Religiöse Feste

Ramadan-Zoff an einer Berliner Gesamtschule in Neukölln

Auch nicht-muslimische Kinder sollten verpflichtend zum Fastenbrechen abends in der Schule erscheinen. Nach einem Zeitungsbericht rudert die Schule, an der Weihnachten und Ostern keine Rolle spielen, offenbar zurück.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Eine Person sitzt bei Datteln und Tee im Café der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln.
Eine Person sitzt bei Datteln und Tee im Café der Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln.picture alliance/dpa

In Neukölln verdonnerte eine Schule die Schüler einer siebenten Klassen zum gemeinsamen abendlichen Fastenbrechen. Auch die nicht religiösen Kinder sollten verpflichtend an der Veranstaltung teilnehmen. Eltern reagierten empört.

Was war geschehen?

Wie die Bild-Zeitung berichtet, hat die Carl-Zuckmayer-Schule in Berlin-Neukölln einen Brief an die Familien verschickt, der zu einer schulischen Veranstaltung am Abend einlädt. Der Zettel liegt der Zeitung vor.

„Liebe Schüler und liebe Eltern“, heißt es in dem Schreiben, das auffällig viele Rechtschreibfehler enthält. „Ich möchte sie darüber informiere, dass wir in der Schule einen Iftar (Fastenbrechen) veranstalten. Das heißt, ihr Kind wird von 17.30 Uhr bis 20 Uhr in der Schule sein. Dafür ist es wichtig, dass sie Etwas (sic) mitbringen. Wir haben gemeinsam eine Essensliste erstellt. Dieses Treffen ist verpflichtend, da wir dafür einen anderen Unterricht ausfallen lassen.“

Weihnachten und Ostern werden an Neuköllner Schule nicht gefeiert

Ein aufgebrachter Elternteil empört sich gegenüber der Zeitung: Ostern, Weihnachten oder andere christliche Feste würden an der Schule nicht begangen. Doch nun sollten Kinder zum muslimischen Ramadan-Fest, dem Fastenbrechen, feiern. Der Pflichttermin sollte auch für Nicht-Muslime gelten. Dabei gilt an staatlichen Schulen das Neutralitätsgebot.

In Neukölln leben in dem Viertel, in dem die Schule liegt, vorwiegend Türken und Araber. Doch nicht alle sind einverstanden mit dem Vorgehen der Schule. Auf Anfrage der Bild gibt ein Sprecher der Bildungsverwaltung den Kritikern recht.

Keiner kann zum Ramadan gezwungen werden

Der Sprecher: „Grundsätzlich gilt für staatliche Schulen in Berlin das Neutralitätsgebot. Die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen ist für Schülerinnen und Schüler nicht verpflichtend. Nach Rücksprache mit der regionalen Schulaufsicht und der Schule wurde klargestellt, dass die Teilnahme an der Veranstaltung ausdrücklich freiwillig ist und auch kein Unterricht entfällt.“

Die Schule selbst antwortete nicht auf BILD-Fragen. Auch nicht auf die, welche christlichen Feste an der staatlichen Schule gefeiert werden und ob es auch schon früher ähnliche Ritual-Zwänge für Kinder gab.

Der Fastenmonat Ramadan wird für alle Muslime weltweit einheitlich begangen. In diesem Jahr hat er am 28. Februar begonnen, der letzte Tag des Ramadan wird am Abend des 30. März mit dem sogenannten „Zuckerfest“ („Eid-al-fitr“) gefeiert.

Schwache Schüler im Ramadan

Dass sich die religiöse Praxis des Fastens durchaus problematisch auf den Schulbetrieb auswirken kann, hat die Verwaltung bereits im Jahr 2019 festgestellt. Sie gab eine Broschüre mit dem Titel „Ramadan und Schule“ heraus. Darin wird gleich zu Beginn eingeräumt, dass die an der Broschüre beteiligten Neuköllner Moscheen sich nicht auf einen gemeinsamen Text einigen konnten: „Zu groß sind die Unterschiede der verschiedenen islamischen Interessengruppen“.

Anschließend wird ganz allgemein zur Unterstützung muslimischer Schüler aufgerufen, damit diese während des Ramadan ihre Religion ausüben und dennoch adäquat am Unterricht teilnehmen können. Schon in der Vergangenheit mussten sich Lehrer mit geschwächten und unkonzentrierten Schülern während des Ramadans auseinandersetzen.

Auch anderswo in der Stadt wird der muslimische Fastenmonat präsenter thematisiert. Der Bezirk Mitte stellt in Berlin erstmals eine Beleuchtung an, um mit den Mitmenschen das Fest zu feiern. „Ramadan Kareem“ (Froher Ramadan) steht am Rathaus Tiergarten, eine  Premiere für ganz Berlin.  Für den 19. März 2025 ist ein gemeinsames Fastenbrechen auf dem Leopoldplatz in Wedding geplant.

Festbeleuchtung im Ramadan

Der Schriftzug „Ramadan Kareem“, der „frohen Ramadan“ oder „gesegneten Ramadan“ bedeutet, hängt am Rathaus Tiergarten.
Der Schriftzug „Ramadan Kareem“, der „frohen Ramadan“ oder „gesegneten Ramadan“ bedeutet, hängt am Rathaus Tiergarten.Jens Kalaene/dpa

Berlin ist nicht die einzige Stadt in Deutschland, in der die Beleuchtung zu sehen ist: Während des islamischen Fastenmonats schaltet die Stadt Frankfurt am Main wieder die Festbeleuchtung ein. Die innerstädtische Große Bockenheimer Straße, im Volksmund „Fressgass“ genannt, wird überspannt von dem beleuchteten Schriftzug „Happy Ramadan“, leuchtenden Halbmonden, Sternen und Fanoos-Laternen.

Auch in Drogerien begegnet einem das Thema Ramadan: In Anlehnung an die traditionellen Adventskalender kamen schon vor einigen Jahren auch welche für den Ramadan auf den Markt. Natürlich nicht mit einem Weihnachtsmann-Motiv, aber mit den bekannten Türchen und einer süßen Belohnung dahinter.

In Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund setze sich seit Jahren eine „übertriebene Frömmigkeit“ durch, sagt der Psychologe und bekannte Islamkritiker Ahmad Mansour schon 2019 auf einer Podiumsdiskussion.  In den Gemeinschaften herrsche oft großer sozialer Druck, glaubt Mansour. Kinder und Jugendliche wollten mit dem Fasten ihre Willenskraft unter Beweis stellen. Und wer nicht mitfaste, werde nicht selten von fastenden Mitschülern gemobbt. Experten empfehlen das Fasten frühestens ab der Pubertät. ■