Diskussion um Führerschein

VIDEO: Debatte: Sollen Rentner noch Auto fahren? DAS sagen Berliner dazu

Nur wenige Rentner frischen freiwillig ihre Fahrkenntnisse in Kursen auf. Wir fragten Berliner in der Stadt: Soll der Staat sich in die Verkehrssicherheit der Senioren einmischen?

Author - Veronika Hohenstein
Teilen
Sollen Rentner noch Auto fahren? Der Berliner KURIER befragte die Berliner!  Nur wenige Rentner frischen freiwillig ihre Fahrkenntnisse in Kursen auf -der Zwang ist umstritten. Wir fragten Berliner, was denken Sie? Soll der Staat sich in die Verkehrssicherheit der Senioren einmischen?
Sollen Rentner noch Auto fahren? Der Berliner KURIER befragte die Berliner! Nur wenige Rentner frischen freiwillig ihre Fahrkenntnisse in Kursen auf -der Zwang ist umstritten. Wir fragten Berliner, was denken Sie? Soll der Staat sich in die Verkehrssicherheit der Senioren einmischen?Veronika Hohenstein

„Seit meinem 15. Lebensjahr drehe ich am Lenkrad“, sagt Gert Müller (86) aus Lichtenberg. Er kann es also mittlerweile? Gelächter: „Ich denke schon!“ Der gebürtige Sachse erzählt dem KURIER mit Freude, dass er beruflich immer im Transporter unterwegs war. Kurz: Autofahren macht ihm großen Spaß – und das auch im hohen Alter! Nur: Ist man nicht irgendwann zu alt, um sich noch ans Lenkrad zu setzen? Darüber wird immer wieder diskutiert. Die Reaktionsfähigkeit lässt schließlich nach, auch die Sicht und das Gehör werden bei vielen Senioren schlechter. Aber ab wann gehören ältere Menschen wirklich nicht mehr ans Steuer?

@berliner.kurier Große Debatte: Sollen Rentner noch Auto fahren? DAS sagen die Berliner! Nur wenige Rentner frischen freiwillig ihre Fahrkenntnisse in Kursen auf. Wir fragten die Berliner: Soll der Staat sich in die Verkehrssicherheit der Senioren einmischen? EU diskutierte Zwangsregelungen für ältere Fahrer – was sagen Berliner Senioren? Der KURIER trifft Gert Müller an einem sonnigen Tag in Friedrichshain. Auf die Frage, ob er den Führerschein neu machen würde, wenn er in ein bestimmtes Alter kommt, reagiert er empört: „Das ist eine Entmündigung!“ Die in der EU diskutierten Zwangsregelungen für ältere Fahrer sind nach einem Votum des Europaparlaments in Straßburg vom Tisch. Die Parlamentarier sprachen sich gegen eine auf fünf Jahre reduzierte Gültigkeit des Führerscheins für über 70-jährige Autofahrer aus (KURIER berichtete). Der Führerschein soll zwar generell nicht unbegrenzt gelten, sondern nur noch 15 Jahre, es bleibt aber Sache der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Verlängerung zu bestimmen. Ist man irgendwann zu alt zum Autofahren? Lese mehr zum Thema beim Berliner Kurier 🗞️ #berlin #führerschein #berlinerkurier #berlinnews #umfrage #rentner #senioren #fahrtüchtigkeit #auto #eu #verkehr #verkehrssicherheit ♬ Originalton - Berliner Kurier

EU diskutierte Zwangsregelungen für ältere Fahrer – was sagen Berliner Senioren?

Der KURIER trifft Gert Müller an einem sonnigen Tag in Friedrichshain. Auf die Frage, ob er den Führerschein neu machen würde, wenn er in ein bestimmtes Alter kommt, reagiert er empört: „Das ist eine Entmündigung!“ Die in der EU diskutierten Zwangsregelungen für ältere Fahrer sind nach einem Votum des Europaparlaments in Straßburg vom Tisch. Die Parlamentarier sprachen sich gegen eine auf fünf Jahre reduzierte Gültigkeit des Führerscheins für über 70-jährige Autofahrer aus (KURIER berichtete).

