Er ist eine Legende. Der U-Bahnzug der Baureihe E III, der noch aus DDR-Zeiten stammt. Einst fuhren solche Bahnen auf der U5, waren bis 1994 im Einsatz. Nun ist ein solcher Zug nur noch als Traditionszug zu erleben, etwa bei der Adventsfahrt am 15. Dezember. Doch dies soll seine letzte Fahrt gewesen sein. Die BVG will die DDR-U-Bahn aus dem Verkehr ziehen. In Insider-Kreisen spricht man davon, dass die Legende angeblich sogar auf dem Schrottplatz landen sollte.
Der Zug der Baureihe E III: Ganz stolz hatte die BVG im vergangenen Jahr verkündet, dass sie nach 30 Jahren einen dieser U-Bahnzüge für Sonderfahrten auf die Reise geschickt. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „U-Bahn“ haben ehrenamtlich einige dieser historischen Züge in den BVG-Werkstätten auf Vordermann gebracht. Und so fuhr der E III im Jahr 2023 erstmals wieder an einem dritten Adventssonntag als Adventszug – so wie auch in diesem Jahr.
Laut eines Berichtes der Tageszeitung ND hört man nun ganz andere Töne seitens der BVG. Offenbar soll nun der DDR-Zug aus dem Verkehr gezogen werden. Eine knappe Information aus der BVG-Mitarbeiter-App „Profil“ wird zitiert: „Die Zulassung läuft demnächst ab; was genau mit dem Zug künftig passiert, ist noch nicht entschieden“.
Was das bedeuten könnte, wird ebenfalls in dem Blatt berichtet. Demnach hätte es laut Insidern aus den Verkehrsbetrieben bereits den Plan bei den Verantwortlichen gegeben, dass der Zug demnach umgehend nach der Sonderfahrt verschrottet werden sollte.
U-Bahnzug aus der DDR: Er war einmal eine S-Bahn
Die DDR-U-Bahn auf dem Schrottplatz der Geschichte enden lassen: Das wäre vor allem für Liebhaber historischer Züge ein Schock. Denn die U-Bahn der Baureihe E III ist eine ganz besondere. Denn die Züge waren einst eine S-Bahn. Das ist schon am Aussehen dieser Züge zu erkennen.
Im Innern sahen die Waggons dann doch schon nach U-Bahn aus: Sitzbänke aus braunem Kunstleder, dazu Sprelacartwände in Holzoptik. Über den Türen leuchten rote Lampen auf, wenn diese U-Bahn abfuhr.

Diese Züge wahren ab 1963 im Osten Berlins auf der heutigen U5 zwischen Alexanderplatz und Tierpark unterwegs. Damals hieß diese Strecke Linie E. Und es waren tatsächlich ehemalige S-Bahn-Züge. Ein Jahr zuvor hatte das Verkehrsministerium der DDR beschlossen, ältere S-Bahn-Wagen für den Einsatz im Untergrund umzubauen. Insgesamt 86 Einheiten aus Trieb- und Beiwagen mehrerer S-Bahn-Baureihen wurden für das Umbauprogramm verwendet.
Der Grund für diese Verwandlung: Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte auf der damaligen Ost-Untergrundstrecke E ein regelrechter Zugmangel. Insgesamt 120 Wagen der damaligen U-Bahn-Baureihe C, die damals auf dieser Linie fuhren, wurden aus „Wiedergutmachungsgründen“ aus dem sowjetisch besetzten Teil Berlins nach Moskau gebracht.
Die S-Bahn-Wagen, die nun als U-Bahn einspringen mussten, waren allerdings nicht mehr die Jüngsten. Die meisten von ihnen hatten um 1925 das Licht der Welt erblickt. Für ihr zweites Leben im Untergrund waren sie aber noch gut in Schuss. Zwar gab es im Betrieb immer wieder Probleme durch das Alter der Bauteile. Dennoch blieben die umgebauten S-Bahnen als U-Bahnen bis weit nach dem Mauerfall im Einsatz. Der letzte Zug fuhr, wie gesagt, 1994.
U-Bahn-Legende aus DDR-Zeiten: „Es gibt aktuell keine technische Perspektive“
Dass nun der aufpolierte Zug der Baureihe E III nach der diesjährigen Sonderfahrt auf dem Schrottplatz landen soll, davon ist offiziell bei der BVG nun doch nicht die Rede. Aber einen weiteren Einsatz könne es aber auch nicht mehr geben.
Denn bei dem Zug laufe die Hauptuntersuchung ab. „Es gibt aktuell keine technische Perspektive, jene zu erhalten beziehungsweise zu erneuern und die Wagen damit fahrfähig zu halten“, teilt BVG-Pressesprecher Markus Falkner auf eine Anfrage des „ND“ mit. Es sei aber aktuell vorgesehen, die „Wagen möglichst im BVG-Bestand zu halten“. Zukunft ungewiss.
Das lässt den Verkehrsexperten Kristian Ronneburg von der Fraktion der Linkspartei erstaunen. Denn bei der S-Bahn-GmbH würde man ja auch historische Züge einer Hauptuntersuchung unterziehen, damit sie etwa als Weihnachtszüge unterwegs sein können.
„Wenn es die S-Bahn hinbekommt, ihre historischen Züge weiter fahren zu lassen, müsste es die BVG auch bei der U-Bahn aus DDR-Zeiten schaffen“, sagt Ronneburg dem KURIER. „Man müsste vielleicht nur bei der S-Bahn nachfragen“, um für diese Untergrundlegende aus dem Osten eine Hauptuntersuchung zu bekommen, damit diese in den nächsten acht Jahren weiter auf Sonderfahrten gehen kann. ■