienten. Egal ob wir uns bei Google umsehen oder bei einem der vielen Ärztebewertungsportalen im Internet– als alleiniges Entscheidungskriterium kann man Sternebewertung nicht nehmen, rät Christiane Rock von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Ärzteportale können einen guten Überblick geben über Rahmenbedingungen wie Öffnungszeiten, besondere Angebote und Schwerpunkte, und ob es sich um eine Privatpraxis handelt oder sie auch Kassenpatienten aufnimmt. Die R+V Versicherung empfiehlt auch, auf eventuelle Zusatzqualifikationen zu achten, weil sie oft ein Qualitätsmerkmal sind.
Das hilft gerade bei Fachärzten schon mal, die Auswahl um einiges zu verkleinern. Aber wenn es dann um die menschlichen und medizinischen Qualitäten geht, über die in Bewertungen gesprochen wird, wird es komplizierter.
„Bei jedem Stern handelt es sich um eine subjektive Einschätzung, die häufig nicht nachprüfbar ist“, sagt Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), welche die Interessen freiberuflicher Ärzte und Psychotherapeuten vertritt. Es melden sich bei Internetbewertungen auch eher die, die meckern wollen. „Wer zufrieden ist, äußert sich seltener“, meint er.
Aber auch bei positiven Bewertungen sei zur Vorsicht geraten: „Verbraucher können hier nur schwer beurteilen, was eine aussagekräftige Bewertung oder doch nur eine dargestellte Werbung ist“, so Christiane Rock. Verbraucherschützer empfehlen deswegen die kostenlose und werbefreie Plattform der Bertelsmann-Stiftung, gesund.bund.de.

Mit der besten Vorbereitung zum Erstbesuch
Eine gründliche Ärztesuche endet allerdings nicht im Internet: Was zählt, ist der persönliche Eindruck vor Ort. Gerade bei schwierigen Gesundheitsthemen sollte man sich nicht mit dem erstbesten Arzt zufriedengeben, dessen Internetauftritt einem gefallen hat.
Aber seien auch Sie selbst gut vorbereitet: Die AOK rät jedem angehenden Patienten, sich vor jedem Erstbesuch darüber Klarheit zu verschaffen, welche Bedürfnisse man hat und was man sich von dem Arzt erhofft: „Welche Beschwerden möchte ich gezielt ansprechen, welche Fragen möchte ich beantwortet wissen, welche Therapieoptionen kommen infrage – ist Ihnen zum Beispiel ein ganzheitlicher Ansatz wichtig? Dies kann Ihnen dabei helfen, Ihre Anliegen klarer zu äußern und auch gezielte Rückfragen zum Vorgehen zu stellen.“
Beim Arzt nicht von langen Wartezeiten abschrecken lassen
Sie haben sich vorab informiert, Sie wissen, was Sie wollen, und sitzen jetzt im Wartezimmer des Arztes – und müssen ewig darauf warten, endlich den Arzt sehen zu können. Ein schlechtes Zeichen? Klar ist: Der erste Eindruck zählt. Aber die AOK sagt auch: „Ein volles Wartezimmer und lange Wartezeiten müssen nicht unbedingt für ein schlechtes Management, sondern können auch für die Qualität der Behandlung sprechen.“
Fünf Fragen an Sie selbst: Welchem Arzt kann ich vertrauen?
Im Behandlungszimmer angekommen, sollte das eigene Bauchgefühl entscheiden, wie gut Sie sich bei dem Arzt aufgehoben fühlen. Ein paar Fragen, die Sie sich hinsichtlich Ihrer Behandlung und Ihrem Arzt stellen können, sind folgende:
Wie viel Zeit nimmt sich der Arzt für mich? Gerade beim Erstgespräch ist es entscheidend, dass Sie sich gut kennenlernen. Der Arzt sollte also eine ausführliche Anamnese machen, nach Beschwerden und Lebensumständen fragen und versuchen, einen Zusammenhang zu erstellen. Sie sollten nicht den Eindruck bekommen, dass er sie schnell wieder loswerden will, sondern ausreden und Fragen stellen können. Der Arzt sollte darum bemüht sein, dass Sie alles verstanden haben und Rückfragen einladen.
Wird meine Intim- und Privatsphäre beachtet? Wie wird mit Ihren sensiblen Informationen vor anderen Patienten an der Rezeption umgegangen? Auch während der Untersuchung oder Behandlung sollte der Raum nicht von anderen betreten werden und der Bereich, in dem Sie sich aus- und anziehen, sollte abgetrennt sein.
Wie sauber und ordentlich ist die Praxis? Die Einrichtung sollte gut gepflegt und sauber sein, und auch Patientenakten sollten nicht einfach offen rumliegen.
Wie geht der Arzt mit Zusatzleistungen um? Einige Diagnose- und Behandlungsmethoden gehen über das Maß der medizinisch notwendigen Versorgung hinaus und müssen deswegen von Patienten selbst bezahlt werden. Ein guter Arzt will einem diese Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) nicht aufschwatzen, sondern klärt auf und gibt ausreichende Bedenkzeit.
Wie gut kann der Arzt seine eigene Kompetenz einschätzen? Gerade wenn es um Allgemeinmediziner geht, kann ein Arzt bei spezifischen Bedürfnissen schon mal an seine Grenzen stoßen. Das ist nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen. Ein guter Arzt weiß, wann seine eigene Kompetenz seinem Patienten nicht mehr weiterbringt und kann Sie bei Bedarf an einen Fachkollegen weiterverweisen. ■