Über sieben Brücken musst du gehen, sieben dunkle Jahre überstehen... . Im Fall der Pankower Grundschule am Weißen See muss man den berühmten Liedtext leider wörtlich nehmen. Denn seit dem Oktober 2018 sind an der Schule die Lichter aus, ist die Schule an der Amalienstraße 6 wegen umfassender Sanierungsarbeiten geschlossen. Die Schüler werden per Schulbus zu einer Ausweichschule gefahren. Und das Ende der Bauarbeiten? Ist nach sieben Jahren in Sicht, wenn man Schulstadtrat Jörn Pasternak glauben darf:
„Der geplante Fertigstellungstermin im April 2025 wird für die Grundschule am Weißen See in der Amalienstraße 6 nach wie vor angestrebt“, heißt es aus seinem Haus auf KURIER-Nachfrage. Bei einem Besuch vor Ort waren zumindest auf dem Außengelände nur wenige Bauarbeiten zu sehen. Material lagert auf dem Schulhof und rund um das abgesperrte Gebäude ist es stellenweise schon überwuchert. Im Inneren der großen Schule mit den charakteristischen Sommerfelder Klinkersteinen gerieten die Arbeiten in den vergangenen Jahren immer wieder ins Stocken.
Eigentlich waren die Bauarbeiten an dieser besonderen Weißenseer Schule für drei Jahre angesetzt. 2021 sollten hier schon wieder Schüler lernen. Über 18 Millionen sollten investiert werden. „Die Investitionsmaßnahme wurde zuletzt planmäßig mit 36.500.000 Euro veranschlagt. Eine abschließende Summe kann noch nicht benannt werden, da die Maßnahme noch nicht endgültig abgerechnet ist“, so der Schulstadtrat. Aktuell ist nach vielen Verzögerungen der Trockenbau- sowie die Elektrik noch nicht so weit, wie sie sein sollten.
„Wir stehen mit beiden Firmen in engem Austausch, um verbindliche und verlässliche Termine festzulegen. Die Verzögerungen haben bislang aber nicht zu einer Verschiebung des Fertigstellungsterms geführt“, so sein Sprecher des Schulstadtrats.
Um noch genügend Puffer für den Umzug zu haben, wird ein Umzug der Schulgemeinschaft in ihre alten Gebäude nun für den Herbst 2025 geplant. Doch was um Himmels willen dauert denn dort so lange?
Corona, Denkmalschutz und Verhandlungen sorgen für Verzug bei Schulbau
Die Schule steht unter Denkmalschutz, die Baumaßnahmen sind komplex, heißt es. Neben Abstimmungen mit dem Denkmalschutz grätschte auch noch die Corona-Pandemie mitten in die Bauphase. Im Nachgang folgten steigende Energie- und Materialkosten sowie Material- und Lieferengpässe. Dies wiederum hatte Nachtragsverhandlungen mit Firmen zur Folge. Neue Meilensteine und Fertigstellungstermine im Baufortschritt konnten so gar nicht erst festgelegt werden. Doch der inzwischen erstellte Bauablaufplan nennt noch immer den April 2025 als Fertigstellungstermin. Eine ganze Generation Grundschüler hat die erste bis sechste Klasse somit in der Ausweichschule verbracht.

Dabei ist die Schule unweit des Weißen See ist nicht irgendeine Schule. 1931 eröffnete sie nach mehr als zehn Jahren Bauzeit als modernste Schule weit und breit. Anders als andere Schulen zu der Zeit, war sie eine weltliche Schule, Schüler verschiedener Konfessionen besuchten die Schule gemeinsam. Auch wurden Jungen und Mädchen zusammen unterrichtet. Spenden von SPD und KPD halfen, den fortschrittlichen Bau im Stil der Neuen Sachlichkeit zu finanzieren.
Fortschrittliche Schule in Pankow
Eine Schule ohne Religionsunterricht und ohne Prügelstrafe, dafür aber mit Aula samt Rang und Bühne war entstanden. Auf der Dachterrasse konnten die Schüler bei schönem Wetter Gymnastik üben. Ein Zeichensaal, Werkräume, eine Schulbibliothek, eine Duschanlage und ein Fahrradkeller zeugen von den umfassenden und modernen Bildungsambitionen zu der Zeit. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich in einer kleinen Tischlerei, in der Schmiede und in der Buchbinderei ausprobieren. Terrarien mit seltene Tier- und Pflanzenarten und ein Schulgarten wurden von den Schülern betreut.

Zum Schulgrundstück gehörte auch das heutige Standesamt gegenüber, welches Direktor, Heizer und Hausmeister als Wohnung diente. Die Blütejahre der Schule währten nur kurz. Mit der Machtergreifung der Nazis wurde die Schule aufgelöst. Lehrer und Schüler hatten gegen das Hissen einer Nazifahne protestierten. Es entstand eine Volks- und Mittelschule. Während des 2. Weltkrieges schließlich diente die Schule als Lazarett und Krankenhaus.
Schwimmhalle im Keller
Ende der 1950er Jahren entstand im Keller ein Lehrschwimmbecken, das bis 1978 in Benutzung war. Nach der Wiedervereinigung wurde aus der 7. Polytechnischen Oberschule die 17. Grundschule des Stadtbezirks. Seit 1994 heißt die Schule „Grundschule am Weißen See“.
Mit dem Umbau und der Sanierung wird die Schule mehr Schüler aufnehmen können, als zuvor. Ein weiterer Schwerpunkt der Bauarbeiten ist der barrierefreie Umbau, damit auch Schüler mit Handicap unterrichtet werden können. Die Schule wird zukünftig vierzügig sein und bis zu 624 Schülerinnen und Schülern Platz bieten. Aufgrund der Vorgaben des Denkmalschutzes ist eine Klassengröße auf 26 Schülerinnen und Schüler begrenzt.
Die beiden jeweils 260 Quadratmeter großen Sporthallen stehen ab 16 Uhr dem Vereinssport zur Verfügung, am Wochenende und in Ferien auch ganztägig. ■