Wie kriegen wir endlich Ordnung in unseren Haushalt? Das fragen sich viele verzweifelt. Auch wenn wir gerne in einer einem Wohnmagazin würdigen Wohnung leben würden, ist Unordnung häufig Teil unseres Lebens. Ab und zu gibt es aber einen Trend, der verspricht, diesmal wirklich für Ordnung zu sorgen. Nach Marie Kondo kommt der neue Aufräum-Trend aus Schweden und nennt sich „Death Cleaning“ (Deutsch: „Tod-Aufräumen“). Klingt ganz schön makaber, ist aber sehr lebensbejahend.
Aufräumen für den Tod: Das schwedische „Death Cleaning“
Noch vor ein paar Jahren waren alle verrückt nach Marie Kondo, die mit ihrem Buch „Magic Cleaning“ und der darauf basierenden Netflix-Serie der ganzen Welt beim Aufräumen geholfen hat. Wer mit der Konmari-Methode nicht ganz warm geworden ist, für den gibt es jetzt einen neuen Trend: „Death Cleaning“, „döstädning“ auf Schwedisch, setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern „dö“ (Tod) und „städning“ (aufräumen).
Der Tod steckt nicht nur im Namen. Im Skandinavischen beschreibt der Begriff nämlich den Prozess, wenn man vor seinem Tod seine Habseligkeiten aussortiert und sein Zuhause ordnet. Durch dieses Aufräumen erleichtert man den Angehörigen die schmerzhafte und umständliche Arbeit der Haushaltsauflösung.
Die inzwischen 90-jährige Schwedin Margareta Magnusson, die selbst schon 17-mal umgezogen ist und darum wohl einige Erfahrung im Ausmisten hat, fand, dass das Konzept eigentlich jedem Menschen beim Aufräumen helfen kann – und dass das gar nicht so makaber sein muss, wie es jetzt klingt. In ihrem Bestseller „Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen“ schrieb sie 2018: Es geht nicht darum, sich von den Dingen zu trennen, die unser Leben erleichtern; „aber wenn man den Überblick über die Sachen verliert, die man besitzt, weiß man, dass man zu viel hat“.
„Death Cleaning“ ist Aufräumtechnik und Lebensphilosophie
Der Ansatz von „Death Cleaning“ ist ganzheitlich: Es geht nicht nur darum, zu entrümpeln, sondern man setzt sich bewusst mit jedem Gegenstand, seiner Geschichte und seinem Nutzen auseinander. Dafür kann man sich auch gerne Zeit nehmen. Während bei Marie Kondo alles nach Gefühl geht, hat man beim „Death Cleaning“ mehr Zeit zum Nachdenken. Was braucht man wirklich zum Leben? Ist diese Sache nur Müll, den ich meinen Nachkommen hinterlasse?
Das sind sehr philosophische Fragen, die einen dazu zwingen, sich mit sich selbst und seinem eigenen Leben auseinanderzusetzen. „Es hat nichts mit Staubwischen oder Putzen zu tun“, erklärt Magnusson. Am Ende hat man nicht nur eine aufgeräumte Wohnung, sondern hat auch etwas über sich selbst gelernt. Und das Aufräumen betrifft natürlich nicht nur die Wohnung und den eigenen Besitz, sondern auch Versicherungen, Finanzen und Ähnliches.
Mit der Frage, was man hinterlassen will, sollten sich nicht nur ältere Semester beschäftigen – das ist die Einstellung von Leuten, die „Death Cleaning“ betreiben. Wichtig ist, das zu behalten, was man liebt und was einen glücklich macht, aber schonungslos ehrlich zu sein darüber, was man wirklich braucht.

So können auch Sie mit dem „Death Cleaning“ anfangen
Das Tolle am „Death Cleaning“ ist auch: Es gibt keine klaren Regeln! Magnusson empfiehlt, mit dem Keller, dem Dachboden oder den Schränken zu beginnen, denn hier landen meistens Dinge, die nicht gebraucht werden. Aber auch Kleidung oder Möbel können ein guter Einstieg sein. Bei Kleidung sind wir es ohnehin eher gewöhnt, sie auszusortieren. Fängt man mit Möbeln oder anderen sperrigen Gegenständen an, verhilft das häufig schon am Anfang zu sichtbaren Erfolgen, und das wiederum motiviert, weiterzumachen.
Wer schon die Marie-Kondo-Aufräumtour durchlaufen hat, erinnert sich vielleicht an einen Tipp, den Magnusson ebenfalls gibt: Beginnen Sie niemals mit Briefen, Fotos oder anderen persönlichen Erinnerungsstücken. Das bringt die Gefahr mit sich, dass man sich zu sehr in Erinnerungen vertieft und dann die Motivation verliert. Bewahren Sie sich die also besser bis zum Schluss auf oder bis zu einem Moment, wenn Sie sich bereit fühlen. Fangen Sie stattdessen mit etwas an, das für Sie weniger emotional ist.
Aufräumen mit dem Tod – manchen kann das zu viel werden
„Death Cleaning“ ist eigentlich mehr eine Lebenseinstellung als ein einmaliger Aufräum-Trick. Schließlich kommen immer neue Sachen dazu, aber der Zustand soll ja idealerweise beibehalten werden. Vor jeder neuen Anschaffung sollte man sich also die Frage stellen: Brauche ich das wirklich? Macht mich das glücklich? Das sind Fragen, meint Magnusson, die viel zu wichtig sind, als dass man sie sich erst kurz vor dem Tod stellt.
Doch Vorsicht ist geboten. Gegenüber der Huffington Post gibt die professionelle Aufräumhelferin Dina Smith zu bedenken, dass das schwedische „Death Cleaning“ psychologisch sehr anstrengend sein kann. „Der offensichtlichste Nachteil ist die emotionale Belastung, die damit einhergeht, wenn man seine Besitztümer im Rahmen der eigenen Sterblichkeit betrachtet“, sagt Smith. „Es kann auch schwer werden, einer ‚Alles oder nichts‘-Attitüde zu widerstehen und dann zu viel wegzuschmeißen.“
Weltweiter Trend „Death Cleaning“
Nichtsdestotrotz hat die „Death Cleaning“-Methode großen Anklang gefunden. Margareta Magnusson hat ihr Buch 2018 geschrieben und damit voll den Nerv der Zeit getroffen. Denn von Schweden aus breitete sich der Trend in der ganzen Welt aus. 2023 erschien sogar eine Serie („The Gentle Art of Swedish Death Cleaning“), in der eine Schwedin Amerikanern „Death Cleaning“ beibrachte. ■