Die Gewaltaufrufe gegen jüdische Einrichtungen lösen bei israelischen Restaurants in Berlin gemischte Reaktionen aus. „Wir werden unser Restaurant nicht öffnen. Ich habe sehr viel Angst“, sagte die Besitzerin eines israelischen Ladens, die anonym bleiben will. Sie habe beschlossen, ihr Lokal bis Samstag vorerst zu schließen, weil sie sich nicht sicher fühle. Momentan bleibe die gebürtige Israelin die meiste Zeit zu Hause. In Tel Aviv und im Zentrum des angegriffenen Staates habe sie Familie und Freunde. Die Lage in Teilen Berlins – etwa in Neukölln – beobachte sie mit Sorge.
Hintergrund sind der Angriff der Terrorgruppe Hamas auf Israel und die Reaktionen des attackierten Landes. Einige pro-palästinensische Demonstranten in Deutschland und Berlin hatten den Hamas-Angriff bejubelt. Für diesen Freitag hatte die Hamas Muslime weltweit zu Aktionen, Protestmärschen und Unterstützung aufgerufen.
Hassanrufe in israelischen Restaurants
Das israelische Restaurant Feinberg’s in Berlin erhalte seit den Angriffen der Hamas verstärkt Hassanrufe, berichtete der Besitzer Yorai Feinberg. Mit Blick auf die Gewaltaufrufe macht er sich Sorgen: „Wir sind ein mögliches Ziel.“ Viele Gäste kämen, um ihre Solidarität mitzuteilen. Das Restaurant in Schöneberg war in der Vergangenheit immer wieder von antisemitischen Vorfällen betroffen. Feinberg selbst sei in den vergangenen Tagen in Israel gewesen und habe dort mehrere Raketenangriffe miterlebt.

Der Besitzer des israelischen Restaurants Masel Topf in Prenzlauer Berg, Konstantin Pinski, hat laut eigenen Angaben „minimale Angst“. Sein Lokal liege direkt gegenüber von einer Synagoge – und dort gebe es viel Polizeischutz. Sein Geschäft wolle er nicht schließen. Den Jubel für die Hamas-Angriffe verurteilte er.
Weniger Gäste als sonst in israelischen Restaurants
Auch Chaimi Fröhlich, Besitzer des Bleibergs, möchte sich nicht einschränken. „Ich mache alles normal weiter“, sagte der Geschäftsführer, der aus Tel Aviv kommt und unter anderem dort Familie hat. In den vergangenen Jahren habe das Restaurant mehrere Male antisemitische Nachrichten erhalten. Laut Fröhlich kommen aktuell weniger Gäste als sonst.
Das beobachtet auch das Lokal Hummus & Friends in Mitte. „Es gibt tatsächlich ein paar Stornierungen von israelischen Gästen, die aufgrund der aktuellen Lage nicht einreisen können“, berichtet die Restaurantleitung. Bedrohungen oder Angriffe habe man noch nicht erlebt. Dennoch sei die Stimmung etwas angespannter.
In einem aktuellen Lagebericht des BKA heißt es laut einem Bericht der B.Z.: Bundesweit sei mit „einem erhöhten Emotionalisierungs- und zugleich Mobilisierungspotenzial zu rechnen“. Für diesen Freitag hatten Islamisten zu Gewaltaktionen aufgerufen.
Das BKA warnt intern, es sei „mit Agitation in Form von verbalen Impulsabfuhren, Widerstandshandlungen sowie vereinzelt mit körperlichen Angriffen, u.a. mittels Werfens von Gegenständen zum Nachteil der eingesetzten Beamten zu rechnen“. In Berlin wurden zuletzt pro-palästinensische Demonstrationen verboten. Zusammenkünfte wurden schnell aufgelöst.

Der Freitag ist für gläubige Muslime der Tag des verpflichtenden Freitagsgebets. Auch für Juden und Jüdinnen bedeutet der Freitag den Beginn des Sabbat, der sonst mit dem Besuch einer Synagoge einhergeht. „Wir vertrauen auf die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und den versprochenen Schutz von Innensenatorin Spranger und der Berliner Polizei“, heißt es laut Berliner Morgenpost aus der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin in Wilmersdorf. Dennoch schickten viele Eltern, ihre Kinder am Freitag nicht in die Schule und die Kita.
Zeichen der Solidarität
Vor Berliner Synagogen und Gemeindehäusern sollen zum Zeichen der Solidarität Mahnwachen stattfinden. Gideon Joffe, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, erklärte der Berliner Morgenpost, dass in seiner Gemeinde sehr viel Verunsicherung angesichts der Sicherheitslage herrsche. Er habe jedoch vollstes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und würde sich über ein Zeichen Solidarität der Mehrheitsgesellschaft freuen, beispielsweise in den sozialen Netzwerken. Am Freitag wollte Bundespräsident Steinmeier die Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer besuchen.
Auch die Berliner Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates, Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Moabit, ruft die Berliner Muslime zur Vernunft auf. „Die Hamas ist eine verbrecherische Terrororganisation, sie darf sich nicht mit dem Islam schmücken“, so Ates.