Armut im Alter

Warum die höheren Renten der Ost-Frauen kein Grund zum Jubeln sind

Eine neue Statistik zeigt, dass Frauen im Osten Deutschlands mehr Rente als im Westen bekommen. Doch ein Leben in Würde ist damit nicht garantiert.

Author - Stefan Henseke
Teilen
Die Rente reicht oft nicht für ein Leben in Würde. Besonders Frauen im Westen müssen mit extrem niedrigen Renten auskommen.
Die Rente reicht oft nicht für ein Leben in Würde. Besonders Frauen im Westen müssen mit extrem niedrigen Renten auskommen.Thomas Banneyer/dpa

Eigentlich ist es nur der Unterschied zwischen schlimm und noch schlimmer. Eine neue Statistik zeigt, dass Frauen im Osten mehr Rente als die im Westen bekommen. Im Mittel bekommt eine Rentnerin im Osten 1218 Euro, 357 Euro mehr als im Westen. Doch auch 1218 Euro reichen oft nicht für ein Altern in Würde – in Zeiten, in denen die Miete immer teuerer wird, die Inflation der vergangenen Jahre auch die Preise für Waren des täglichen Bedarfs nach oben getrieben hat.

Die neuen Zahlen von Prognos-Institut und dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigen eigentlich nur, dass vor allem Frauen deutschlandweit zu wenig Rente bekommen. In Ost wie West. 1218 Euro sind ja nur der Mittelwert. Das heißt: Hunderttausende bekommen noch weit weniger Rente ausgezahlt.

In der DDR arbeiteten viele Frauen in Vollzeitjobs

Warum es im Osten höhere Renten für Frauen gibt, ist einfach erklärt: In der DDR arbeiteten viele Frauen in Vollzeitjobs, ermöglicht durch umfangreiche staatliche Kinderbetreuung. Im Westen dagegen waren viele Frauen bis in die 80er-Jahre hinein Hausfrauen, abhängig von den Männern.

Auch nach dem Heranwachsen der Kinder arbeiten die Frauen im Westen häufig Teilzeit, wenn überhaupt. „Das führt dazu, dass Frauen weniger in Rentenkassen und Altersvorsorge einzahlen und im Alter dann finanziell schlechter dastehen als Männer“, sagt Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV. Dementsprechend bekommen Männer in den alten Ländern im Schnitt eine um zwei Drittel höhere Rente.

Frauen beziehen in den westdeutschen Bundesländern im Schnitt nach wie vor weniger als 1000 Euro Rente im Monat. Im Osten hingegen gab es im Jahr 2023 kein Bundesland mehr, in dem die Durchschnittsrente einer Frau niedriger als 1100 Euro war.

Bundesweit am besten da stehen Frauen in Potsdam, dort belief sich die durchschnittliche Monatsrente auf 1314 Euro. Das war fast doppelt so viel wie im Rheinland-Pfälzer Eifelkreis Bitburg-Prüm, dem bundesweiten Schlusslicht: Dort kommen Frauen im Schnitt nur auf 668 Euro im Monat.

Bei Männern hingegen ist das West-Ost-Gefälle bei den Renten nur noch minimal: Im Westen waren es der Auswertung zufolge 1430 Euro, im Osten 1416 Euro. Die 1416 Euro der Ost-Männer zeigen aber auch, dass Frauen im Osten trotz ähnlicher Erwerbsbiografie wie die der Männer bei den Renten benachteiligt sind. Sie bekommen ja knapp 200 Euro weniger – knapp 15 Prozent minus.

Rentner im Osten sind benachteiligt

Allerdings sind auch die Männerrenten mancherorts nicht allzu hoch: Bundesweites Schlusslicht in dieser Hinsicht ist der Landkreis Waldshut im Südschwarzwald mit 1201 Euro. Das war weniger als die durchschnittlichen Frauenrenten in Brandenburg, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Bundesweit an der Spitze liegen männliche Rentner im Ruhrpott, allen voran im Kreis Bottrop mit durchschnittlich 1686 Euro im Monat.

Allerdings täuschen die Zahlen auch. Die durchschnittlichen Rentenzahlungen bei Männern in Ost und West liegen nur deshalb so nahe beieinander, weil es in der DDR keine Zeiten von Arbeitslosigkeit gab. Bei gleicher Beschäftigungsdauer hingegen geht die Schere zwischen Ost- und West-Renten immer noch viel weiter auseinander.

Der KURIER berichtete vor wenigen Tagen erst über eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Dietmar Bartsch an die Bundesregierung. Der wollte wissen, wie viel Rente diejenigen bekommen, die mindestens 45 Jahre gearbeitet haben. Und da gibt es ein viel größeres Ost-West-Gefälle. Im Westen liegt die durchschnittliche Rente nach 45 Jahren bei 1729 Euro – im Osten bei 1527 Euro. Hamburger Rentnern (1787 Euro) geht es am besten, Schlusslicht ist Thüringen mit 1491 Euro (mit dpa).