Wieder gibt es im September den bundesweiten Warntag – und wieder wird in Berlin keine einzige Sirene Alarm schlagen. Wie in den vergangenen Jahren. Der Ausreden gab es bisher viele: Mal waren überhaupt keine Sirenen vorhanden, dann gab es zu wenige. Jetzt wurden immerhin schon 290 Stück installiert. 290 Sirenen, die aber nicht angesteuert werden können, weil bis heute eine Schnittstelle zum bundesweiten Warnsystem fehlt.
So eine Schnittstelle scheint die IT-Kompetenz in Deutschland zu überfordern. Schon vor zwei Jahren schrieb der KURIER, dass die Sirenen nicht ausgelöst werden können, weil die Technik für die Anbindung an das Modulare Warnsystem vom Bund entwickelt werde und noch nicht betriebsbereit sei. Bis heute nicht.
Die Hauptstadt hat nur Stumm-Sirenen
Jetzt hat Berlin also Stumm-Sirenen. Mehr als noch vor zwei Jahren, aber keine, die Alarm schlagen können. 290 von bisher 450 geplanten, wie RBB24 berichtet. Noch nicht alle seinen von der Feuerwehr abgenommen, einige müssten noch nachjustiert werden. Bis Jahresende sollen alle der geplanten Sirenen installiert sein, verspricht die Senatsinnenverwaltung.
Vom Bund werden zur Stärkung des Zivilschutzes laut Senat 411 Sirenen in allen Berliner Bezirken finanziert. Die anderen 39 vorgesehenen Sirenen will die Berliner Feuerwehr zeitnah in Auftrag geben. Zur Finanzierung sind auch Fördermittel von Bund eingeplant. „Die Förderung von Sirenen in den nächsten Jahren ist aufgrund der Diskussion um Einsparungen im Bundeshaushalt allerdings noch unklar“, heißt es von einem Sprecher der Innenverwaltung.
Berlin und seine Sirenen – das ist ein Trauerspiel. Nach der Wende, mit Ende des Kalten Krieges, wurden die alten Heulapparate, die es auf vielen Gebäuden gab, abgebaut. Vielerorts in Deutschland und auch in der Hauptstadt. Apps und SMS sollten es richten. Doch beim ersten bundesweiten Warntag im September 2020 erreichte der Alarm die Apps auf den Smartphones der Bürger erst mit einer halbstündigen Verspätung. Auch nach der Flut-Katastrophe im Ahrtal bemerkte man, dass ein vernünftiges Warnsystem fehlt.

Wegen dieser Erfahrungen setzte der Bund ein Förderprogramm für Sirenen auf. Dem Land Berlin stellt der Bund daraus 4,5 Millionen Euro zur Verfügung. Bis Ende 2022 sollten 400 Sirenen aufgebaut werden, im Dezember 2022 waren es gerade mal 28. Dann gab der damalige Innenstaatssekretär Torsten Akmann Ende 2023 als Ziel heraus und begründete die Verzögerung „mit globalen Lieferschwierigkeiten bei den Platinen für die Sirenen“.
Nun also 2024. Ob aber bis Ende des Jahres die noch fehlenden 160 Anlagen verbaut werden? Das wären immerhin weit mehr als eine installierte Sirene pro Tag. So oder so: Am bundesweiten Warntag am 12. September muss Berlin auf jeden Fall weitgehend ohne Sirenengeheul auskommen. Die zentrale Warnmeldung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wird am kommenden Donnerstag um 11 Uhr wieder nur über die Apps Katwarn und Nina zu empfangen sein – diesmal hoffentlich pünktlich. ■