Der Handel in Deutschland stöhnt. Nicht über zu wenig Umsatz, auch nicht über zu wenig Kundschaft. Es sind Klaubanden, die den Läden Kopfzerbrechen bereiten. In Zeiten klammer Kassen und steigender Preise werden Kaffee, Kosmetik und Edel-Klamotten zur begehrten Beute. Ein pensionierter Ermittler erzählt, warum es zurzeit so schwer ist, den Banden das Handwerk zu legen. Auch die Politik sei schuld daran.
Kommen Ladendiebe wirklich ungestraft davon, weil es aus politischen Gründen nicht anders gewollt ist? Und das, obwohl Polizei und Justiz angeblich in großem Stil gegen die meist organisierten Langfinger kämpfen. Immerhin geht der jährliche Schaden in die Milliarden. Die Berliner Zeitung sprach mit einem früheren Polizisten, der aus dem Nähkästchen plaudert. Was er erzählt, dürfte viele KURIER-Leser beunruhigen.
Der Mann heißt Gunnar M. (Name geändert) und kämpft seit Jahren unermüdlich gegen die dreisten Diebe. So habe er Excel-Listen mit Täternamen angefertigt, Videodateien akribisch abgelegt und E-Mails an seine Vorgesetzten verfasst, schreibt die Berliner Zeitung.
Etliche Diebe habe er auf den Bildern identifiziert, doch es seien immer wieder neue hinzugekommen. Der Ermittler im Ruhestand erzählt von einer regelrechten „Machtlosigkeit der Polizei“.
Viele Ladendiebe haben Chefs auf dem Balkan
Interessant ist, wo die Diebesbanden herkommen. Viele haben Chefs, die auf dem Balkan, in Südosteuropa oder in Georgien sitzen und von dort die „Raubzüge“ organisieren. Laut Berliner Zeitung führen nach den Deutschen „Menschen aus Ländern wie Polen, Rumänien, der Republik Moldau, Georgien, der Ukraine, Serbien und Bulgarien die Diebstahlstatistik an“. Erschwerend hinzu kommt, dass von etlichen Tatverdächtigen die Staatsangehörigkeit nicht ermittelt werden kann.

Aber das ist nicht der eigentliche Grund, warum man die Banden nicht zur Strecke bringt. Die Strafverfolger könnten mit einfachen Mitteln gegen die Taten vorgehen, doch: „Es ist nicht gewollt. Es ist aus politischen Gründen nicht gewollt. Wir sind in sensiblen Bereichen“, behauptet Gunnar M. in der Berliner Zeitung. Belege dafür gibt es nicht.
Und irgendwie klingt es natürlich auch komisch. Denn wer in der Politik würde sich trauen, eine derartige Anweisung an die Strafverfolgungsbehörden zu geben? Die AfD vielleicht, aber die regiert nicht.

Das zentrale Problem, so Gunnar M., sei die Strafverfolgungskette. Erst gebe es eine Anzeige bei der Polizei, eventuell sogar mit Videomaterial, dann geht die Anzeige – wenn es sich um mutmaßlichen Bandendiebstahl handelt – zum Landeskriminalamt, und werden die Täter identifiziert, wandert die Akte zur Amtsanwaltschaft.
Ladendiebe aus dem Ausland nur Teil des Problems
„Am Ende dieses langwierigen Prozesses ist die Staatsanwaltschaft dafür zuständig, das Strafverfahren erneut zu prüfen und über Maßnahmen wie den Erlass eines Straf- oder Haftbefehls, die Erhebung einer Anklage oder die Einstellung des Verfahrens zu entscheiden“, heißt es in der Berliner Zeitung dazu.
Aber eigentlich sind Langfingerbanden aus dem Ausland nur ein Teil des Problems, wie eine Studie des EHI Retail Institute ergab. Einen erheblichen Anteil an den Diebstählen haben Mitarbeiter, Lieferanten und das Servicepersonal. Dieser Anteil der sogenannten Inventurdifferenzen in Deutschland beläuft sich auf insgesamt 4,2 Milliarden Euro (2023: 4,1 Mrd. Euro). Das sind rund elf Millionen Euro Schaden pro Tag.

Geklaut wird dabei alles, was sich gut verkaufen lässt. Häufig seien das kleine, relativ teure Artikel, die sich leicht in der Kleidung oder in mitgebrachten Behältnissen verstecken ließen, so die Berliner Zeitung. Natürlich verschwinden auch Markenkleidung und Accessoires. Das Blatt zitiert den HDE-Rechtsexperten Peter Schröder, der sagt: „Wir brauchen endlich ein konsequenteres und härteres Vorgehen, vor allem gegen gewerbsmäßigen, organisierten Diebstahl durch Banden.“
Gunnar M. kritisiert besonders Geschäfte wie Rossmann, weil sie Diebstähle hinnähmen, anstatt in Sicherheitspersonal und in Sicherungssysteme zu investieren. „Denen ist egal, ob geklaut wird.“ (CT, KM)