Es knistert in Hohenschönhausen. Mit jeder Stunde mehr. Beim BFC Dynamo haben alle gerade nur noch ein Ziel: Freitag, 19 Uhr, Sportforum, Regionalliga-Gipfeltreffen gegen Greifswald. Wer gewinnt, ist zwar noch lange nicht Meister, er macht aber vielleicht schon den am Ende entscheidenden Schritt Richtung Aufstieg in die 3. Liga. Das wird der Hammer!
Einer würde so gern dabei sein und Dynamo zu drei Punkten schießen, aber es geht nicht. Tugay Uzan plagt sich mit schlimmen Schmerzen rum, an Fußball ist gerade nicht zu denken. Mehr noch: Der Stürmer, der am 15. Dezember beim 1:0 in Zwickau noch mitmischte und am 27. Februar 30 Jahre alt wird, bangt sogar um seine Karriere. Doch sein Schicksal zeigt auch wieder mal, dass dieser Jahrgang des BFC Dynamo ein ganz besonderer ist.
Ganz große Aktion der BFC-Dynamo-Spieler
Es war die Szene beim 3:2-Sieg in Jena. Rufat Dadashov hat einen Handelfer zum 1:0 (4.) verwandelt, stürmt Richtung Dynamo-Bank, alle anderen hinterher. Zeugwart Stefan Malchow (42) hat schon parat, was Dadashov will: das Trikot mit der Nummer 7 und dem Namen Uzan. Der Torjäger hält es hoch, die Kollegen tanzen und jubeln mit dem Leibchen. Es ist der Gruß an einen der ihren: Du gehörst dazu, wir halten zu dir.

So was macht man nicht, wenn ein Mitspieler mit einem Muskelfaserriss ausfällt. Das macht man, wenn etwas Ernstes passiert ist. Tugay Uzan kann das Spiel nur daheim per Livestream verfolgen, ist von der Aktion „total geflasht“ und öffnet sein Herz: „Damit hatte ich nicht gerechnet. Als Dada und die Jungs zur Bank rennen, Malle mit dem Trikot kommt – da hatte ich Gänsehaut und gebe auch gern zu, dass meine Augen ganz feucht waren. Ich bin wirklich froh, solche Mannschaftskollegen, nein, das sind Freunde, zu haben.“
Zu Weihnachten bahnte sich das Drama an
Sie hatte Tugay in den sozialen Medien in einem längeren Post darüber informiert, wie es gerade um ihn steht. Dass er „auf unbestimmte Zeit“ fehlen wird. Im KURIER-Gespräch macht er sein Leiden öffentlich: „Bei mir wurde eine Spinalkanalstenose, das ist eine Verengung des Wirbelkanals, durch den die Nerven laufen, diagnostiziert. Dazu kommt noch ein schwerer Bandscheibenvorfall.“
Der Angreifer kam im Sommer aus Altglienicke zum BFC, hatte für den Liga-Konkurrenten in 140 Pflichtspielen 60 Tore erzielt, weitere 22 vorbereitet und sollte bei Dynamo ein ganz wichtiges Puzzleteil der Mannschaft sein, mit der die Weinrot-Weißen den Aufstieg in die 3. Liga angehen wollten. In dieser Saison stehen für ihn 17 Einsätze (13-mal um Punkte, viermal im Pokal) zu Buche.
Aber so richtig rund wollte es nicht laufen. Wohl auch, weil sich da schon anbahnte, was ihm jetzt zu schaffen macht. Uzan: „Ich hatte immer mal wieder leichte Rückenschmerzen, wie man die halt so manchmal hat. Aber am 26. Dezember tat es plötzlich weh. Ich habe gedacht, vielleicht habe ich falsch gelegen, bin falsch aufgestanden oder so was. Außerdem war Winterpause.“
Tabletten sind Tugay Uzans letzte Hoffnung
Zum Trainingsstart am 3. Januar stand Uzan auf dem Platz: „Eine Woche habe ich mitgemacht, aber die Schmerzen wurden immer schlimmer.“ Was er dann erlebt auch. Der ehemalige U19-Nationalspieler (zwei Einsätze für die Türkei): „Es wurde ein MRT gemacht. Ich bin zu mehreren Ärzten. Einer sagte, das ist es nicht. Ein anderer sagte, nee, das ist es nicht. Am Ende sind es jetzt beide Sachen.“
Auch nachdem die Diagnose feststand, wurde es nicht besser. „Vor zweieinhalb Wochen war ich im Krankenhaus, habe eine PRT-Spritze (lokale Injektion von entzündungshemmenden Medikamenten/d. Red.) bekommen, die helfen sollte. Das tat sie auch – aber nur zwei Tage. Jetzt nehme ich als letzte Hoffnung Tabletten, habe Bettruhe. Wenn es nicht besser wird, droht mir eine OP.“
Keine schönen Aussichten, aber Uzan lässt sich nicht unterkriegen: „Ich sage mir immer: ‚Tugi, du musst dich da rauskämpfen‘ und sage meinem Körper, dass er kämpfen soll.“ Damit Tugay irgendwann auf den Platz zurückkehren kann. Auch wenn er inzwischen weiß, dass Fußball nicht alles ist. Uzan: „Die Gesundheit steht immer im Vordergrund.“
BFC-Trainer Dirk Kunert drückt die Daumen
Das sieht Trainer Dirk Kunert (56) natürlich auch so, trotzdem hätte er Tugay gern zurück im Kader: „Er ist ein guter Junge, immer für ein Tor gut und auch wichtig für die Kabine. Ich drücke die Daumen, dass er schnell gesund wird.“
Drei Punkte am Freitag gegen Greifswald werden die Schmerzen von Tugay Uzan wohl leider nicht verjagen, aber sie würden auf jeden Fall helfen, sie ein wenig leichter zu ertragen.
PS: Der Vorverkauf für den Regionalliga-Tophit gegen Greifswald läuft auf vollen Touren. Tickets gibt es noch bis Donnerstag von 8 bis 14 Uhr auf der Dynamo-Geschäftsstelle und von 14 bis 19 Uhr im Vereinsheim (beide Sportforum). ■