Gaza-Demo in Mitte

Skandal-Proteste: Warum ging die Polizei so sanft mit den Demonstranten um?

Während Israel der Opfer des Hamas-Terrors gedachte, hallten mitten in der Hauptstadt antisemitische Parolen durch die Straßen.

Author - Berliner KURIER
Teilen
Rund 300 Menschen versammelten sich am Roten Rathaus, demonstrierten trotz Verbot. Doch die Polizei griff nicht hart gegen die illegalen Proteste durch.
Rund 300 Menschen versammelten sich am Roten Rathaus, demonstrierten trotz Verbot. Doch die Polizei griff nicht hart gegen die illegalen Proteste durch.Andreas Friedrichs/imago

Am Jahrestag des grauenvollen Hamas-Massakers schrien mitten in Berlin Hunderte Palästina-Demonstranten ihre Parolen in den Himmel – nur wenige Meter vom Roten Rathaus entfernt! Während im Netz Wut und Fassungslosigkeit toben, verteidigt die Polizei ihr zurückhaltendes Vorgehen. „Ein härteres Eingreifen wäre nicht verhältnismäßig gewesen“, erklärte eine Sprecherin. Doch viele Berliner fragen sich: Warum griff man nicht härter durch – wie damals bei den Corona-Demos?

Rund 300 Demo-Teilnehmer schrien am Roten Rathaus ihren Hass in die Welt

Eigentlich war der Protest untersagt. Die Versammlungsbehörde hatte die für den Abend geplante Kundgebung „Stop the Genocide“ am Alexanderplatz verboten. Kein Wunder: In dem Aufruf wurde der mörderische Überfall der Hamas auf Israel als „heldenhafter Widerstand“ verherrlicht – garniert mit einem Bild eines Gleitschirmfliegers, jenem Symbol des Terrors, mit dem Hamas-Kämpfer am 7. Oktober 2023 in Israel einfielen. Doch während am Alex ein Großaufgebot der Polizei Wache hielt, verlegte sich der Protest einfach ein paar hundert Meter weiter – zum Neptunbrunnen, direkt neben dem Roten Rathaus.

Rund 300 Teilnehmer brüllten dort Parolen, die von der Polizei als verboten gelten. Mehrfach forderten Einsatzkräfte die Menge zum Gehen auf – ohne Erfolg. Schließlich zogen Polizisten die Notbremse, kesselten die Gruppe ein und erklärten per Lautsprecher: Alle Anwesenden würden „in Gewahrsam genommen“ und ihre Identität überprüft. Währenddessen eskalierte die Lage: Demonstranten riefen erneut Parolen, die zur Auslöschung Israels oder einer neuen Intifada aufriefen. Es kam zu Rangeleien, Widerstand und versuchten Gefangenenbefreiungen. Ein Beamter wurde verletzt und ins Krankenhaus gebracht.

Demoteilnehmer wurden am Alex über Stunden eingekesselt

Die Einkesselung dauerte Stunden. Minderjährige und Kranke durften früher raus. Gegen mehrere Personen laufen jetzt Strafverfahren. Nach vier Stunden standen immer noch Dutzende im Nieselregen. Dann der überraschende Rückzug: „Es wäre nicht mehr verhältnismäßig gewesen“, erklärte die Polizeisprecherin. Gegen 23.26 Uhr öffnete die Einsatzleitung die Sperren – und ließ den Rest ziehen. Bei Ordnungswidrigkeiten kann die Polizei entscheiden, ob sie weiterverfolgt werden. Nur bei echten Straftaten besteht Verfolgungspflicht.

Auch ein Wasserwerfer wurde zur verbotenen Demo gebracht, aber nicht eingesetzt.
Auch ein Wasserwerfer wurde zur verbotenen Demo gebracht, aber nicht eingesetzt.Andreas Friedrichs/imago

Schon am Morgen gab es Chaos und Polizeieinsätze in Friedrichshain

Schon am Dienstagmorgen ging’s los: In der Warschauer Straße, Ecke Stralauer Allee, blockierten Demonstranten die Fahrbahn, skandierten antisemitische Parolen. Die Polizei löste die Gruppe auf, 17 Festnahmen. Am Ende des Tages standen 193 Festnahmen in der Bilanz – 102 Männer, 86 Frauen und fünf „diverse Personen“. Insgesamt wurden 65 Strafverfahren eingeleitet: wegen Landfriedensbruch, Nötigung, Widerstand, Beleidigung, und wegen Verwendung von Symbolen verfassungswidriger Organisationen.

Parallel mussten Beamte sechs proisraelische Veranstaltungen und zwölf jüdische Gottesdienste absichern. Dort blieb es zum Glück ruhig. Doch der 7. Oktober zeigte einmal mehr: Der Nahost-Konflikt brennt mitten in Berlin. Während an Israels schwerstem Tag Trauer und Gedenken herrschen sollten, wurde auf Berliner Straßen Hass gebrüllt – und die Polizei stand im Kreuzfeuer der Kritik.