Obligatorische Tests auf Fahrtüchtigkeit von einem bestimmten Alter an sind in der EU-Führerscheinrichtlinie ebenfalls nicht mehr vorgesehen. Der Führerschein soll zwar generell nicht unbegrenzt gelten, sondern nur noch 15 Jahre, es bleibt aber Sache der Mitgliedsstaaten, die Bedingungen für die Verlängerung zu bestimmen.

Wir wollen wissen, was die Berliner dazu sagen. Gerd Müller hat eine klare Meinung. „Warum sollte man Älteren den Führerschein abnehmen, ich fahre ja auch noch?“ Gerne fährt er in seinen treuen Oldie nach Tirol – und diese lange Fahrt nimmt der 86-Jährige öfter auf sich. Er fühlt sich sicher am Lenkrad. Das Autofahren ist für ihn ein wichtiger Teil der Freiheit. Aber wie schaut es aus mit der Verkehrssicherheit? 

Er meint, dass es vielen anderen Senioren auch so geht und viele so denken wie er – als Rentner bedeutet das Auto Freiheit und Selbstbestimmung. „Ich fahre nicht gerne mit der Bahn, die streikt nur immer, mit dem Auto bin ich nicht gebunden.“ Auf die Frage, wie er sich zu den Führerscheintests stellt, meint er, dass das nicht gut wäre. „Ich kann Autofahren – ich weiß, was ich mache. Aber solche Tests und Fragebögen kann ich nicht mehr machen. Beispielsweise würde ich Prüfungen nicht mehr bestehen.“

Sollen Renter noch Auto fahren? Natürlich - „wenn man will und kann“ meint Gert Müller (86) aus Lichtenberg – seitdem er 15 Jahre alt ist, dreht er am Rad! Das erzählt uns der gebürtige Sachse mit Nostalgie und Freude. Er hat auch beruflich große Transporte gefahren, sein ganzes Leben lang. Kurz: Autofahren macht ihm großen Spaß!
Sollen Renter noch Auto fahren? Natürlich - „wenn man will und kann“ meint Gert Müller (86) aus Lichtenberg – seitdem er 15 Jahre alt ist, dreht er am Rad! Das erzählt uns der gebürtige Sachse mit Nostalgie und Freude. Er hat auch beruflich große Transporte gefahren, sein ganzes Leben lang. Kurz: Autofahren macht ihm großen Spaß!Veronika Hohenstein

 Aber wenn es um die persönliche Sicherheit geht? „Da habe ich keine Bedenken“. Und was ist mit der richtigen Selbsteinschätzung? „Ja, DIE muss man haben!“, betont er. Manchen könne es daran mangeln, sagt Müller. Trotzdem findet er, dass man die Regeln so lassen sollte, wie sie sind. Sonst könne es „Ärger und Verdruss“ geben: Es sei eine Sache der Beamten, die mal wieder „etwas erfinden und daran glauben, dass sie etwas besser wissen“. Aber Müller erinnert im KURIER-Gespräch daran, „dass auch die mal älter werden“.

Lona Fuchs (70 plus) aus Rummelsburg und ihr Hund kommen gerade vom Tierarzt. Sie ist auf dem Weg zu ihrem Auto – sie fährt regelmäßig und gerne Auto. Sie findet, man sollte das Thema mit dem Führerschein jedem selbstbestimmt überlassen. "Das ist sonst bevormundend."
Lona Fuchs (70 plus) aus Rummelsburg und ihr Hund kommen gerade vom Tierarzt. Sie ist auf dem Weg zu ihrem Auto – sie fährt regelmäßig und gerne Auto. Sie findet, man sollte das Thema mit dem Führerschein jedem selbstbestimmt überlassen. "Das ist sonst bevormundend."Veronika Hohenstein

Soll der Staat sich in die Verkehrssicherheit der Senioren einmischen?

