Einsam Verstorbene

Rund 2700 Berliner werden jedes Jahr ordnungsbehördlich bestattet

Wenn am Ende eines Lebens keiner da ist:  In diesen Tagen finden in den Bezirken Gedenkfeiern für einsam Verstorbene statt. Hier finden Sie alle Termine.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Wenn jemand stirbt, hinterlässt er in den meisten Fällen eine Lücke. Menschen, die einsam sterben, wird in diesen Tagen bei Feiern gedacht.
Wenn jemand stirbt, hinterlässt er in den meisten Fällen eine Lücke. Menschen, die einsam sterben, wird in diesen Tagen bei Feiern gedacht.IPON/imago

Ahmed Guettiche starb in diesem Jahr nur wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag. Der Mann lebte in Wedding, dass Verwandte ihn an seinem Ehrentag besucht hätten, ist unwahrscheinlich. Ahmed Guettiche ist einer von 42 Menschen, die in diesem Jahr in Berlin-Mitte als einsam verstorben gelten. Rund um das kommende Wochenende finden in Berlin wieder Gedenkfeiern für einsam Verstorbene statt.

In einer Großstadt wie Berlin gibt es jedes Jahr Menschen, die ihre letzten Tage und Wochen, manchmal sogar Monate und Jahre ohne Verwandte und Freunde verbringen. Viele Menschen aus unserer Mitte haben keine soziale oder persönliche Verbundenheit gefunden oder haben sie irgendwo auf dem Lebensweg verloren. Dann ist der Pflegedienst der einzige soziale Kontakt oder der Nachbar am Tisch der Suppenküche. Es gibt Menschen in Berlin, die sterben in ihren Wohnungen, im Krankenhaus, auf der Straße – ohne dass sie Spuren hinterlassen.

In jedem Jahr werden berlinweit etwa 2700 Menschen ordnungsbehördlich bestattet. Ein Leben endet, einfach so. Alter, Krankheit, ein Unfall oder Gewalt stehen am Ende eines Weges, der immer voller Hoffnung begann. Kein Mensch wünscht sich, seinem Ende einsam entgegenzugehen.

Armengrab: Gesundheitsämter organisieren behördliche Bestattung

Wenn nach einem Todesfall keine Angehörigen ermittelt werden können oder die Familienmitglieder sich weigern, die Verantwortung zu übernehmen, sind die Berliner Bezirke für die Bestattung zuständig. Die Abteilung Ordnungsbehördliche Bestattungen des jeweiligen Gesundheitsamtes organisiert dann eine behördliche Beerdigung. Sie muss kostengünstig sein, eine Trauerfeier gibt es bei solchen Bestattungen nicht. Wenn auch nach der Beerdigung keine Angehörigen ausfindig gemacht werden können, gilt der Verstorbene als einsam verstorben.

Einmal im Jahr finden in den Bezirken Abschiedsfeiern für die Menschen statt, die ohne soziale Kontakte mitten unter uns lebten (unten finden Sie die gesamte Liste mit Terminen). In einigen Bezirken finden die Feiern im November statt, in anderen wird im Januar den einsam Verstorbenen gedacht.

Jetzt, im Vorfeld des Totensonntags, finden die meisten Veranstaltungen statt. Auf der Gedenkfeier in Mitte an diesem Freitag, wird Monika Schönings Name verlesen, wie auch die der anderen 41 einsam Verstorbenen in Mitte. Für jeden von ihnen wird eine Kerze angezündet. Alle Berliner, die sich verabschieden wollen, sind eingeladen, ein Zeichen zu setzen, dass jedes gelebte Leben wertvoll ist.

„Uns ist dieser Termin extrem wichtig“, sagt Superintendentin Silke Radosh-Hinder. „Kommen können sowohl Menschen, die die Verstorbenen gekannt haben, als auch alle, die diese Mitglieder der Gesellschaft nach dem Tod würdevoll verabschieden wollen.“

Ein letztes Mal wird der Name der Verstorbenen genannt

Während der Trauerfeier lesen die Beteiligten die Namen, das Geburts- und Sterbedatum und die Straßennamen der Meldeadresse aller in diesem Jahr einsam Verstorbenen vor. Für jeden und jede der 42 Verstorbenen aus dem Bezirk Mitte wird eine Kerze entzündet.

