Weltjugendspiele 1951

Agitation „Made in DDR“: Der Marsch von Honeckers FDJ in den Westen

Der Kalte Krieg ist lange vorbei. Dinge, die damals passierten, wirken in heutiger Zeit skurril.

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Eröffnungsfeier der III. Weltfestspiele in Berlin im Stadion der Weltjugend  am 5. August 1951. Die Teilnehmer marschieren vorbei an einem Stalin-Porträt.
Eröffnungsfeier der III. Weltfestspiele in Berlin im Stadion der Weltjugend am 5. August 1951. Die Teilnehmer marschieren vorbei an einem Stalin-Porträt.Imago

Im Kampf der Systeme blieb nichts unversucht. Nahezu legendär sind die Großveranstaltungen der DDR in Sachen Jugend. Ob Weltjugendfestspiele oder Pfingstreffen – hier ging regelmäßig die Post ab.

Während im offiziellen Teil die Politik sich mit den jungen Menschen schmückte, nutzten die Teilnehmer die Treffen zur Völkerfreundschaft. Unvergessen sind die Schlafsäle in Schulen und Fabriken oder auch die Dauer-Party. Heute nennt man das wohl Festival.

Am 5. August 1951 wurden in Ostberlin die III. Weltjugendspiele eröffnet. Zwei Jahre sind die beiden deutschen Staaten alt. Das System scheint zementiert. Aber: Die Grenze ist noch offen. Also können auch Westdeutsche zur großen Party kommen. Aber sie dürfen nicht.

Der hessische Innenminister stellt eine Teilnahme westlicher Jugendlicher unter Strafe. Begründung: „Die Veranstaltung ist eine große politische Demonstration für das sowjetzonale Regime und dient dem Ziele, die Jugend der Bundesrepublik auf einen Irrweg zu führen und sie der demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik zu entfremden.“

Die Losung „Frieden“ wird in deutscher, russischer und englischer Sprache von den Sportlern zum Abschluss der Veranstaltung dargestellt.
Die Losung „Frieden“ wird in deutscher, russischer und englischer Sprache von den Sportlern zum Abschluss der Veranstaltung dargestellt.Imago

Die Maßnahmen werden mit Hilfe der Polizei umgesetzt. Bis Ende Juli werden 6000 westliche Jugendliche an den Grenzen gestoppt und wieder nach Hause gebracht.

FDJ verteilte Flugblätter in Westberlin

Viel komplizierter ist natürlich die Sache in Berlin. Die Stadt ist zwar geteilt, aber die Grenze ist offen. Jeder kann hin und her. Das macht sich West-Berlins Regierender Bürgermeister Ernst Reuter zunutze und lädt die Teilnehmer der Weltjugendspiele in seinen Teil der Stadt ein. Damit nicht genug. Wer kommt, erlebt den Westen von ihrer Schokoladen-Seite. Mit Besatzungsmächten über Firmen bis Wohlfahrts-Organisationen wird ein Betreuungsprogramm gestartet, das spätestens mit der kostenlosen Verpflegung überzeugt. Im Osten gibt es sechs Jahre nach Kriegsende noch reichlich Versorgungsengpässe.

Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Erich Honecker, damals Vorsitzender der FDJ, schickte Tausende Mitglieder in Marschformation in den Westteil der Stadt. Dort verteilten sie Flugblätter und skandierten in Sprechchören ihre Losungen. Es dauerte nicht lange, bis die Situation eskalierte und die Ostler mit der West-Polizei aneinandergerieten. Honis Marsch in den Westen endete mit vielen Verletzten auf beiden Seiten sowie Festnahmen in dreistelliger Zahl. Für fast 50 folgten Haftbefehle, einige musste mehrere Tage in den Knast. ■