Der Poller-Wahnsinn in den Berliner Kiezen: Er lässt die Volksseele kochen. So wie im Reuterkiez in Neukölln, wo das Bezirksamt die Straßen in der Wohngegend mit Pollern zupflasterte, um den Autoverkehr zu stoppen. Angeblich sollen so Fußgänger und Radfahrer sicherer sein. Anwohner zogen per Eilantrag vor Gericht, um den Wahnsinn mit den Sinnlos-Sperren zu stoppen. Der Richter sieht das aber anders.
Das Verkehrskonzept Reuterkiez: Es soll „den Durchgangsverkehr von den Nebenstraßen zurück in die Hauptstraßen verlagern; unübersichtliche und gefährliche Stellen im Kiez entschärfen; die Bedingungen für den Fuß- und Fahrradverkehr sowie die Aufenthaltsqualität im Reuterkiez insgesamt verbessern“, heißt es vollmundig auf der Internetseite des Bezirksamtes Neukölln.
Mit dem Aufstellen der „mobilen Filter“ (die amtliche Umschreibung für Poller) könne man im Reuterkiez vieles erreichen. „Nervender Verkehrslärm und gesundheitsschädliche Luftverschmutzung sollen in der Folge zurückgehen. Wer im Kiez wohnt und auf ein Auto angewiesen ist, profitiert auch von der Verringerung des Durchgangsverkehrs. Das gilt ebenso für den Lieferverkehr. Es gibt weniger Stau und weniger brenzlige Situationen“, so das Bezirksamt.
Im November 2023 schuf das Bezirksamt im Rahmen dieses Verkehrskonzepts nun mehrere Einbahnstraßen und stellte an verschiedenen Stellen Poller auf, um die Verkehrsdurchfahrt zu beschränken. Das sorgte in den Augen so mancher Anwohner nicht für eine Verbesserung des Verkehrsklimas im Kiez.
Es gab richtig Knatsch. Und die Sache flammte auf, als im Februar an der Weserstraße eine Wohnung brannte. Es gab drei Verletzte, die mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus kamen.
Poller im Reuterkiez: Bezirksamt soll Sperrungen aufheben
Dazu gab es Aussagen von Augenzeugen, die berichteten, dass Feuerwehrfahrzeuge bei der Anfahrt zum Brandort an den Pollern an der Kreuzung Weichselstraße und Weserstraße scheiterten. Dies konnte allerdings nicht von der Berliner Feuerwehr bestätigt werden.
Gegen den Poller-Wahnsinn des Bezirksamts im Reuterkiez zogen nun zwei Anwohner und ein Autofahrer vor das Verwaltungsgericht Berlin. Mit ihrem Eilantrag wollen sie die Maßnahmen am liebsten rückgängig machen. Denn nach ihrer Meinung geht vom Durchgangsverkehr keine erhöhte Gefahr aus.
Weiter erklärten die Antragsteller: Die Unfallschwerpunkte lägen in den Hauptstraßen. Auch eine besondere Belastung der Wohnbevölkerung durch Lärm und Abgase liege nicht vor.
Nun, das Verwaltungsgericht sieht die Sache etwas anders. Die 11. Kammer wies den Eilantrag der Antragsteller zurück. Das Bezirksamt habe die Maßnahmen treffen dürfen, um die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zu gewährleisten, heißt es in der Begründung.
Gericht erklärt: Poller im Reuterkiez sorgen für mehr Sicherheit
Die im Rechtsstreit vom Bezirksamt vorgelegten Daten würden zeigen, dass der Reuterkiez ein Wohngebiet mit hohem Verkehrsaufkommen, hoher Fahrraddichte und hohen Unfallzahlen sei. In der Vergangenheit sei es vielfach zu Verkehrsunfällen mit Personenschäden gekommen.
Die 11. Kammer räumt in dem Beschluss (AZ. VG 11 L 792/24) ein, dass der Durchgangsverkehr als solcher nicht gefährlicher als sonstiger Verkehr sei. Aber mit der Beschränkung, etwa durch Poller, werde das Verkehrsaufkommen insgesamt verringert.
Das Gericht glaubt, dass damit eine Reduzierung der Unfallhäufigkeit sowie des Verkehrslärms zu erwarten ist. Bei der Auswahl der Mittel, mit denen der Verkehr bestmöglich beruhigt werden könne, stehe dem Bezirk ein Einschätzungsspielraum zu.