Er war ein Jugendstar der DDR, flackerte völlig nackt über die Kino-Leinwände des Ostens – und verschwand danach zumindest für die Filmwelt von der Bildfläche: Harald Rathmann. Kaum einer würde den heute 64-Jährigen auf der Straße erkennen. Zu DDR-Zeiten war es anders: Er spielte den jungen Robert im Kult-Film „Sieben Sommersprossen“ der DEFA, der 1978 ins Kino kam, sich zu einem riesigen Hit entwickelte. Zur Langen Nacht der Museen am Samstag wird der Streifen im DDR Museum Berlin gezeigt. Aber: Was wurde aus Rathmann? Wir verraten, was der ehemalige DDR-Jugendstar heute macht – und warum er nicht Schauspieler blieb.
Harald Rathmann wurde im Jahr 1977 direkt von der Oberschule geholt, als Regisseur Herrmann Zschoche junge Darsteller für seinen neuen Film „Sieben Sommersprossen“ suchte – Kareen Schröter bekam die Rolle der jungen Karoline, Rathmann sollte Robert spielen. Die beiden treffen sich im Ferienlager, verlieben sich, müssen sich aber unter anderem gegen die strenge Lagerleiterin durchsetzen. Der Film machte den damals 16 Jahre alten Rathmann über Nacht zum Jugendstar.
DDR-Legende „Sieben Sommersprossen“: Was wurde aus den Stars des Films?
Ein steiler Start für ein langes Schauspieler-Leben? Leider nicht: Schon kurz nach den Dreharbeiten entschied sich der damals 16-Jährige für eine Lehre als Bootsbauer. „Mein damaliger Betriebsleiter war neidisch – ich durfte nicht mal mit zur Premierentour durch die DDR“, sagt Rathmann heute. Doch nicht nur der strenge Lehrmeister stand der Karriere vor der Kamera im Weg – auch das Feedback von Regisseur Zschoche. „Er hat immer zu mir gesagt: Junge, du bist ein feiner Kerl, aber kein Schauspieler.“
Rathmann habe sich in dem DEFA-Streifen selber gespielt – aber ihm fehle der Ehrgeiz. „Du willst nicht dieser Schauspieler sein, du willst das nicht.“ Seinen gelernten Beruf als Bootsbauer habe er aber zum Glück sowieso nicht aufgeben wollen, zu sehr hing er an dem Handwerk. „Zschoche hat gesagt: Guck‘ dich mal um in der DDR, wie viele arme Schauspieler wir haben. Du hast einen tollen Job, mach‘ den weiter“, sagt Rathmann. Nachgedacht habe er über das Rampenlicht aber natürlich trotzdem. „Ich hätte liebend gern einen Abenteuerfilm gemacht. Was ich viel lieber gemacht hätte: Moderator. Sowas wie Thomas Gottschalk“, sagt er und lacht. Doch daraus wurde nichts.

Wie ging es stattdessen weiter, das Leben des DDR-Stars? Rathmann verdiente bis zur Wende Geld als Bootsbauer. „Den Mauerfall habe ich verpennt, weil ich von früh bis spät gearbeitet habe“, sagt er. Als Kind war er auf einer Sportschule gewesen – die Zeit hatte Spuren hinterlassen und sorgte dafür, dass er sich nach der Grenzöffnung zuerst nicht in den Westen traute. Erst eine Woche nach dem Fall der Mauer sei er mit seiner Mutter zum ersten Mal rübergemacht. „Einen Monat später habe ich im Westen gearbeitet.“
Im Großmarkt packte er als „geringfügig Beschäftigter“ Bananen aus. Am Tag war er in der Bootswerkstatt, in der Nacht auf dem Großmarkt. Das Westgeld, das er verdiente, tauschte er im Osten wiederum zu guten Kursen in Ostgeld um. Das Ziel: Rathmann wollte unbedingt ein Auto. „Das war ja damals alles etwas anders“, sagt er. Am Tag der Währungsunion wurde er dann Schichtleiter auf dem Großmarkt.
Star aus „Sieben Sommersprossen“: Das macht Hauptdarsteller Harald Rathmann heute
1991 führte ihn sein Weg zu einem Hersteller für Werkzeuge und Maschinen, später zu einem Unternehmen für Fenster, Türen und Fassadenbau. „Dort habe ich meinen Marketingkaufmann gemacht“, sagt Rathmann. Er wurde Niederlassungsleiter bei einem Gerüsthersteller, trug in Berlin unter anderem zum Bau etlicher Wartehäuschen der BVG bei. Es folgten Stationen bei einem Unternehmen für Stadtmöbel und bei einer Firma für Werbeprospekte. Und heute? Arbeitet Rathmann bei einem großen Automobilhersteller – inzwischen steht der Ruhestand kurz bevor.

Vom Filmgeschäft hat er sich also weit entfernt – an „Sieben Sommersprossen“ denkt er trotzdem gern zurück. Und hat auch heute noch immer die eine oder andere Erinnerung im Gepäck, die Fans des DEFA-Klassikers überraschen dürfte. Hätten Sie etwa gedacht, dass seine Figur Robert auf der Leinwand zwar verliebt in Karoline ist – dass seine Freundin im echten Leben aber ausgerechnet Janine Beilfuß war? Im Film spielte sie Marlene, eine junge Frau, die die beiden auseinanderbringen will.
Eifersucht am Set gab es aber nicht. „Das war Film. Film ist in dem Augenblick genehmigtes Fremdgehen“, sagt Harald Rathmann. „Film ist eine andere Welt. Alles, was da passiert, ist nicht real. Es ist nicht die Welt, in der du lebst.“ Und die Beziehung sei auch nicht ernsthaft gewesen, sei schon einige Zeit später zerbrochen. „Es war ein bisschen Knutschen und Fummeln in den Ferien, mehr nicht.“
