Eklat bei Preisverleihung

Palästina-Zoff bei den Teddy-Awards der Berlinale

Zum 38. Mal gingen sie in Berlin über die Bühne, die Teddy-Awards. Und natürlich spielte der Gaza-Krieg beim schwul-lesbischen Filmpreis eine Rolle.

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Die Berliner Musikerin Peaches freut sich bei der Verleihung der 38. Teddy Awards am Rande der Berlinale über die Auszeichnung in der Kategorie „bester Dokumentarfilm“.
Die Berliner Musikerin Peaches freut sich bei der Verleihung der 38. Teddy Awards am Rande der Berlinale über die Auszeichnung in der Kategorie „bester Dokumentarfilm“.Britta Pedersen/dpa

Rappelvolles Haus in der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Das Schrill-Publikum hat am Abend vor der Berlinale-Bärengala am Samstag richtig Bock auf die Veranstaltung. Und die Jury des schwul-lesbischen Filmpreises – hat Bock auf Krawall. Bevor die Preise verliehen werden, wird ein Gaza-Solidaritätsstatement verlesen. Natürlich gibt es Applaus und Buhrufe.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth saß im Saal, da blieb es nicht aus, dass der Abend ins politisch Groteske abglitt. Denn die grüne Politikerin ist dem queeren Publikum offenbar viel zu gemäßigt. Ihre um Ausgleich bemühten Worte bei der Eröffnungszeremonie der 74. Berlinale am 15. Februar waren der Teddy-Jury offenbar zu lasch.

Der Tagesspiegel schreibt zum Teddy-Abend in der Berliner Volksbühne: „Unbedingt äußern will sich das diesmal aus fünf queeren Filmschaffenden bestehende Komitee jedoch zur Situation in Gaza. Bevor es den ersten Preis vergibt, tritt Diego Armando Aparicio vom Cyprus LGBTQIA+ Film Festival ans Mikrofon und verliest ein Solidaritätsstatement mit den Menschen in Palästina. Die Jury sei enttäuscht von der fehlenden Positionierung der Berlinale in dieser Frage und sehe es als ihre menschliche Pflicht an, sich zu äußern.“

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (r.) zeigte sich beim Teddy-Award mit Tricia Tuttle, der künftigen Chefin der Berlinale.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (r.) zeigte sich beim Teddy-Award mit Tricia Tuttle, der künftigen Chefin der Berlinale.Britta Pedersen/dpa

Aparicio benutzte dann neben dem berühmten Maya-Angelou-Zitat, nach dem niemand frei sei, bis wir alle frei seinen, auch anti-israelische Begriffe. Zum Beispiel Apartheitsstaat und Genozid. Dann beendete er sein Statement mit den Worten „Return all hostages, free Palestine, ceasfire now“ (Rücken Sie alle Geiseln raus, befreien Sie Palästina, Waffenstillstand jetzt!).  Es gab Buhs, ein bisschen Applaus, was dem Selbstverständnis des schrill-festlichen Abends immerhin entgegenkam.

Teddy-Award für Spielfilm über zwei ältere Lesbierinnen

Preise gab es dann selbstverständlich auch. Unter anderem für eine Doku über die als Peaches auftretende Berliner  Electroclash-Performerin Merrill Beth Nisker („Fuck the Pain Away“). Das Werk „Teaches of Peaches“ von Judy Landkammer und Philipp Fussenegger zeigt die Verwandlung der heute 57-jährigen gebürtigen Kanadierin –von der Berliner Subkultur-Biene der 90er-Jahre zur international geachteten Künstlerin. Es sei an der Zeit, dass die zeitgenössische Kultur „ein schieres queeres Genie anerkennt“, ließ die Jury die Anwesenden wissen.

Bester Spielfilm beim Teddy-Award wurde „All Shall Be Well“ des Hongkonger Regisseurs Ray Yeung. Darin geht es um familiäre Probleme nach dem Tod einer älteren Lesbierin. Die überlebende Rentnerin wird von der armen Familie der Verstorbenen aus der Eigentumswohnung gedrängt. „Ältere Menschen sind eine Minderheit in der Minderheit. Innerhalb der bunten Community geht es viel zu selten um sie“, sagte Ray Yeung bei seiner Dankesrede.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth nutzte den Abend in der Volksbühne Berlin übrigens dazu, sich ausgiebig mit Tricia Tuttle zu zeigen. Diverse und queere Lebenswelten gehören ja zu den bevorzugten Themen der künftigen Berlinale-Chefin Tuttle. Am Samstagabend werden im Berlinale-Palast am Potsdamer Platz in Berlin die Silbernen und der Goldene Bär verliehen. ■