Raus aus der Dose und herzhaft hineinbeißen: Wer erinnert sich nicht an die knackigen Halberstädter Würstchen. Die Konserven und Gläser, in denen sie lagen, gehörten sogar zur berühmten Bückware in der DDR. In der letzten Zeit sah es allerdings für die Traditionsfirma aus Halberstadt (Sachsen-Anhalt) nicht so rosig aus. Es ging für das Unternehmen im wahrsten Wortsinn um die Wurst. Doch damit ist nun Schluss.
Es soll bei Halberstädter wieder aufwärts gehen. Gestiegene Energie-, Fleisch- und Personalkosten hatten das Unternehmen in der Vergangenheit hart getroffen. Die Produktionsgesellschaft bei Halberstädter war in einem umkämpften und auch rückläufigen Markt in Schieflage geraten. Die Insolvenz drohte.
Nun ist ein gewaltiger Lichtblick am Horizont sichtbar. Der Sanierungsexperte Nico Kämpfert, der das Unternehmen über ein Jahr begleitet hat, erklärt jetzt: Das wegen drohender Zahlungsunfähigkeit begonnene Schutzschirmverfahren soll in vier bis sechs Wochen beendet sein.

Unvorstellbar, dass bei der Kultfirma aus Halberstadt beinah alle Lichter ausgegangen wären. 1883 wurde der Familienbetrieb von Friedrich Heine unter dem Namen Heine & Co. gegründet. Die Firma war die weltweit erste, die Brühwürste in Konservendosen anbot. Zu DDR-Zeiten befand sich das Unternehmen in Volkseigentum, 1992 wurde es von der Unternehmerfamilie Nitsch übernommen.
Es besteht aus einer Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – etwa für Produktion und Vertrieb. Während der Krise habe sich das Unternehmen nicht von Mitarbeitern getrennt, sagte Halberstädter-Geschäftsführerin Silke Erdmann-Nitsch. Die Unternehmensgruppe hat etwa 150 Mitarbeiter.
Die Kultwürstchen aus der DDR: Jetzt sollen sie verstärkt den Westen erobern
Die Produktpalette reicht von Fleisch- und Wurstkonserven über frische Produkte bis zu Suppen und Fertiggerichten. Doch nun will man einen neuen Aufschwung Ost wagen und die Produktpalette um die DDR-Kultwürstchen erweitern.
Geplant ist, Suppen für eine Eigenmarke zu produzieren. Dazu will das Unternehmen sn stärker auf Geflügelwürstchen sowie auf Brat- und Grillbratwürste setzen. Und damit möchte man auch im Ausland punkten.

Bei Halberstädter sehe man da Marktchancen im sogenannten Halal-Sektor. „Halal“ ist ein arabisches Wort, bedeutet übersetzt „erlaubt“ oder und „zulässig“. Damit werden auch Lebensmittel bezeichnet, die nach islamischem Recht zulässig sind.
Nicht nur das Ausland soll auf die Firma mit den DDR-Kultwürstchen aufmerksam werden. Auch im eigenen Land will das Unternehmen jetzt vermehrt seine schmackhaften Produkte anbieten – in Süd- und Norddeutschland.
In den neuen Bundesländern haben die Halberstädter ihre Stammkunden. Und die wissen, was sie an den Wienern und Bockwürsten aus Halberstadt haben. Deren Genuss ist einmalig.
Woran das liegt? Die traditionellen Halberstädter Würstchen sind kamingeräuchert und werden in einem speziellen Verfahren gereift, verrät Chefin Erdmann-Nitsch. ■