In Berlin-Dahlem soll auf einem Uni-Parkplatz eine Flüchtlingsunterkunft für 260 Menschen entstehen – mitten im Villenviertel. Die Pläne stoßen auf Widerstand: Anwohner fürchten um das Stadtbild, Experten schlagen Alarm und die politische Unterstützung für den Protest wächst.
Im ruhigen Berliner Stadtteil Dahlem sorgt ein neues Bauvorhaben für Aufsehen: Auf einem Parkplatz der Freien Universität soll bereits im Herbst eine modulare Flüchtlingsunterkunft für bis zu 260 Menschen entstehen. Die Entscheidung des Berliner Senats, diesen Standort zu wählen, trifft auf Widerstand in der Nachbarschaft. Zwischen Villen, gepflegten Vorgärten und altem Baumbestand fürchten viele Anwohner um das vertraute Erscheinungsbild ihres Kiezes. Warum ausgerechnet ein Kiez mit Villen besonders gefährdet sein soll, leuchtet allerdings nicht wirklich ein.
Geplant ist ein dreistöckiges Containerdorf auf dem Gelände neben dem Hahn-Meitner-Bau der Universität, berichtet die B.Z.. Um Platz zu schaffen, könnten sogar einige der alten Bäume gefällt werden. Die geplante Unterkunft liegt in direkter Nähe zu historischen Universitätsbauten, was Denkmalschützer und Stadtbildpfleger auf den Plan ruft.
Kritische Stimmen verweisen auf mögliche negative Auswirkungen auf das architektonische Gesamtbild – einige sehen gar eine Transformation der Gegend in ein Areal mit Industriecharakter.
Für Flüchtlinge alte Bäume fällen
Die Entscheidung stößt nicht nur wegen der Optik auf Unverständnis. Nur wenige Gehminuten entfernt steht ein ehemaliges Bundesgebäude leer, das bereits in der Vergangenheit als Unterkunft für Geflüchtete genutzt wurde. Damals hatte sich die Nachbarschaft aktiv eingebracht, etwa durch Spendenaktionen und ehrenamtliche Hilfe. Nun fragen sich viele, warum dieser Standort nicht erneut in Betracht gezogen wird.
Auch aus der Politik kommt Unterstützung für die kritischen Stimmen. Der Bundestagsabgeordnete Adrian Grasse (CDU) ließ eigens ein denkmalpflegerisches Gutachten erstellen, das auf erhebliche Bedenken hinweist. Der beauftragte Gutachter sieht durch die geplante Containerlösung die Sichtachsen und den Charakter der Umgebung bedroht – und bezweifelt die Eignung des Areals für ein derartiges Projekt.
Entscheidung für Flüchtlinge stößt nicht nur wegen der Optik auf Unverständnis
Ursprünglich hatte die Universität selbst andere Pläne mit dem Parkplatz. Dort sollten wissenschaftliche Einrichtungen entstehen, doch derzeit fehlen die finanziellen Mittel. Die Denkmalschutzbehörde bewertet den Bau von Flüchtlingsunterkünften an diesem Ort allenfalls als kurzfristig genehmigungsfähig – wie lange dieser Zeitraum tatsächlich dauern könnte, bleibt jedoch offen.

Für zusätzliche Irritation sorgt, dass in anderen Teilen der Stadt gerade erst bestehende Unterkünfte geschlossen wurden. Die B.Z. zitiert Adrian Grasse mit dem Satz: „Der Standort Ostpreußendamm ist gerade dichtgemacht worden und Finckensteinallee wurden bereits geschlossen.“ Die Frage stehe im Raum, warum in Dahlem nun ein neuer Standort geschaffen werden soll – ausgerechnet in einem Gebiet ohne Kita oder Schule in direkter Nähe, was die Integrationschancen erheblich erschwere.
Auch die mangelnde Kommunikation seitens der Behörden wird kritisiert: Eine Informationsveranstaltung ist erst für den Herbst angesetzt, was viele in der Nachbarschaft als zu spät empfinden.
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