Viele Weihnachtstraditionen in der DDR haben sich über die Jahre und Jahrzehnte erhalten, spielen noch heute in vielen Familien eine wichtige Rolle. Doch es gibt auch Dinge, die spurlos verschwunden scheinen – und erst, wenn man plötzlich ein Bild davon sieht, fällt einem auf, dass man sie schon lange nicht mehr gesehen hat. Ein verschwundenes Relikt aus der DDR haben wir heute für Sie: Erinnern Sie sich noch an Lauschaer Fadenkugeln? Der Name des besonderen Christbaumschmucks wird Ihnen wahrscheinlich nichts sagen – doch Sie werden ihn erkennen, versprochen!
Baumschmuck der DDR: Kennen Sie Fadenkugeln aus Lauscha?
Die Stadt Lauscha in Thüringen ist seit jeher bekannt für ihre besondere Glaskunst – Christbaumschmuck aus den Glasbläsereien schmückte unzählige Weihnachtsbäume in der DDR, wird noch heute verkauft und zum Dekorieren genutzt. Zu DDR-Zeiten war der Glasschmuck vor allem bei der Regierung beliebt – denn der Verkauf der Produkte aus dem VEB Glasschmuck brachte dem Staat Devisen. Man entwickelte sogar eine Anlage, mit der Glaskugeln ohne Naht hergestellt werden konnten – verziert und verpackt wurden die Produkte aber weiter per Hand.
Allerdings kommt aus Lauscha auch ein Weihnachtsschmuck, der so gar nichts mit den eigentlichen Schmuck-Kugeln aus Glas zu tun haben will: Lauschaer Fadenkugeln. Die Christbaumkugeln sehen besonders pfiffig aus, bestehen aber nicht aus Glas – sondern aus Folien-Fäden, die zwischen einem Ober- und einem Unterteil eine markante, bauchige Form bilden. Meist enthielt ein Set mehrere der Fadenkugeln in verschiedenen Farben – so strahlte der Weihnachtsbaum in allen Farben des Regenbogens.

Ein Glasstäbchen hielt die Kugeln in Form. Verpackt waren sie in hübsch dekorierten Schachteln, dabei lag ein Zettel, der den „Baumschmuck aus Plast“ beschrieb. „Ansprechende Form und vornehmer Effekt zeichnen ihn aus. Transportschäden sind so gut wie ausgeschlossen.“ Die DDR-Erfindung sah also nicht nur hübsch aus, sondern hatte auch praktische Vorteile. „Jedes einzelne Stück ist in den Bodeneinsatz des Kartons leicht eingeklemmt.“ Es empfehle sich, den Schmuck nach dem Gebrauch wieder in den Bodeneinsatz des Kartons zu stecken.
Fadenkugeln verschwunden: Was wurde aus der DDR-Deko?
Nur: Wohin sind die Kugeln verschwunden? KURIER suchte danach, konnte sie aber in keinem Shop der Lauschaer Glasbläser entdecken. Ein Weihnachts-Relikt aus der DDR, das es heute nicht mehr gibt? Tatsächlich. Selbst im Glasmuseum Lauscha, das sich mit der Geschichte der Tradition beschäftigt, tappt man im Dunkeln. „Wir kennen diese Kugeln, haben aber dazu leider keine schriftlichen Unterlagen im Archiv“, teilt Anja Fölsche vom Kulturbetrieb Stadt Lauscha mit.

Fadenkugeln aus der DDR: Sie wurden aus Plastefolie hergestellt
Bekannt ist aber: Die Kugeln wurden aus Plastefolie hergestellt, die mit Aluminium bedampft wurde – das gab der Folie den metallischen Glanz. Das Stanzen passierte maschinell. Erhältlich waren die Lauschaer Fadenkugeln demnach auch unter der Bezeichnung „Körbchen 10/1“. Nur: Warum gab es in der Glasbläserstadt überhaupt Christbaumschmuck aus Plaste? Die Erklärung liegt – wie so oft in der DDR-Geschichte – in der Mangelwirtschaft.

„Wir gehen davon aus, dass diese als eine Alternative zum Baumschmuck aus Glas entstanden sind, da die Nachfrage nach Glasschmuck groß und dieser Mangelware war“, sagt Fölsche. Als die DDR endete und die Wende kam, seien dann auch die volkseigenen Betriebe aufgelöst worden – und es bestand kein Bedarf mehr an den Folienkugeln. Die Produktion wurde eingestellt. „Unter dem Aspekt des Umweltschutzes kann ich mir vorstellen, dass die Fadenkugeln aus Plastefolie heutzutage als Christbaumschmuck auch nicht mehr gefragt wären“, sagt Fölsche.

Lauschaer Fadenkugeln aus der DDR gibt es heute auf Ebay
Das ist richtig – gehandelt wird mit den Dekokugeln aber noch immer. Man findet sie bei Verkaufsplattformen wie Ebay im Netz. Hier werden teilweise astronomische Summen aufgerufen. Sechs Fadenkugeln gehen gern für 50 Euro über den Ladentisch, teilweise liegt der Preis sogar noch höher. Verkauft werden müssen die Lauschaer Fadenkugeln aber natürlich nicht. Denn wer sie in seinem Tannenbaum hat, der kann sich sicher sein: In der Tanne glitzert ein Stück DDR-Geschichte, das es heute nicht mehr gibt.
