Erinnern Sie sich noch an die großen Showmaster von ARD und ZDF in den 80ern? Thomas Gottschalk, Frank Elstner, Michael Schanze, Joachim Fuchsberger, Jürgen von der Lippe, Alfred Biolek, Dieter-Thomas Heck, Hans Rosenthal, Hans-Joachim Kulenkampff, Harald Juhnke ... Fällt Ihnen etwas bei dieser Aufzählung auf? Das Nichtvorhandensein von Frauen! Erst nach der Wende kam Bewegung in die fest zementierte, männerdominierte Fernsehszene des Westens. Mit Frauen aus dem Osten. Mit Petra Kusch-Lück, Carmen Nebel oder Dagmar Frederic, die am kommenden Dienstag 80 Jahre alt wird.
Abgesehen von der Operettensängerin Anneliese Rothenberger, die im ZDF diverse Musiksendungen moderierte, war das TV-Abendprogramm des Westens, und vor allem aber die große Samstagabend-Show, in den 80ern Show-Dinos wie Hans-Joachim Kulenkampff vorbehalten, der damals sagen durfte: „Diskussionen über Emanzipation halte ich für komplett unsinnig.“ Und schaffte es mal eine jüngere Moderatorin nach oben, bekam sie kaum eine Chance. Wie etwa Margarethe Schreinemakers, deren Shows („Wortschätzchen“, „Chicita“) nach nur wenigen Sendungen schnell wieder abgesetzt wurden.
Carmen Nebel & Co.: Allesamt talentiert, gut ausgebildet
Ganz anders sah es im Osten aus: Dagmar Frederic (damals 46) moderierte 1979 erstmals und als erste Frau den „Kessel Buntes“ im DDR-Fernsehen. Später folgten ihr Helga Piur, Helga Hahnemann, Renate Blume, Petra Kusch-Lück, Dorit Gäbler, Uta Schorn, Angelika Unterlauf oder Helena Vondrackova. Man sprach zwar nicht von Gleichberechtigung, aber jeder zweite, dritte „Kessel“ wurde von einer Frau moderiert.
Carmen Nebel erhielt 1989 im DDR-Fernsehen mit „Sprungbrett“ ihre erste eigene Abendshow, Gisela May moderierte „Die Pfundgrube“, Uta Schorn und Heidi Weigelt gehörten zu den Moderatorenteams des „Wunschbriefkastens“.
Allesamt talentiert, gut ausgebildet. Und das war nach der Wende die große Chance für einige Moderatorinnen aus dem Osten. Während die Herren an den Alpha-Männchen aus dem Westen (Ausnahmen: Gunther Emmerlich und für einen kurzen Moment Wolfgang Lippert als Kurzzeit-„Wetten, dass ...“- Moderator) nicht vorbeikamen, nutzten einige Frauen aus dem Osten das Momentum. Plötzlich gab es bühnenerfahrene Moderatorinnen, auf die ARD und ZDF zurückgreifen konnten, um das Programm frischer, weiblicher zu machen – weil diese Frauen in der DDR, anders im Westen, schon jung ihre Chancen bekommen hatten.
Carmen Nebel (68) war die Erste mit einer großen Abendshow: 1992 moderierte sie den deutschen Vorentscheid zum Eurovision Singcontest („Ein Lied für Malmö“, Sieger: Wind mit „Träume sind für alle da“), von 1994 bis Dezember 2003 präsentierte sie 46 Sendungen der ARD-Samstagabendshow „Die Feste der Volksmusik“, außerdem die Sendung „Krone der Volksmusik“ (1998 bis 2003).
Das Jahrzehnt der „Kessel Buntes“-Frauen
Sie war so erfolgreich, um anschließend eine Show mit dem eigenen Namen im Titel zu bekommen: Nach ihrem Wechsel zum ZDF moderierte sie bis 2021 insgesamt 83 Folgen von „Willkommen bei Carmen Nebel“, die sie mit eigener Firma auch selbst produzierte.
Inka Bause (56) war ebenfalls schon in der DDR durchgestartet. Als ganz junge Popsängerin („Spielverderber“), aber ab 1988 auch als TV-Moderatorin: Gemeinsam mit ihrem späteren Mann Hendrik Bruch führte sie durch die Kindersendung „Talentebude“. Mit Sendungen wie „Weihnachten bei uns“ sowie einer Radiosendung bei Spreeradio in Berlin setzte Bause in den 90ern ihre Karriere als Moderatorin fort.

Anfang der 2000er kamen dann die großen Shows. Zusammen mit Thomas Ohrner moderierte sie „Hüttenzauber“ im ZDF und das ZDF-Samstagskonzert, ehe RTL anklopfte. Seit 2005 hilft sie bei „Bauer sucht Frau“, das Landvolk zu verkuppeln, gehörte später zur Jury der RTL-Castingshow „Das Supertalent“, präsentierte „Die 100.000 Mark Show“.
Aber die 90er waren natürlich erstmal das Jahrzehnt der „Kessel Buntes“-Frauen. Petra Kusch-Lück (77) moderierte von 1995 bis 2003 die Volksmusik-Sendung „Musikantenscheune“ aus dem Schloss Diedersdorf in der ARD, von 1997 bis 2011 kamen mehr als 700 Ausgaben der Geburtstagsshow „Alles Gute“ (MDR) dazu.
Und auch Dagmar Frederic kam mit Musikshows in der ARD groß raus. „Meine Show“ lief 1993/94, vier Samstagabende die ARD-„Sommermelodie“. Und elf Jahre moderierte sie zusammen mit Denes Törcz die Sendung „Wünsch Dir was“.
Dagmar Frederic: „Bevor ich einen Schönheitschirurgen bezahle, versaufe ich das Geld lieber“
Die Fernsehzeiten liegen schon etwas zurück, aber auch mit Fast-80 (Geburtstag: 15. April) will Dagmar Frederic nicht von der Bühne lassen. „Das Wort Stress gibt es für mich nicht und freie Tage – drei, vier hintereinander – gefallen uns nicht“, sagt sie kurz vor ihrem Geburtstag. Bühnenauftritte etwa in Dresden, Erfurt und an der Ostsee stehen bevor. „Uns“ - damit meint die Frederic ihren fünften Ehemann Klaus Lenk, mit dem sie in Berlin-Köpenick lebt.

Zum 80. Geburtstag, den sie jetzt mit vielen Gästen aus Politik und Showbusiness feiern will, würdigt auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke ihre Karriere. „Bei Ihren Auftritten versammelten sich ganze Familien vor den Fernsehgeräten. Denn eins war klar: Dagmar Frederic tut gut“, hebt der SPD-Regierungschef hervor. „Das Scheinwerferlicht, die Showtreppe, die Bühne, das war und das ist noch immer Ihre Welt.“
Den nahenden runden Geburtstag nimmt die Frederic mit einem Humor: „An mir ist noch alles echt“, sagt sie lachend kurz vor ihrem Geburtstag. Sie greift sich an die grauen Haarspitzen und die Wangen, meint dann ungeniert: „Bevor ich einen Schönheitschirurgen bezahle, versaufe ich das Geld lieber.“ ■