
Die Taliban planen laut ARD-Recherchen, der afghanischen Botschaft in Berlin-Grunewald einen neuen Namen zu geben und ihre eigene Fahne davor zu hissen – ein symbolischer Akt, der in Deutschland für politische Unruhe sorgt. Während die Bundesregierung dagegen ist, fehlen ihr weitgehend die Mittel, um den Schritt zu verhindern.
Zum Hintergrund: Das Banner des sogenannten Islamischen Emirats Afghanistan zeigt auf weißem Grund das islamische Glaubensbekenntnis „Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist der Gesandte Gottes“ – ein unmissverständliches Zeichen für das Regime, das seit dem Sommer 2021 in Kabul an der Macht ist. Nun soll genau diese Flagge nach dem Willen der Taliban bald auch vor dem Botschaftsgebäude in Berlin-Grunewald wehen.
Bislang flattert dort noch die alte schwarz-rot-grüne Fahne der früheren Islamischen Republik Afghanistan. Doch die Taliban wollen nicht nur das Symbol, sondern auch den Namen ändern: Aus der „Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan“ soll schlicht die „Botschaft von Afghanistan“ werden. Damit würden sie die Republik symbolisch auslöschen – obwohl diese weiter als einzig legitime Regierung Afghanistans bei den Vereinten Nationen geführt wird.
Das Auswärtige Amt ließ auf Anfrage wissen, man habe den afghanischen Vertretern klargemacht, dass man an den bisherigen Symbolen und Bezeichnungen festhalten erwarte. Doch juristisch gesehen sind Deutschlands Möglichkeiten begrenzt. Völkerrechtsexperten betonen, dass ein Staat, mit dem diplomatische Beziehungen bestehen, grundsätzlich selbst über seine Flagge und Bezeichnung entscheiden dürfe.

Ein Abbruch der Beziehungen wäre zwar möglich, politisch aber derzeit nicht gewollt. Hinter den Kulissen laufen ohnehin sensible Gespräche zwischen Berlin und Kabul. Die Bundesregierung will künftig wieder abgelehnte Asylbewerber und Straftäter nach Afghanistan abschieben – und verhandelt dazu direkt mit den Taliban.
Berlin hat bereits zwei von den Taliban entsandte Konsularbeamte zugelassen
Erst vergangene Woche waren Beamte des Innenministeriums zu Gesprächen in Kabul. Während die Taliban laut eigenen Angaben bereits den Großteil ihrer Auslandsvertretungen unter Kontrolle gebracht haben, hält Deutschland offiziell weiter Distanz. Auf der Website des Auswärtigen Amts heißt es, die Taliban-Regierung werde politisch nicht als legitime Regierung Afghanistans anerkannt.
Trotzdem hat Berlin zwei von den Taliban entsandte Konsularbeamte zugelassen, die künftig in Bonn und Berlin arbeiten sollen. In Bonn sorgte das bereits für Unruhe: Nachdem die bisherigen Konsulatsmitarbeiter das Gebäude aus Protest verlassen hatten, verschafften sich Taliban-nahe Vertreter am vergangenen Freitag Zugang – die Polizei bestätigte den Vorfall, so die ARD.
Offiziell spricht die Bundesregierung von rein technischen Gesprächen mit Kabul, etwa über Rückführungen abgelehnter Asylbewerber. Doch aus der Opposition kommt scharfe Kritik. Grünen-Politiker Marcel Emmerich wirft Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, er betreibe Geheimdiplomatie mit Terroristen und müsse offenlegen, was Deutschland den Taliban im Gegenzug anbiete. Dobrindt wiederum wies die Vorwürfe zurück – und hält an seinem Kurs fest.