Ü75-Szene in Berlin

Von wegen ausgestorben: Die „Wilmersdorfer Witwe“ lebt!

Einst wurde sie im Musical „Linie 1“ als stolze, standesbewusste Dame beschrieben. Dann galt sie als tot. Doch die „Wilmersdorfer Witwe“ ist immer noch da.

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Eine alte Dame geht mit Rollator über die Straße. Die „Wilmersdorfer Witwe“ lebt!
Eine alte Dame geht mit Rollator über die Straße. Die „Wilmersdorfer Witwe“ lebt!C3 Pictures/imago

Die Zeiten ändern sich – auch für die legendäre „Wilmersdorfer Witwe“, die einst im Musical „Linie 1“ als stolze, standesbewusste Dame beschrieben wurde, wohnhaft in den wohlhabenden Ecken West-Berlins. Aber ist das noch so? Oder hat sich die ältere Generation Berlins längst neu aufgestellt?

Fakt ist: Über 10 Prozent der Berlinerinnen und Berliner gehören zur Altersgruppe 75+, wie der Zensus vom Mai 2022 zeigt, so das Landesamt für Statistik. Von den stolzen 362.829 Ü75-Personen sind sogar 60 Prozent Frauen – echte Frauenpower im Alter also.

Aber wo leben sie? Das „Rentner-Mekka“ Berlins liegt im grünen Bezirk Steglitz-Zehlendorf: Ganze 14,5 Prozent der Einwohner dort sind 75 Jahre oder älter. Auch Charlottenburg-Wilmersdorf (12,2 %) und Spandau (11,5 %) sind wahre Senioren-Hochburgen. Auf der anderen Seite der Stadt zeigt sich Friedrichshain-Kreuzberg jugendlich: Hier beträgt der Anteil der über 75-Jährigen gerade mal 4,9 Prozent.

Ein Blick auf den Familienstand verrät uns ebenfalls einiges. Fast die Hälfte der über 75-Jährigen ist verheiratet (43,9 %), ein Drittel verwitwet (35,9 %) und immerhin 13,9 % haben ihre Ehe bereits hinter sich gelassen. Und nur 6,3 Prozent haben es nie gewagt, den Bund fürs Leben einzugehen.

„Wilmersdorfer Witwe“ nicht mehr nur in Wilmersdorf zu Hause

Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt dabei ein interessantes Bild: Hier lebt der größte Anteil lediger Seniorinnen und Senioren (11,2 %) und auch der Anteil geschiedener Ü75er ist mit 17,7 Prozent Berliner Rekord.

Personen über 75 Jahre nach Familienstand
Personen über 75 Jahre nach FamilienstandLandesamt für Statistik Berlin

Interessanterweise sind Witwen und Witwer in diesem Bezirk zwar zahlreich vertreten, mit 31,9 Prozent aber im Vergleich weniger als in anderen Bezirken. Neukölln führt hier das Ranking an – mit 38,4 Prozent verwitweter Personen über 75 Jahren.

Wer die meisten Witwen und Witwer Berlins treffen möchte, sollte sich in Richtung Süden begeben: Steglitz-Zehlendorf (14.471 Personen), Treptow-Köpenick (13.046 Personen) und Tempelhof-Schöneberg (12.820 Personen) sind bei Witwen und Witwern die absoluten Spitzenreiter. Charlottenburg-Wilmersdorf nimmt hier immerhin noch den vierten Platz ein (12.310 Personen).

„Die Statistik verrät uns zudem: Unter den verwitweten Personen gab es überdurchschnittlich viele Frauen“, so das Statistikamt. Berlinweit seien es 79,5 %, in Charlottenburg-Wilmersdorf sogar 80,2 % (insgesamt 9.870 Witwen). „Hier gibt es somit anteilsmäßig eine große Anzahl an Witwen. Die meisten leben jedoch vor allem in den im Süden Berlins gelegenen Bezirken Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg sowie Treptow-Köpenick. Bei den Witwern zeigt sich ein ähnliches Bild.“

Die „Wilmersdorfer Witwe“ lebt also weiter – doch sie ist nicht mehr nur in Wilmersdorf zu Hause, sondern überall in Berlin zu finden. Interessant: Besonders in Charlottenburg-Wilmersdorf zeigt die Generation 75+ heute eine überraschende Haltung: Viele entschieden sich lieber gegen die Ehe. ■