Blechtrommel-Regisseur

Oscar-Star Volker Schlöndorff: Keiner will mehr für seine Filme zahlen

Babelsberg steht leer und die deutsche Filmförderung ist am Boden. Volker Schlöndorff ist entsetzt und spielt mit dem Gedanken, ins Ausland zu gehen.

Author - Karim Mahmoud
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Volker Schlöndorff warnt: Die deutsche Filmförderung kriselt schwer.
Volker Schlöndorff warnt: Die deutsche Filmförderung kriselt schwer.Gerald Matzka/dpa

Volker Schlöndorff ist entsetzt. Wenn der Filmregisseur und Oscar-Star daran denkt, wie er in Deutschland behandelt wird, wächst ihm ein Horn. Wenn er bei der Politik anklopft, machen alle, so scheint es wenigstens zurzeit, einen großen Bogen um den Regie-Altmeister. Dabei hat Schlöndorff immer noch so wunderbare Ideen im Kopf. Und auch im Block.

Volker Schlöndorff erinnert sich mit Grausen daran, wie er gerade erst „mit zwei Projekten gescheitert“ ist. Wir sprechen hier nicht über Abfallprodukte eines produktiven Filmhirns. Einmal geht es um ein geplantes Werk über den venezianischen Komponisten Antonio Vivaldi. Das zweite Projekt ist eine geplante Verfilmung von Jenny Erpenbecks Roman „Heimsuchung“.

„Ich habe mit ihr zusammen ein sehr schönes Drehbuch geschrieben, habe tolle Schauspieler, Lars Eidinger, Martina Gedeck und andere mehr“, wird der 85-Jährige von der Deutschen Presse-Agentur zitiert. Aber: „Man bekommt keine Finanzierung zusammen.“ Und das ist nun wirklich schade. Denn dann muss Schlöndorff eben ins Ausland ausweichen, wo es deutlich günstiger ist, Filme zu drehen. Und wo die steuerlichen Vorteile überwiegen.

Dabei spielt die Geschichte, die er realisieren möchte, am Märkischen Meer in Brandenburg. Bloß: Ohne deutsche Förderung müsse er sehen, ob er den Film nicht doch besser an den masurischen Seen in Polen drehe. Schlöndorff: „Aber das ist ja absurd, weil das so ein Berlin-märkischer Film ist!“

Volker Schlöndorff schreibt Brief an Kanzler Scholz

Schlöndorff ist nicht der einzige Filmemacher, der die untergeordneten Fähigkeiten deutscher Politiker zu spüren bekommt. Mit Babelsberg steht ein komplettes Studio leer, auch weil die Filmförderung in Deutschland inzwischen mehr als unterirdisch ist. Und weitere Gründe für den Babelsberg-Notstand sind schnell gefunden.

Andere europäische Länder bieten eben große Steuervorteile und ziehen damit Dreharbeiten nach Prag, Rom oder Paris ab. „Die bieten 30 bis 40 Prozent steuerliche Vergünstigungen für die Produktionen, die dort drehen – und bei uns null“, so der Regisseur von Filmklassikern wie „Die Blechtrommel“, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“, „Tod eines Handlungsreisenden“ oder „Homo Faber“.

Bei großen Produktionen mache das Millionensummen aus, fügt Schlöndorff hinzu. „Deshalb steht Studio Babelsberg seit zwei Jahren leer. Und genauso geht es der Bavaria in München und Studio Hamburg und den Studios in Köln.“

Der Regisseur Volker Schlöndorff sitzt an seinem Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer.
Der Regisseur Volker Schlöndorff sitzt an seinem Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer.Britta Pedersen/dpa

Retten soll den deutschen Film jetzt ein neues Filmförderungsgesetz, das der Kulturausschuss im Bundestag am Mittwoch billigte. Zwar erklärte die Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten bereits „Die Filmbranche atmet auf!“. Trotzdem ist unsicher, ob das Gesetz bringt, was es verspricht.

Die Billigung des Förderungsgesetzes allein reiche nicht, glaubt Schlöndorff. Das Volumen der Filmabgabe sei zurückgegangen, unter anderem wegen der Kinokrise. „Da gibt es ein Versprechen, ich hoffe, dass sie das halten, dass sie den deutschen Förderfonds um 30 Millionen aufstocken. Das sind alles lächerliche Summen im Verhältnis zu so einem Bundeshaushalt, natürlich, aber für unsere Wirtschaft ist es überlebensnotwendig.“

Schlöndorff hat bereits einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geschrieben, aber der hat zurzeit sicher andere Sorgen.  Vielleicht kann sich ja noch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) Gehör verschaffen. Sie appellierte bereits an die Abgeordneten. Ohne Filmförderung könnten viele Produktionen ins Ausland abwandern, warnte sie im November. Eine umfassende Reform sei von existenzieller Bedeutung für den Filmstandort Deutschland. (mit dpa)