Gut gelaunt, wie lange nicht

Trotz drohendem Streik: BVG-Chef jubelt – endlich kommen neue U-Bahnen!

Jubelnachrichten aus der Führungsspitze der BVG hört man gerne. Vor allem, wenn diese die Berliner schneller ans Ziel bringen. Allerdings gilt die Botschaft auch der Belegschaft, die mit Dauer-Streik droht.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
BVG-Chef Henrik Falk freut sich, dass neue U-Bahnzüge jetzt anrollen.
BVG-Chef Henrik Falk freut sich, dass neue U-Bahnzüge jetzt anrollen.Sabine Gudath/imago

In der Vorstandsetage der Berliner Verkehrsbetriebe scheint man bestens gelaunt zu sein, als liefe bei der BVG alles nach Fahrplan. Vergessen ist das Chaos auf den Bus-, Straßen- und U-Bahn-Linien. Vergessen ist auch der Ärger bei den Tarifverhandlungen und die noch drohenden Streiks seitens der Belegschaft. Nein, BVG-Chef Henrik Falk (54) und seine Führungsriege jubeln – denn es stehen uns Berlinern gute Zeiten bevor.

So liest sich jedenfalls die Nachricht, die am Montagnachmittag aus der BVG-Führungsetage kommt. Darin wird mitgeteilt, dass der Kurswechsel, den der Vorstand Ende 2024 mit dem Konzept „Stabilität vor Wachstum“ aufgrund der Schwierigkeiten bei den Verkehrsbetrieben eingeleitet hat, schon jetzt erste Erfolge einfährt.

Und rollen muss es bei der BVG, vor allem im Untergrund. In der letzten Zeit lief bei der U-Bahn ja nicht alles nach Fahrplan. Meist gab es Verspätungen auf den Strecken, nicht nur, weil die BVG zu wenig Fahrer hat. Es lag auch an den Zügen, viele aus dem Fuhrpark sind schon veraltet.

Neue U-Bahnen müssen her! Gebaut werden sie bei Stadler in Pankow, der Zug-Hersteller, der gerade sehr in Not ist. Laut Vertrag sollen1018 Wagen im Wert von zwei Milliarden Euro kommen: 756 Wagen vom Typ J für die Großprofil-Linien 5 bis 9 und 262 Wagen vom Typ JK für die Kleinprofil-Linien 1 bis 4.

Vor einem Jahr wurde bereits einer der neuen U-Bahnzüge präsentiert. Jetzt sollen sie wirklich kommen.
Vor einem Jahr wurde bereits einer der neuen U-Bahnzüge präsentiert. Jetzt sollen sie wirklich kommen.Funke Foto Services/imago

Und zu diesem wichtigen Thema verkündet nun die BVG-Führung: Endlich kommen die neuen U-Bahnen. Kein Wunder, dass da BVG-Chef Falk jubelt. Denn der Auslieferungstermin wurde immer wieder verschoben. Eigentlich sollten wir Berliner mit diesen schicken Zügen längst fahren.

Nun teilt die BVG mit, dass die Lieferung der neuen U-Bahn-Fahrzeuge „wie geplant läuft“ und deren „Einflottung mit Hochdruck vorangetrieben“ wird. Sowohl vom Typ J als auch vom Typ JK stehen der BVG bereits je zwei Vier-Wagen-Züge für die umfangreichen Tests zur Verfügung.

Mit Verspätung: Endlich sind die ersten neuen U-Bahnzüge der BVG da!

In den kommenden Tagen folgen zwei Sechs-Wagen-Züge vom Typ JK, auf denen dann die Fahrer ausgebildet werden sollen. Direkt nach den Sommerferien sollen die ersten Fahrzeuge auf der Linie U2 regulär fahren. Der Lieferung des nächsten Zuges des Typs J wird im April erwartet. Na, es rollt doch bei der BVG!

Findet auch Chef Henrik Falk. „Wir wollen und müssen wieder mehr Verlässlichkeit bieten. Deswegen haben wir im vergangenen Jahr mit Stabilität vor Wachstum einen Kurswechsel des Unternehmens auf allen Ebenen angestoßen“, sagt er.

Dieser „Kraftakt“ werde alle BVGler „noch eine Weile“ fordern. „Aber erste Erfolge zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wieder stabil für Berlin zu werden“, sagt BVG-Chef Henrik Falk.

Ein Mitarbeiter hantiert am Abteil eines der neuen U-Bahnzüge aus dem Pankower Stadler-Werk.
Ein Mitarbeiter hantiert am Abteil eines der neuen U-Bahnzüge aus dem Pankower Stadler-Werk.Markus Wächter/Berliner KURIER

Und noch etwas versetzt die Führungsetage in Jubelstimmung: Der Personalmangel, der vor allem für die Ausfälle bei Bussen, Straßen- und U-Bahnen sorgte, wurde irgendwie gestoppt.

Laut BVG-Mitteilung haben bereits im Januar und Februar rund 5.500 Menschen Bewerbungen bei Deutschlands größtem Nahverkehrsunternehmen eingereicht.334 neue Mitarbeiter wurden in diesem Zeitraum bereits eingestellt.

„Die aktuellen Bewerbungs- und Einstellungszahlen stimmen uns positiv. Denn sie verdeutlichen einmal mehr, dass die BVG in Berlin trotz aller Herausforderungen eine attraktive Arbeitgeberin ist“, sagt BVG-Personalchefin Jenny Zeller-Grothe.

BVG-Belegschaft: Statt jubeln, will sie streiken

Da verstehe einer die Belegschaft. Diese geht gerade auf die Barrikaden, weil sie die BVG gerade nicht als attraktive Arbeitgeberin sieht. Seit über drei Jahren hätten die Beschäftigten keine Lohnerhöhung bekommen, so die Gewerkschaft Verdi. 750 Euro mehr Monatslohn fordert sie für die über 16.000 BVG-Mitarbeiter. Dazu kommen noch satte Schichtzuschläge für die Fahrer.

Dass die Führungsspitze der BVG als „attraktive Arbeitgeberin“ solche Jubelnachrichten an einem Montagnachmittag verbreitet, hat auch einen anderen Grund: Am Mittwoch (12. März) findet die nächste Verhandlungsrunde im Tarifstreit statt.

Mit den hohen Bewerberzahlen will man der unzufriedenen Belegschaft zeigen, dass es andererseits über 5.500 Menschen in diesem Land gibt, die gerne bei den Berliner Verkehrsbetriebe arbeiten würden – auch für den jetzigen Lohn. Wer von der Belegschaft es satthabe und gehen wolle, wie es schon so einige Fahrer androhten, der könne es dann auch tun. Auch so etwas kann man aus der Jubelnachricht der BVG-Spitze lesen.

Nun, die kämpfende Belegschaft will aber mehr. Und die BVG hat schon so einige Zugeständnisse gemacht. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Beschäftigten dem Arbeitgeberangebot nicht zustimmen werden. Trotz der Jubelstimmung aus der Führungsetage – die Belegschaft ist in Kampfstimmung. Nach den bisherigen Warnstreiks könnte bald auch ein Dauerstreik folgen. ■