Kaum ist es ruhig geworden, kündigt sich der nächste rechte Demo-Radau an: Am 1. Juni wollten Rechtsextreme schon wieder mitten durch Friedrichshain marschieren – und zielten dabei gezielt auf das linke Herz der Hauptstadt. Was haben sie da eigentlich zu suchen? Das riecht förmlich nach einer Übernahme des quirligen und bunten Quartiers.
Schon zweimal war der Szene-Kiez in den vergangenen Monaten Schauplatz solcher Aufmärsche, jetzt steht die dritte Provokation vor der Tür. Der ehemalige AfD-Politiker Ferhat Sentürk hat die nächste Demo bereits großspurig in den sozialen Medien angekündigt – mit einem Aufruf, der von der Melodie eines NS-Kampflieds begleitet wird. Der geplante Ort: wieder das Ostkreuz. Die Uhrzeit: 14 Uhr. Die Botschaft: ein klares Signal der Konfrontation.
Zunächst war bei der Polizei keine Anmeldung dazu eingegangen. Doch Sentürks Video verbreitete sich rasant – auch über rechtsextreme Netzwerke wie „Deutsche Jugend Voran“ (DJV), die keine Gelegenheit auslassen, ihre Ideologie unter die Leute zu bringen. Dass ausgerechnet Friedrichshain wieder ins Visier genommen wird, dürfte kein Zufall sein. Der Kiez steht wie kaum ein anderer für linke Kultur, alternative Lebensentwürfe und klare Kante gegen rechts. Genau das scheint die Rechten anzustacheln.
Ganz in der Nähe, ebenfalls am Ostkreuz, findet regelmäßig ein völlig anderes Zeichen statt: eine Lichterkette gegen Hass und Hetze, für Vielfalt, Demokratie und Toleranz. Diese Veranstaltung ist auf jeden ersten Sonntag im Monat bis Juli 2025 angemeldet – und dürfte mit dem geplanten rechten Marsch nichts zu tun haben. Doch sollte die Demo am 1. Juni tatsächlich stattfinden, könnte der Kontrast kaum größer sein.
Schon im Dezember 2024 marschierten Rechtsextreme durch Friedrichshain – oder besser gesagt: Sie versuchten es. Damals stemmten sich rund 3000 Gegendemonstranten gegen den Aufzug, der durch die Rigaer Straße führen sollte. Die Stimmung war aufgeheizt, es kam zu Tumulten, die Polizei musste eingreifen, der Aufmarsch wurde vorzeitig beendet.

Ähnlich chaotisch lief es im März: Auch da kamen die Rechten nur wenige Hundert Meter weit, bevor das Spektakel abgebrochen wurde. Die Polizei nahm rund 90 Personen fest, viele davon wegen Vermummung oder dem Tragen verbotener Symbole – auf Seiten der Rechten.
Ex-AfD-Mann Ferhat Sentürk Anmelder der rechten Demo
Im Zentrum all dieser Aktionen steht Ferhat Sentürk, ein Mann mit bewegter Geschichte. Der ehemalige AfD-Politiker mit türkischen Wurzeln wurde aus der Partei geworfen, weil er – so der Vorwurf – gegen deren Grundsätze verstoßen habe. Natürlich gefiel ihm das gar nicht, und er erklärte die Partei zur „asozialen Resterampe der Gesellschaft“.
Pikant daran ist: Noch im Oktober 2024 tauchte Sentürk im Berliner Abgeordnetenhaus auf – Seite an Seite mit Matthias Helferich, dem AfD-Politiker, der sich selbst als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ bezeichnet. Empfangen wurden beide von AfD-Mann Thorsten Weiß.
Der nächste Aufmarsch wäre bereits der vierte in der Hauptstadt und der dritte im besonders umkämpften Friedrichshain. Ob er diesmal stattfinden kann, ist ungewiss. Sicherheitshalber hat Ferhat Sentürk den Start der Versammlung jetzt auf den Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof verlegt und schreibt dazu im Internet: „Diese Kundgebung soll ein Bruch mit meinen früheren Demonstrationen sein: friedlich, offen und gesprächsorientiert. Jeder ist willkommen, unabhängig von Meinung, Herkunft oder Partei. Wichtig ist nur: Kein Platz für Hass oder Abwertung!“
Angemeldet ist die Kundgebung für 200 Personen. Experten halten es für wahrscheinlich, dass das nur ein Manöver ist, um Gegendemonstranten in Friedrichshain zu irritieren und einzulullen.