Brutales Ladensterben

SOS Münzstraße! In Mitte gehen die Lichter aus

In Berlin-Mitte sterben Kneipen, Läden, Restaurants. Was ist los mit dem Vorzeigeviertel der Hauptstadt? Die Gründe für die Misere sind komplex.

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Vielen Läden in der Berliner Münzstraße geht es schlecht.
Vielen Läden in der Berliner Münzstraße geht es schlecht.Steinach/imago

Was ist nur aus der einst pulsierenden Münzstraße geworden? Wo früher das Leben tobte, herrscht jetzt gähnende Leere. Heruntergelassene Gitter, verlassene Schaufenster und tote Stille bestimmen das Bild, sobald die Sonne untergeht. Die traurige Wahrheit ist: Berlin-Mitte stirbt leise – und kaum jemand schaut hin.

Die großen Modegiganten wie H&M, Adidas und Zalando haben die charmanten kleinen Cafés, urigen Restaurants und traditionsreichen Boutiquen nahezu vollständig verdrängt. Gastronomie? Fehlanzeige, schreibt die Berliner Zeitung (Bezahlschranke) in ihrem Abgesang.

Nach 20 Uhr gleiche die einst so lebendige Einkaufsstraße einer Geisterstadt. Doch die Schuld allein den „bösen Modeketten“ zuzuschieben, wäre natürlich zu einfach.

Der Personalmangel tut sein Übriges: Cafés und Restaurants schließen nicht nur wegen horrender Mieten, sondern weil es schlicht an Arbeitskräften mangelt. Baristas, Küchenhilfen, Verkaufspersonal – überall prangen die gleichen Schilder: „Mitarbeiter gesucht“. Eine Farce in einer Stadt, die einst für ihr blühendes Nachtleben bekannt war!

Doch auch die Modeketten selbst kämpfen ums Überleben. Marken wie Esprit und H&M stecken in der Krise, während chinesische Billiganbieter den Markt fluten. Eine Expansion in die Münzstraße? Unrealistisch! Hier herrscht eher der verzweifelte Kampf gegen den eigenen Untergang.

In der Berliner Münzstraße machen immer mehr Kneipen, Läden und Restaurants dicht.
In der Berliner Münzstraße machen immer mehr Kneipen, Läden und Restaurants dicht.Stefan Zeitz/imago

Und die Tragödie hat Geschichte: Bereits vor zehn Jahren musste die Kult-Kneipe Alt-Berlin nach 121 Jahren schließen, weil ein Sportartikelhersteller einzog. Gentrifizierung nennt man das, in ihrer reinsten Form. Eine Petition mit über 1500 Unterschriften scheiterte kläglich.

Mietwucher ist nicht überall das Problem in Mitte

Und doch: Mietwucher ist nicht überall das Problem. Inzwischen sind die Ladenmieten eher gesunken, weil Vermieter erkannt haben, dass Leerstand teurer ist als niedrige Mieten. Doch anonyme Immobiliengesellschaften treiben die Misere weiter voran – ihnen fehlt jeglicher Bezug zur Realität vor Ort.

Das Ergebnis? Verfall, Leerstand und der schleichende Tod einer einst lebendigen Straße. Ehemalige Restaurants wie das Braufactum haben längst aufgegeben, andere Lokale kämpfen mit endlosen Renovierungsarbeiten. Und während Berlin weiter schläft, versinkt die Münzstraße in Bedeutungslosigkeit.

Eine einstige Vorzeigeadresse – jetzt nur noch ein trauriges Denkmal für verpasste Chancen und gescheiterte Stadtplanung. Wie lange noch, Berlin? ■