Die meisten Leute packen ihre Wurststulle gedankenlos in die Tasche und gehen dann auf Arbeit. Aber in jedem Stück Fleisch stecken unglaubliche Tragödien. Sie spielen sich direkt vor den Toren Berlins ab. Und trotzdem: Das Leid der Schlachttiere nehmen die wenigsten von uns wahr. Selbst, wenn es uns in Form von elenden Tiertransporten begegnet. Die Tierschutz-Stiftung Vier Pfoten macht regelmäßig auf die grauenvollen Zustände bei Tiertransporten aufmerksam. Am Sonnabend demonstrieren die Tierschützer vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Einer der schlimmsten Tiertransporte der letzten Jahre fand zwischen September und Oktober 2024 statt. 69 trächtige Rinder wurden unter grauenvollsten Umständen von Brandenburg aus auf eine 3500 Kilometer lange Reise zum Schlachthaus geschickt. Der Landkreis Elbe-Elster hatte den Transport amtlicherseits durchgewinkt und genehmigt. An der türkisch-bulgarischen Grenze war dann allerdings Schluss. Die türkischen Behörden wollten die lebende Fracht nicht in ihr Land lassen.
„Ganz Deutschland galt wegen der ausgebrochenen Blauzungenkrankheit nicht mehr als seuchenfrei, darum wollten die türkischen Grenzbeamten den Transport nicht passieren lassen“, sagt Nutztierexpertin Ina Müller-Arnke dem Berliner KURIER. Der Landkreis-Elbe-Elster habe von der Blauzungenseuche in Deutschland gewusst. Trotzdem wurden die Rinder auf die gefahrvolle und lange Reise geschickt.
Für die Tiere und ihre zwischenzeitlich geborenen Kälber entwickelte sich das Ganze zu einem Horrortrip. „Sie mussten vier Wochen an der Grenze ausharren“, so Ina Müller-Arnke. Davon lange Phasen ohne Wasser. „Am Ende gab es 21 tote Tiere – acht Rinder und 13 Kälber starben.“ Die Qualen waren unvorstellbar. Die Kühe sind in ihrem eigenen Kot ertrunken.

Ina Müller-Arnke: „Ein Muttertier hat immer wieder nach seinem Kalb geschrien.“ Das Tier hatte nur die Wahl, entweder zu schreien oder mit dem Kopf im eigenen Kot zu versinken. Die überlebenden Rinder wurden später geschächtet, das heißt man schnitt ihnen bei lebendigem Leib die Kehlen durch.
Rindern die Kehlen durchgeschnitten
Der Vorfall war so brutal, dass der Autor Manfred Karremann für das ZDF-Format „37 Grad“ einen schonungslosen Dokumentarfilm darüber drehte. Er ist nichts für schwache Nerven. Und die Qualreise der 69 Kühe ist kein Einzelfall. Keine zwei Wochen später standen schon wieder Laster mit Rindern an der türkisch-bulgarischen Grenze und konnten nicht passieren.
Für deutsche Landwirte sind solche Transporte ein Zusatzgeschäft, sie werden so ihre erschöpften, alten Milchkühe los und können mit den Kälbern auch noch Gewinn machen.

Die Aktivisten von Vier Pfoten haben den brandenburgischen Qualtransport angezeigt. Am Samstag will die Stiftung nun zum Internationalen Tag gegen Tiertransporte zwischen 12 und 16 Uhr am Brandenburger Tor gegen die Qualfahrten protestieren und mit einer Aktion über das grausame Schicksal von Rindern und anderen fühlenden Lebewesen während ihrer Horrortouren in Drittstaaten informieren.

Oliver Windhorst von Vier Pfoten fordert „ein nationales Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten, mehr Transparenz und eine bessere Strafverfolgung bei Tierschutzverstößen“. Auch Ina Müller-Arnke und der Filmemacher Manfred Karremann sind am Samstag vor Ort.

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