Großes Jubiläum

„Das kalte Herz“ wird 75: Märchen aus der DDR setzt bis heute Maßstäbe

Der erste Farbfilm der DEFA markierte einen neuen Meilenstein in der Filmgeschichte der DDR!

Author - Stefan Doerr
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Die Schauspieler Lutz Moik (l.) als Köhler Peter Munk und Hanna Rucker als Lisbeth in der Märchen-Verfilmung „Das kalte Herz“ (1950)
Die Schauspieler Lutz Moik (l.) als Köhler Peter Munk und Hanna Rucker als Lisbeth in der Märchen-Verfilmung „Das kalte Herz“ (1950)Kilian Klawikowski/DEFA-Stiftung/dpa

„Das kalte Herz“ – seit Jahrzehnten ist dieser DEFA-Film von 1950 einer der beliebtesten Märchenklassiker rund um Weihnachten. In jeder Adventszeit ist er mehrfach im Fernsehen zu sehen. Wie zum Beispiel gleich heute am 7. Dezember um 16.20 Uhr auf dem MDR (weitere Sendetermine: 24.12.2025 um 21.45 Uhr (rbb) und 26.12.2025 um 14.50 Uhr (WDR)). Vor genau 75 Jahren, am 8. Dezember 1950, erlebte der DDR-Märchenklassiker des Münchner Regisseurs Paul Verhoeven in zwei Ost-Berliner Kinos seine Erstaufführung – und markierte damit einen neuen Meilenstein in der Filmgeschichte der DDR!

DDR-Film „Das kalte Herz“: Köhlerjunge träumt vom Reichtum

Der Stoff: das düstere Märchen von Wilhelm Hauff, in dem ein armer Köhlerjunge sein Herz gegen Reichtum tauscht! „Schatzhauser im grünen Tannenwald, bist schon viel' hundert Jahre alt. Dir gehört all Land, wo Tannen stehen, lässt dich nur Sonntagskindern sehen.“ Bei seinem Versuch, dem einfachen Köhler-Leben zu entfliehen, wendet sich Peter (gespielt von Lutz Moik) an den Schatzhauser, auch Glasmännlein genannt (Paul Bildt). Der freundliche Waldgeist erfüllt ihm zunächst seine unreifen Wünsche: Peter wird stolzer Glashüttenbesitzer und erobert die Zuneigung der schönen Lisbeth (Hanna Rucker).

Als ihm das Geld ausgeht, sucht Peter Hilfe beim dämonischen Holländer-Michel (unvergessen schauerlich: der große Erwin Geschonnek), der ihm schließlich ein Herz aus Stein anbietet. Damit wird Peter zwar reich und erfolgreich, aber auch hart und stolz. Erst als sein Glück mit Lisbeth gewaltsam zerbricht, findet er mithilfe des Glasmännleins den Mut, sein warmes Herz zurückzufordern.

DEFA setzte mit „Das kalte Herz“ Maßstäbe

Der DEFA-Märchenfilm setzte gleich in mehrfacher Hinsicht Maßstäbe: Verhoevens Verfilmung des Schwarzwald-Märchens ist der erste DDR-Spielfilm in Farbe. Gedreht wurde im Filmstudio in Babelsberg und im Thüringer Wald. Und auch mit aufwändigen Trickszenen (allein 81 solcher Szenen), detailverliebten Kulissen und Kostümen setzte der Film Zeichen und begeisterte das Publikum. Um etwa Erwin Geschonnek in den gruseligen Holländer-Michel zu verwandeln, wurden ihm der Mund mit Watte ausgestopft und die Ohren umgebogen. Eine weiß bemalte Kontaktlinse lässt eines seiner Augen wie tot erscheinen.

Lutz Moik (l.) mit Erwin Geschonnek als Holländer-Michel
Lutz Moik (l.) mit Erwin Geschonnek als Holländer-MichelKilian, Klawikowski/DEFA-Stiftung/dpa

Der Erfolg war enorm: Mit fast zehn Millionen Zuschauern zählt „Das kalte Herz“ zu den erfolgreichsten DEFA-Filmen überhaupt und ebnete den Weg für eine Welle von Märchenfilmen im Osten — vom „kleinen Muck“ bis zum „Goldenen Gänschen“.

Aber: Die Produktionskosten des Kinorenners waren geradezu explodiert – am Ende stand eine Summe von etwa 3,2 bis 4 Millionen DDR-Mark, weit über dem ursprünglich veranschlagten Budget. Grund dafür waren die ambitionierten Filmtricks und die detailverliebten Kulissen, die im Studio Babelsberg eigens aufgebaut wurden.

Erster Farbfilm war Riesenerfolg

Innenräume, ein märchenhafter Wald, düstere Höhlen – all das sollte glaubhaft wirken für ein Publikum, das bislang Schwarzweiß gewohnt war. Doch die Kostenlast hatte Konsequenzen: Die DEFA entschied sich gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Regisseur Paul Verhoeven – obwohl der Film ein großer Erfolg wurde. So blieb „Das kalte Herz“ ein einmaliges Erfolgsprojekt.

Das Ergebnis war ein Film, der Ästhetik und Moral verband: Nicht nur bunte Farben und märchenhafte Figuren stehen im Mittelpunkt, sondern auch eine düstere Parabel über Gier, Herzlosigkeit und die Gefahr, menschliche Werte gegen materiellen Wohlstand einzutauschen. Ein Motiv, das in der Nachkriegs-DDR gut ankam. In einer Zeit, in der die DDR sich selbst definierte, bot der Film eine Moralgeschichte – und zwar gerade nicht im Sinne einer volkstümlich-romantischen Verklärung, sondern als warnende Fabel über die Versuchungen von Reichtum und Macht.