SEV – drei große Buchstaben, die oft die Fahrgäste von S-Bahn, U-Bahn oder Straßenbahn zusammen zucken lassen. Denn für die Berliner bedeutet dies meist Chaos oder nervende Umwege, wenn Züge aufgrund von Streckenbauarbeiten nicht wie gewohnt fahren und man auf die Busse des Schienenersatzverkehrs umsteigen und dabei längere Fahrzeiten in Kauf nehmen muss. Aktuell passiert dies gerade auf der Berliner Stadtbahn zwischen den Bahnhöfen Alexanderplatz und Zoologischen Garten. Doch wer organisiert eigentlich den SEV? Welcher Aufwand ist dafür nötig, damit die Berliner trotz Streckensperrungen an ihr Ziel kommen? Die SPD-Politikerin Tamara Lüdke wollte dies nun ganz genau wissen und fragte bei der Senatsverkehrsverwaltung nach.
Die Antwort, die nun die Berliner Abgeordnete erhielt, gewährt uns einen kleinen Blick hinter den Kulissen, wie die Deutsche Bahn (DB), zu der die Berliner S-Bahn gehört, und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) einen Schienenersatzverkehr organisieren.

SEV-Einsatz: Viele Regeln müssen bei der Planung eingehalten werden
Zunächst stellt sich die Frage, woher die Verkehrsunternehmen die Busse für den SEV nehmen. Bei der BVG ist das relativ klar. Das Unternehmen benutzt stets die eigenen Fahrzeuge für den Ersatzverkehr. Bei den Bahnunternehmen wird es komplizierter, da sie in der Regel nicht über einen eigenen großen Bus-Fuhrpark verfügen.
In der Antwort der Senatsverwaltung kommt dazu die DB zu Wort. Kommt es zu Streckenarbeiten bei der S-Bahn, die einen Ersatzverkehr erfordern, muss dieser zunächst bei den Bezirken beantragt werden. Dafür hat die Bahn sogar einen eigenen, verantwortlichen Dienstleister – die DB SEV GmbH. Diese erarbeitet mit dem Verkehrsbund Berlin-Brandenburg (VBB) und der S-Bahn Berlin GmbH die Pläne zur Durchführung des Schienenersatzverkehrs.
Dies beinhaltet Streckenführung, Fahrpläne und welche Busunternehmen mit ihren Fahrzeugen eingesetzt werden. Die DB SEV GmbH nimmt dafür Subunternehmer. „Die Subunternehmer haben ein Präqualifizierungsverfahren nach SektVO (Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung) durchlaufen, so dass hier auf einen vordefinierten Lieferantenpool aus überwiegend lokalen Unternehmen zurückgegriffen wird“, wird die DB in der Senatsantwort zitiert.

Im Klartext: Laut den Verkehrsverträgen für den Regionalverkehr müssen Bahnunternehmen den Ersatzverkehr für die von ihnen betriebenen Linien organisieren. Dabei können sie bestimmen, mit welchem Vertragspartner sie zusammenarbeiten. Die DB SEV GmbH setzt Busse aus einem festen und geprüften Netzwerk von Busunternehmern ein, kann auch in Einzelfällen eigene Fahrzeuge bereitstellen.
SEV-Einsatz: Woher nimmt die Bahn die Busse?
In ihrer Anfrage will SPD-Abgeordnete Lüdke wissen, wie die Busfahrer auf den SEV-Einsatz und auf die zufahrenden Strecken vorbereitet werden. Die BVG erklärt: „Die Fahrpersonale bekommen Skizzen und Informationen über die Wegstrecke und Haltestellen ausgehändigt bzw. vorab elektronisch zu Verfügung gestellt.“
Die DB AG teilt in Bezug auf die S-Bahn mit: „Mit der Beauftragung der konkreten SEV-Maßnahme für die S-Bahn Berlin erhalten alle Busunternehmen Unterlagen sowie Skizzen zur exakten Streckenführung. Eine Abfahrt der Strecke durch das eingesetzte Fahrpersonal vor Beginn der Maßnahme ist verpflichtender Vertragsbestandteil.“ Zusätzlich bekommen die Fahrer ein Navi-App, die ihnen „fahrtenscharf“ die Strecke anzeigt.
Kommt es auf Regio-Strecken im Speckgürtel oder direkt in Brandenburg zum Schienenersatzverkehr, müssen laut Verkehrsvertrag die eingesetzten Busfahrer über gute Ortskenntnisse verfügen. Sie müssen vor dem Einsatz gut geschult sein oder werden bei dem ersten Einsatz von einem ortskundigen Kollegen begleitet. Zusätzlich bekommen bei vielen Unternehmen Smartphones mit Navigationsapps zum Einsatz.
SEV in Berlin: So sollen die Fahrgäste informiert werden
Aus der Senatsantwort erfahren wir auch, dass bei jedem SEV-Einsatz gewährleistet sein muss, dass Fahrgäste, vor allem Ortsfremde, gut über die Durchführung des Ersatzverkehrs informiert werden. Die BVG ergreift dazu mehrere Maßnahmen, wie sie mitteilt. „Die Ansagen in den Bussen werden in zwei Sprachen abgespielt und enthalten ortsgenau konkrete Hinweise auf Umsteigemöglichkeiten.“

Auch die schriftlichen Hinweise auf den Monitoren in den Fahrzeugen erscheinen auf zwei Sprachen. Außerhalb der Fahrzeuge erfolgt die Fahrgastinformation via großer Schilder vor Ort (ebenfalls zweisprachig), mit „Fußtapsen“ auf dem Boden, denen man einfach folgen kann sowie analogem und digitalem Kartenmaterial in Print, App und Web. „Bei größeren Baumaßnahmen werden sogenannte Reisendenlenker eingesetzt, die die Fahrgäste aktiv unterstützen.“
Bei der S-Bahn werden bei jedem Ersatzverkehr vor Ort erkennbare Hinweisschilder aufgestellt „und eine Wegeleitung vom S-Bahngleis zu der konkreten Haltestelle des Busses. „Pro Ersatzverkehr werden dafür bis zu 190 Schilder und teilweise auch Bodenaufkleber genutzt.“
Auch die Bahn setzt auf Infos über das Internet oder der Bahn-App. „Im Falle komplexer Bauarbeiten und einer hohen Anzahl betroffener Fahrgäste werden vorab spezielle Youtube-Videos angeboten. Die Busse selbst informieren über ihre Anzeiger, Durchsagen bzw. Beschriftungen am Fahrzeug selbst, insbesondere um Orientierung an Haltepunkten zu geben, an denen mehrere Ersatzverkehrslinien verkehren.“ ■