Seit dem 1. April ist der Genuss von Cannabis legalisiert, seit dem 1. Juli darf die Pflanze in speziellen Vereinen gemeinschaftlich angebaut und an Mitglieder abgegeben werden. Doch für Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) ist das Cannabis-Gesetz ein Irrweg, deswegen möchte sie es jetzt wieder aufheben – gemeinsam mit ihrem Kollegen aus Baden-Württemberg.
Die Berliner CDU-Politikerin ist damit ganz auf der Linie ihres Bundesparteivorsitzenden Friedrich Merz. Der forderte bereits im Juli, die Cannabis-Freigabe wieder aufzuheben. „Das ist erst der Anfang einer weiter zunehmenden Rauschgiftkriminalität in unserem Land, ausgelöst durch die von der Ampel-Regierung in Berlin beschlossene Legalisierung des Cannabis-Besitzes“, sagte er damals.
Auch Badenberg sieht knapp acht Monate nach der weitgehenden Legalisierung von Cannabis deutliche Rückschritte für die Bekämpfung des Schwarzmarkts und der organisierten Kriminalität. „Was von der Bundesregierung als Meilenstein der Drogenpolitik angepriesen wurde, hat sich in der Praxis als schwerwiegender Fehler erwiesen, der unserem Land langfristig Schaden zufügt“, sagt Berlins Justizsenatorin. Das Gesetz sei ein Irrweg. „Es muss aufgehoben werden.“
„Mafiöse Strukturen“ profitieren vom Cannabis-Gesetz
Bei der Justizministerkonferenz der Länder an diesem Donnerstag (28. November) sollen die Erfahrungen mit dem seit 1. April geltenden Gesetz thematisiert werden. Gemeinsam mit Baden-Württemberg hat Berlin einen Beschlussvorschlag eingebracht. Darin heißt es, dass das Gesetz vor allem „bei Verfahren des gewerbsmäßigen Handels mit Cannabisprodukten oder des Handels mit Cannabisprodukten in nicht geringer Menge zu einem Rückschritt in der Bekämpfung des Schwarzmarkts und der organisierten Kriminalität geführt hat“.

Hintergrund ist demnach, dass nach der Gesetzesänderung Telefonüberwachung, Onlinedurchsuchung und akustische Wohnraumüberwachung nicht mehr im gewohnten Umfang einsetzbar sind. In bereits laufenden Strafverfahren können aufgrund der Neuregelung nicht mehr alle Beweismittel genutzt werden. „Mafiöse Strukturen profitieren davon, dass der Markt für Cannabisprodukte rentabler ist als je zuvor und nicht durch legale Produktion gedeckt werden kann“, erklärt Justizsenatorin Badenberg.
Drogendealer wird freigesprochen
Bei einem Prozess wegen Marihuana-Schmuggels im großen Stil in Baden-Württemberg hat die Neuregelung dazu geführt, dass der Angeklagte freigesprochen wurde. Denn der Mann war durch die Auswertung von Chats im Krypto-Messengerdienst Encrochat ins Visier der Ermittler gelangt. Nach Auffassung des Landgerichts Mannheim konnten diese Erkenntnisse im vorliegenden Fall aber nicht genutzt werden – weil Cannabis aufgrund des neuen Gesetzes nicht mehr als Betäubungsmittel gilt.
Das Urteil aus Mannheim ist noch nicht rechtskräftig, sorgt aber bundesweit für Diskussion in der Justiz. Bei der Entscheidung handle es sich keinesfalls um einen Einzelfall, heißt es in der Beschlussvorlage. Gerichte in Berlin, Freiburg oder Stuttgart seien zu ähnlichen Urteilen gekommen. Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht dadurch weitere Probleme auf sich zukommen. Denkbar seien zum Beispiel Entschädigungsforderungen für erlittene Untersuchungshaft, hieß es bereits im Sommer von einem Behördensprecher.
Die Behörde hat nach eigenen Angaben aufgrund der Amnestieregelung für Altfälle in dem Cannabis-Gesetz rund 5730 Verfahren (Stand Ende Oktober) überprüft. In knapp 160 Fällen wurde die bisherige Strafe demnach aufgehoben. In einem Fall musste ein Verdächtiger aus der Haft entlassen werden, in fast 60 Verfahren wurden die Strafen neu bestimmt. Über weitere entsprechende Anträge müssten die Gerichte noch entscheiden, heißt es. ■