Angriff auf die Heimat

Wie ein junger Israeli von Berlin aus in den Krieg zieht

Nach dem Terrorangriff der Hamas werden nun 300.000 Reservisten mobilisiert – viele sind noch im Ausland. Von Berlin aus hat sich Denis freiwillig gemeldet.

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Er will seine Heimat verteidigen: Denis, Reservist der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), und seine Freundin Lital gehen über den Flughafen BER, um für einen Flug nach Tel Aviv einzuchecken.
Er will seine Heimat verteidigen: Denis, Reservist der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF), und seine Freundin Lital gehen über den Flughafen BER, um für einen Flug nach Tel Aviv einzuchecken.Sebastian Gollnow/dpa

Sie sind auf dem Weg zurück, um ihre Heimat zu verteidigen. Nach dem schrecklichen Terrorangriff durch die Hamas rühren sich in vielen Ländern ehemalige israelische Soldaten, um zu kämpfen. Die Luftwaffe des Landes teilte am Dienstag auf X (ehemals Twitter) Fotos einer Maschine, die Reservisten aus dem Ausland abgeholt habe. Von wo genau und wann – das blieb unklar. Auch Denis will jetzt zurück nach Israel. Wie viele junge Israelis hat der 33-Jährige vor Jahren den obligatorischen Wehrdienst geleistet, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagt. Seit etwa zehn Jahren sei er Reservist.

Israelische Soldaten sind nahe der Grenze zum Gazastreifen im Einsatz. Israel hat über 300.000 Reservisten mobilisiert. Viele kommen aus dem Ausland.
Israelische Soldaten sind nahe der Grenze zum Gazastreifen im Einsatz. Israel hat über 300.000 Reservisten mobilisiert. Viele kommen aus dem Ausland.Ilia Yefimovich/dpa

Viele Reservisten verbinden sich in WhatsApp-Gruppen und helfen einander, einen der raren Plätze in einem der israelischen El-Al-Flieger zu bekommen, wie man aus der jüdischen Gemeinschaft hört. Die Fluglinie El Al äußert sich auf Anfrage dazu nicht, sagt nur, dass Israel regulär angeflogen werde. Nach Angaben der israelischen Botschaft in Berlin gibt es auch keine Übersicht darüber, wie viele israelische Reservisten sich in Deutschland aufhalten.

Über Gaza-Stadt werden Raketen auf Israel abgefeuert. Bilder wie diese haben Denis dazu bewegt, seinen Berlin-Urlaub abzubrechen und sich freiwillig als Reservist zu melden.
Über Gaza-Stadt werden Raketen auf Israel abgefeuert. Bilder wie diese haben Denis dazu bewegt, seinen Berlin-Urlaub abzubrechen und sich freiwillig als Reservist zu melden.Rizek Abdeljawad/Xinhua/dpa

Am Montag hatte die Armee zwei Tage nach Beginn des verheerenden Großangriffs der Hamas 300.000 Reservisten mobilisiert. Spendenaufrufe mehren sich derweil, um Nahrung, Material und Munition für sie bereitstellen zu können.

In Israel arbeitet Denis nach eigenen Angaben als Jurist. In seinem Wehrdienst sei er auf eigenen Wunsch in einer speziellen Einheit der israelischen Armee (IDF) gewesen. „Meine Einheit ist auf Guerilla-Kriegsführung spezialisiert und wir wurden dafür ausgebildet, um an allen israelischen Grenzen – von Norden bis Süden, Westen, Osten, innerhalb und außerhalb – mit allem umgehen zu können“, sagt er. Als Beweis zeigt er seine Urkunde.

Denis sitzt mit seiner Freundin in einem Hotelzimmer unweit des Flughafens BER. Das Paar war für einige Tage nach Berlin gereist. Dann geschah der Angriff auf die Heimat.
Denis sitzt mit seiner Freundin in einem Hotelzimmer unweit des Flughafens BER. Das Paar war für einige Tage nach Berlin gereist. Dann geschah der Angriff auf die Heimat.Sebastian Gollnow/dpa

Mit seiner Freundin Lital sei er für ein paar Tage nach Berlin gereist. „Wir wachten am Samstagmorgen in einem Alptraum auf.“ Immer wieder erwähnt er im Gespräch, wie zornig ihn die Gewalt macht, die er in Videos in den sozialen Medien sieht. Und wie wütend er darüber ist, dass Menschen weltweit diese Gewalt feiern.

Denis wartet am BER: „Ich fühle mich verpflichtet, zurückzukehren“

„Ich fühle mich verpflichtet, zurückzukehren, eingezogen zu werden und auf jede erdenkliche Weise zu helfen“, sagt Denis. Sein Vater habe ihn angefleht, in Berlin zu bleiben. Lital weiß, dass sie ihn nicht aufhalten kann. Vom Flughafen BER schickt Denis Videos, er wirkt angespannt. Sein Abflug wird mehrfach verschoben, nachdem sein ursprünglicher Flug mit einer westlichen Fluglinie am Montag bereits abgesagt worden war.

Er habe sich bei seinem Kommandanten freiwillig gemeldet. „Ich wusste, dass ich zurückkehren muss, und ich würde das sofort und in der ersten Minute tun, in der ich es kann.“

Israelische Realität ist, dass die Mehrheit der Jugendlichen nach der Schule in die Armee geht. Nicht jeder dient in einer Kampfeinheit, wie Denis damals. Die Eurovision-Sängerin Noa Kirel war etwa Teil einer IDF-Band während ihrer Dienstzeit. Junge Erwachsene aus ultraorthodoxen Familien können vom Dienst entbunden werden.

In Zeiten wie dieser zehrt die israelische Armee von der Menge an Menschen, die eingesetzt werden können. Er zumindest gehe freiwillig, sagt Denis. Ohne zu wissen, wo er in ein paar Tagen sein wird. Sein Plan ist erst einmal anzukommen. Wo er eingesetzt werde, werde sich noch klären. Er ist sich seiner Sache sicher. „Es gibt niemanden, der den jüdischen und israelischen Geist brechen kann.“