Die Besucherinnen und Besucher der Trauerfeier können Blumen oder persönliche Gegenstände mitbringen und auf den Stufen zum Altarraum ablegen. Bei manchen der Gedenkfeiern werden kleine Geschichten aus dem Leben der Verstorbenen erzählt, so sie denn bekannt sind. Bei allen anderen wird noch einmal der Name verlesen.

Mit dem eigenen Leben überfordert

„Auch dieses Jahr ist das ein Anlass, um darüber nachzudenken, wie wir einander besser durchs Leben begleiten können, auch wenn der Kontakt zur eigenen Familie aus den unterschiedlichsten Gründen abbricht“, sagt Mittes Familienstadtrat Christoph Keller. „In einer Großstadt wie Berlin ist es besonders einfach, sich in schwierigen Zeiten aus den Augen zu verlieren. Menschen sind mit dem eigenen Leben überfordert. Dabei genügt manchmal der eine richtige Hinweis, ein liebevolles Wort oder ein Lächeln.“

Im Jahr 2023 gab es im Bezirk Berlin-Mitte insgesamt 218 (2022: 249) sogenannte ordnungsbehördliche Bestattungen. Ordnungsbehördlich bestattet wird, wer mittellos ist und dessen nächste Verwandte nicht auffindbar sind. Gelingt es den Behörden auch nach der Bestattung nicht, Angehörige des Verstorbenen zu ermitteln, gelten diese Verstorbenen nach amtlicher Definition als einsam Verstorbene. Nach bisherigem Stand trifft dies im Bezirk Mitte für das Jahr 2023 bislang auf 43 (2022: 53) Menschen zu.

Eine weiße Rose als Zeichen der Trauer
Eine weiße Rose als Zeichen der TrauerRuediger Rebmann/imago

„Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte“, schreibt Heinrich Heine. Und hinter jedem Namen verbirgt sich ein Schicksal. Die Gedenkfeiern erweisen den Einsamen eine letzte Ehre – und sie mahnen die Berliner zu mehr Mitmenschlichkeit.

Hier finden Gedenkfeiern für einsam Verstorbene und ordnungsbehördlich bestattete Menschen statt:

Mitte, Wedding und Tiergarten

In Mitte richtet der Evangelische Kirchenkreis Berlin Stadtmitte gemeinsam mit dem Bezirksamt Mitte am 24. November 2023 um 17 Uhr in der St. Marienkirche am Alexanderplatz eine Gedenkfeier aus.

Pankow

In Pankow findet am Freitag, 24. November um 18 Uhr auf dem Anger an der Breiten Straße eine überkonfessionelle Gedenkstunde für einsam verstorbene Menschen statt.

Steglitz-Zehlendorf

In Steglitz-Zehlendorf findet am Samstag, 25. November um 16.30 Uhr in der Dreifaltigkeitskirche in Lankwitz, Gallwitzallee 4–6 eine Gedenkfeier statt; die Konfession der Verstorbenen spielt keine Rolle.

Charlottenburg-Wilmersdorf

Am Sonntag, den 26. November findet um 18.00 Uhr ein Gottesdienst statt. „Niemand geht verloren“, heißt es in der Gedächtniskirche mit Gedenken an die ordnungsbehördlich Bestatteten in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Tempelhof-Schöneberg

In Tempelhof-Schöneberg findet die Gedenkfeier am 23. November in der Apostel-Paulus-Kirche statt.

Friedrichshain-Kreuzberg

In Friedrichshain-Kreuzberg findet die Gedenkfeier am 21. Januar 2024, 14 bis 16 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche in der Zossener Straße 65, 10961 Berlin-Kreuzberg statt.

Reinickendorf

Für die Menschen, die vom Gesundheitsamt Reinickendorf ordnungsbehördlich bestattet wurden, findet an jedem dritten Sonntag im Januar um 17.00 Uhr in der Apostel-Paulus-Kirche in der Wachsmuthstraße 25 in 13467 Berlin-Hermsdorf eine Gedenkfeier statt.

Neukölln

Für die im Jahr 2023 ordnungsbehördlich bestatteten Menschen Neuköllns ist die Gedenkfeier für Sonntag, den 21. Januar 2024, in der Philipp-Melanchthon-Kirche, Kranoldstraße 16 vorgemerkt.

In Treptow-Köpenick hat die Gedenkfeier bereits Anfang des Monats stattgefunden. In Lichtenberg wird keine Gedenkfeier veranstaltet. ■