Beim Spaziergang durch Friedrichshain macht der KURIER Bekanntschaft mit Lona Fuchs, die aus Rummelsburg kommt und auf die Frage nach dem Alter mit „70 plus“ antwortet. Sie und ihr Hund kommen gerade vom Tierarzt. Sie ist auf dem Weg zu ihrem Auto – sie fährt regelmäßig und gern. Fuchs findet, man sollte das Thema mit dem Führerschein jedem selbstbestimmt überlassen. Wenn man sich gut fühlt und bereit ist zu fahren, dann soll man es dürfen – aber auch für sie ist eine gesunde Selbsteinschätzung der richtige Weg. „Wenn man nicht mehr kann, soll man dann auch ehrlich sein und das dann auch aufgeben“, sagt sie.

Der Staat soll sich nicht in die Verkehrssicherheit einmischen? Nein, sagt sie, „sondern erstmal probieren, ob die Bürger es selber verstehen.“ Fehlt Rentnern die Einsicht? „Ich würde sagen, Jüngeren fehlt die Einsicht für sicheres Fahren auch“, sagt Fuchs und lacht. Sie erzählt, dass Rentner das Auto brauchen – „und getestet werden will ich nicht, wenn ich es nicht selbst entschieden habe, sonst ist das doch bevormundend.“ 

Sollen Rentner noch Auto fahren? Der 27-jährige Max Hustvik aus Friedrichshain überlegt: „Ich würde sagen es macht Sinn, aber ich würde halt schauen, dass das nicht mit zu vielen Kosten verbunden ist.“
Sollen Rentner noch Auto fahren? Der 27-jährige Max Hustvik aus Friedrichshain überlegt: „Ich würde sagen es macht Sinn, aber ich würde halt schauen, dass das nicht mit zu vielen Kosten verbunden ist.“Veronika Hohenstein

Sollen Ältere ihre Fahrfähigkeiten regelmäßig testen? Der KURIER befragt die Berliner!

Der 27-jährige Max Hustvik aus Friedrichshain sagt: „Ich würde sagen, es macht Sinn, aber ich würde halt schauen, dass es nicht mit zu vielen Kosten verbunden ist.“ Auch Max ist die Selbstbestimmung in der Frage wichtig, dennoch stellt er sich positiv dazu, dass Rentner auf ihre Fahrkenntnisse wieder geprüft werden sollten. Max überlegt, ob Jüngere wirklich sicherere Fahrer seien, als Ältere: „Ich glaube, dass Jüngere mehr selbstbewusst unterwegs sind und höhere Risiken im Verkehr auf sich nehmen, während Ältere vorsichtiger und überlegter unterwegs sind, aber möglicherweise auch nicht so reaktionsschnell.“ Im Großen und Ganzen findet Max es aber wichtig, dass man - wo möglich -  die Verkehrssicherheit erhöht – für alle Verkehrsteilnehmer.

Sollen Senioren noch Auto fahren? Phil Dittrich (36) aus Dresden sitzt auf einer Parkbank in der Sonne  „Ich denke, es schneidet in die Freiheit der Selbstbestimmung ein, und die Freiheit zu reisen.“
Sollen Senioren noch Auto fahren? Phil Dittrich (36) aus Dresden sitzt auf einer Parkbank in der Sonne „Ich denke, es schneidet in die Freiheit der Selbstbestimmung ein, und die Freiheit zu reisen.“Veronika Hohenstein

In Mitte, in der Nähe des Alexanderplatzes, trifft der KURIER auf den Autofahrer Phil Dittrich (36) aus Dresden. Er sitzt auf einer Bank in der Sonne und schaut auf einen der gefährlichsten Verkehrsorte Berlins – die Kreuzung Alexanderstraße/Karl-Liebknecht-Straße/Memhardstraße, wo es von 2020 bis 2023 genau 75 Unfälle mit 114 Verletzten gab. Zum Thema ältere Menschen auf ihre Fahrtüchtigkeit zu prüfen, ist Dittrich entschieden. „Ich denke, es schneidet in die Freiheit der Selbstbestimmung ein, und die Freiheit zu reisen.“ Er denkt schon, es mache Sinn – aber weniger staatlich, sondern dass „der Arzt Mitverantwortung mitübernimmt“. 

