Peter Plate und  Ulf Leo Sommer in ihrem Charlottenburger Studio: Hier entstand ihr erstes Musical „Ku’damm 56“, dass am 28. November Premiere feiert.
Peter Plate und  Ulf Leo Sommer in ihrem Charlottenburger Studio: Hier entstand ihr erstes Musical „Ku’damm 56“, dass am 28. November Premiere feiert. Stickforth

Sie sind mächtig aufregt. Rosenstolz-Star Peter Plate (54) und sein Musik-Partner Ulf Leo Sommer (51), die dem Start ihres ersten Musicals entgegenfiebern: „Ku’damm 56“, das am 28. November im Theater des Westens Premiere feiert. Trotz der vielen Proben für die Bühnenfassung der erfolgreichen ZDF-Serie nehmen sich die beiden Songschreiber noch Zeit für ein Treffen mit dem KURIER. Dabei verrät Peter Plate, dass sogar ein Stück Familiengeschichte in dem Musical steckt: „Ich habe einen Song meinem Onkel gewidmet.“

Die ZDF-„Ku’damm“-Folgen, die von 2016 bis 2021 im TV liefen, zogen ein Millionen-Publikum in ihrem Bann. Plate und Sommer waren bereits nach der ersten Staffel von dieser Serie begeistert, wollen nun die Wirtschaftswunderzeiten im West-Berlin der 1950er-Jahre auf der Glitzermeile Kurfürstendamm als Musical mit viel Rock’n’Roll auf die Bühne bringen. Die Geschichte um Caterina Schöllack, die auf dem Kudamm eine Tanzschule hat, und ihren drei erwachsenen Töchtern: „Ich habe sofort Ja geschrien, als die Plattenfirma BMG im November 2018 anrief und fragte, ob wir Lust hätten, die Musik zu einer Musical-Version der Serie schreiben zu wollen“, sagt Plate.

Im Theater des Westens laufen gerade die letzten Proben für das Musical.
Im Theater des Westens laufen gerade die letzten Proben für das Musical. Jörn Hartmann

Anfang 2019 flogen er, Sommer und Serien-Autorin Annette Hess („Weissensee“) nach London. „Wir sahen uns dort paar Musicals an, merkten, dass wir drei gut zusammenpassen und fingen dann mit dem Schreiben und Komponieren zu unserem Musical an“, sagt Ulf Leo Sommer. „Annette schrieb zuerst das Drehbuch für die Bühnenversion, parallel fingen Peter und ich mit den Songs an.“ Anderthalb Jahre brauchte es, bis das Stück fertig war.

„Wir wollen das Publikum zum Nachdenken anregen“

Was für die beiden Songschreiber besonders wichtig war: „Wir wollen mit unseren Liedern nicht nur die Zuschauer mit viel Rock’n’Roll aus jener Zeit unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen, was sich in den Nachkriegsjahren in West-Berlin und in der Geschichte unseres Landes abspielte“, sagt Plate. Dazu gehört auch der damalige Umgang mit dem Thema Homosexualität.

Szene aus dem  Berlin-Musical „Ku’damm 56“, das nach der erfolgreichen ZDF-Serie entstand.
Szene aus dem  Berlin-Musical „Ku’damm 56“, das nach der erfolgreichen ZDF-Serie entstand. Jordana Schramm

Wie in der ZDF-Serie kommt es auch im Kudamm-Musical zur Sprache. Durch die Figur des Wolfgangs, der wegen seine Homosexualität, die damals unter Strafe steht, ein Doppelleben führt. Er heiratet eine der drei Schöllack-Töchter und trifft sich heimlich mit Männern. „Als ich das Solo-Lied für Wolfgang schrieb, wurde es zu einer persönlichen Sache.“

Für Peter Plate und seinem einstigen Lebenspartner Ulf Leo Sommer ist es ein wichtiges Anliegen, den Umgang mit Homosexuellen im Nachkriegsdeutschland aufzuarbeiten. „Wir alle leben heute mit dem trügerischen Bewusstsein, dass Homosexualität, trotz noch vieler Anfeindungen, etwas ganz Normales im Leben ist. Das war bei den Homosexuellen in den 50er-Jahren nicht der Fall“, sagt Plate. „Sie lebten in Angst, von der Gesellschaft, von der eigenen Familie, die sie damals nicht akzeptierten, entdeckt und angeprangert zu werden. Viele Schwule flüchteten in Ehen, hatten Kinder, hielten sich für krank, wollten ihre Homosexualität therapieren lassen – so wie Wolfgang in dem Kudamm-Stück. In meiner Familie ist das überhaupt kein Thema, dass ich schwul bin.“

KURIER-Reporter Norbert Koch-Klaucke im Gespräch mit Peter Plate und Ulf Leo Sommer.
KURIER-Reporter Norbert Koch-Klaucke im Gespräch mit Peter Plate und Ulf Leo Sommer. Stickforth

Gibt es nach dem Musical ein Rosenstolz-Comeback?

Als Plate das Lied für die Wolfgang-Rolle mit dem Titel „Ein besserer Mensch“ schrieb, dachte er an seinen Onkel Peter, der heute 74 Jahre alt ist und in jener Zeit sein Coming-out hatte, als Homosexualität als Krankheit galt. „Ich habe ihm dieses Lied gewidmet“, sagt Plate. „Wir haben oft darüber gesprochen, wie schwierig es in den 50er-Jahren und danach für Menschen war, ihre Homosexualität in diesem Land offen zu leben. So konnte mein Onkel etwa nicht mit seinem damaligen Lebenspartner zusammen ziehen, weil das schon strafbar war.“

Aber sein Onkel Peter habe in diesen Zeiten Mut bewiesen. „Anders als Wolfgang in dem Kudamm-Stück stand er zu seiner Homosexualität, hat dafür gekämpft und jedem klargemacht: Ich bin, was ich bin“, sagt Plate. „Ich bin sehr stolz darauf, dass er sich in schwierigen Zeiten nicht verbogen hat.“

Was machen Peter Plate und Ulf Leo Sommer nach der Musical-Premiere? Wäre nicht ein Comeback von Rosenstolz fällig? Schließlich haben er und Anna R. das Pop-Duo 2009 nie aufgelöst. Es pausiert. Plate, der Abba-Fan ist, hält sich in der Comeback-Frage an die vier Pop-Schweden: „Sie haben sich 40 Jahre Zeit gelassen, bis sie nun mit einem neuen Album wieder da sind. Vielleicht sollte man nach einem Rosenstolz-Comeback erst 2049 wieder fragen. Im Ernst: Anna und ich verstehen uns gut und ich freue mich wahnsinnig, wie erfolgreich es gerade für sie bei Silly läuft.“

Das Musical „Ku’damm 56“ läuft bis zum 24. April 2022 im Theater des Westens. Karten gibt es ab 41,90 Euro.