Er stand beim BFC Dynamo als erster Abgang zum Saisonende fest, nun geht er als Pokalsieger. Nach knapp drei Jahren endet die zweite Amtszeit von Angelo Vier (53) als Sportlicher Leiter des Regionalligisten. Der Ex-Torjäger ist mit sich im Reinen, sagt: „Es waren schöne Jahre.“
Die trotzdem Spuren hinterließen. Vier: „Ich hatte zwei Jahre keinen richtigen Urlaub und die Doppelbelastung mit Fußball und einem Job in Selbstständigkeit, das geht irgendwann an die Substanz.“ Quasi nebenbei schob er im Spätherbst des Vorjahres auch noch eine Hüft-OP mit rein.
Als die Entscheidung für einen Abschied vom BFC „aus beruflichen Gründen“, wie es im Januar hieß, gereift war, spielte Vier von Anfang an mit offenen Karten: „Anders geht das ja gar nicht. Ich kann mich doch nicht mit einem Spieler zu Vertragsverhandlungen an einen Tisch setzen, was ausmachen und wenn es dann um die Umsetzung geht, bin ich nicht mehr da.“
Vier als BFC-Trainer - mehr geht nicht
Dynamo reagierte prompt, schaffte eine neue Planstelle und installierte Enis Alushi (39) als Geschäftsführer Sport. Vier rückte in eine Art Beraterrolle, stand bereit, wenn seine Meinung gefragt war. Oder sprang als Inhaber einer Uefa-A-Lizenz am vorletzten Spieltag sogar auf der Bank ein, als Cheftrainer Dennis Kutrieb (45) eine Gelb-Sperre abbrummte. Mit dem 2:1 bei Hertha BSC II setzte er Maßstäbe. Vier schmunzelt: „Ein Spiel, drei Punkte, 100 Prozent Sieg-Quote - mehr geht nicht.“

Klar doch, aber war das in den knapp drei Jahren tatsächlich auch der schönste Moment? Gibt es den überhaupt? Vier überlegt kurz und sagt dann: „Nein, das muss man eher in seiner Gesamtheit sehen.“ Dann legt er los: „Als ich Mitte September 2022 zurückkam, war nach dem verpassten Aufstieg mit Heiner Backhaus ein neuer Trainer da, aber keine funktionierende Mannschaft. Die konnte ich dann erst nach und nach aufbauen. In der Vorsaison haben wir dann fast bis zum Schluss mit Cottbus um den Aufstieg gespielt, jetzt den Pokal geholt. Das ist alles nicht selbstverständlich bei unseren Möglichkeiten und unserer Struktur. Andere sind uns da weit voraus.“
„Fakt ist: Der BFC macht Spaß“
Vier erklärt, wie er das meint: „Unser Etat war immer ausgereizt. Wenn es nur ums Geld gegangen wäre, hätten wir viele Spieler nicht bekommen. Man muss sie begeistern, eine Geschichte erzählen und Ziele kreieren können. Denn Fakt ist: Der BFC macht Spaß.“
Ansonsten sind die Argumente eher knapp: „Nehmen wir Cottbus im letzten Jahr und jetzt Halle, Jena, Lok Leipzig, Chemnitz, Babelsberg, Zwickau oder auch Erfurt. Die haben alle auch Tradition, aber dazu tolle zum Teil neue Stadien, gewachsene Infrastrukturen im und um den Verein rum, eine Stadt hinter sich. Und was haben wir?“
Vier: „Das verstehe ich bis heute nicht“
Was möglich wäre, zeigte gerade erst das Pokalfinale. Vier: „Da waren über 6000 Fans von uns da, da hat man gesehen, welche Wucht dahintersteckt. Aber die bräuchte man nicht nur zu solchen Highlights, sondern in jedem Spiel. Die Regionalliga Nordost wird immer stärker. Also noch mal: Was wir zuletzt mit dem Verein erreicht haben, darauf können wir stolz sein.“

So komplex das mit dem schönsten Erlebnis auch ist, so klar ist das mit dem schlechtesten. Das hat Vier wie aus der Pistole geschossen parat: „Das Pokalhalbfinale bei Sparta Lichtenberg im April 2023. Okay, wir hatten einige Verletzte, enger Kunstrasenplatz. Trotzdem: Wir führen bei einem Berlin-Ligisten nach der Pause 1:0 und kriegen dann noch fünf Dinger. Das verstehe ich bis heute nicht.“
„BFC wird immer in meinem Herzen sein“
Und wie geht es jetzt weiter, kann Angelo Vier überhaupt ohne Fußball? „So ist jedenfalls der Plan. Ich mache erst mal Urlaub, werde mich wieder intensiver um meinen Job kümmern. Dann guck ich mal.“ Im Stadion im Sportforum wird man ihn aber auch künftig sehen. „Natürlich, der BFC wird immer in meinem Herzen sein. Er ist mein Heimatverein. Hier hat für mich alles angefangen, hier habe ich bis 16, 17 alle Nachwuchsklassen durchlaufen. Meine Onkel haben hier gespielt. Die Ullrichs, Artur wurde achtmal Meister, Albert einmal.“

Bei so viel weinrotem Blut in den Adern ist Vier nun ganz besonders gespannt, wie es ohne ihn bei Dynamo weitergeht. Bei den Planungen für die neue Saison, dem großen Umbruch im Spieler- und Trainerkader war er ohnehin schon nur noch interessierter Beobachter. „Ich hätte sicher versucht, mit dem einen oder anderen, die gehen, den Vertrag zu verlängern. Aber jetzt sind andere Leute dran, die haben andere Ideen. Das ist nun mal im Fußball so und völlig legitim. Ich wünsche mir jedenfalls, dass wir irgendwann mal in der 3. Liga ankommen.“