Michael Heinrich (57) aus Berlin-Mitte würde sich bereitwillig testen, wenn das Alter anklopft: „Es geht ja darum, für mich selber einschätzen zu können, ob ich noch fahrtüchtig bin.“ Und es selber einzuschätzen, ohne Prüfung? Michael schüttelt den Kopf energisch, „nein sicher nicht, das ist ein schleichender Prozess!“
Michael Heinrich (57) aus Berlin-Mitte würde sich bereitwillig testen, wenn das Alter anklopft: „Es geht ja darum, für mich selber einschätzen zu können, ob ich noch fahrtüchtig bin.“ Und es selber einzuschätzen, ohne Prüfung? Michael schüttelt den Kopf energisch, „nein sicher nicht, das ist ein schleichender Prozess!“Veronika Hohenstein

Auf einer sonnigen Bank an einem gemütlichen Café trifft der KURIER auf den 57-jährigen Michael Heinrich. Er ist selbst Autofahrer und sich der Gefahren im Verkehr bewusst. „Das Thema ist ambivalent, aus rationaler Sicht finde ich, dass es wichtig ist, mit der Auffrischung.“ Sollte diese Auffrischung aber zur Pflicht werden?

Das Auto ohne Gefahren für andere durch den Stadtverkehr bringen

„Ja, das schon, auch wenn die hohen Risiken eher bei den Fahranfängern wären“, sagt Michael. Kann es mit einer Pflicht nicht problematisch werden? Michael nickt. „Bestimmt, vor allem für alle, die auf dem Land auf ihren Führerschein angewiesen sind, weil der Nahverkehr nicht ausreichend funktioniert.“ Er sagt, dass er sich bereitwillig testen lassen würde, wenn er in das entsprechende Alter kommt. „Es geht ja darum, für mich selber einschätzen zu können, ob ich noch fahrtüchtig bin.“ Und es selber einzuschätzen, ohne Prüfung? Michael schüttelt den Kopf energisch. „Nein, sicher nicht, das ist ein schleichender Prozess!“

Hannelore (73) aus Moabit kann Auto fahren, zieht aber das Fahrrad vor und nutzt zur Fortbewegung in Berlin fast ausschließlich das Rad. „Ich meine nicht, dass Ältere den Führerschein gleich wiederholen müssen im Alter, aber ich denke, sie sollten einen Test machen, ob sie noch in der Lage sind, ihr Auto ohne Gefahren für andere durch den Stadtverkehr zu bringen.“
Hannelore (73) aus Moabit kann Auto fahren, zieht aber das Fahrrad vor und nutzt zur Fortbewegung in Berlin fast ausschließlich das Rad. „Ich meine nicht, dass Ältere den Führerschein gleich wiederholen müssen im Alter, aber ich denke, sie sollten einen Test machen, ob sie noch in der Lage sind, ihr Auto ohne Gefahren für andere durch den Stadtverkehr zu bringen.“Veronika Hohenstein

Hannelore (73) aus Moabit genießt gerade einen Kaffee in der Frühlingssonne, als der KURIER mit ihr ins Gespräch kommt. Hannelore kann Auto fahren, zieht aber das Fahrrad vor und nutzt zur Fortbewegung in Berlin fast ausschließlich das Rad. „Ich meine nicht, dass Ältere den Führerschein gleich wiederholen müssen, aber ich denke, sie sollten einen Test machen, ob sie noch in der Lage sind, ihr Auto ohne Gefahren für andere durch den Stadtverkehr zu bringen“, sagt die 73-Jährige.

Hannelore betont jedoch, dass gerade ältere Menschen auf ihre Autos angewiesen seien, um beispielsweise zum Arzt oder in ein Krankenhaus fahren zu können. „Ich verstehe es, wenn sie möglichst lange ihren Führerschein behalten wollen.“ Kann man eine Führerscheinabgabe am Alter festmachen? Da ist Hannelore sich nicht sicher und überlegt, ob 75 bis 80 Jahre ein gutes Alter dafür ist. „Ich erlebe halt, wenn ältere Freunde oder Bekannte Auto fahren, dass es holprig sein kann und sie manchmal ein wenig spät reagieren.“ Sie fügt hinzu, dass Berlin sowieso viel zu viele Autos hat.