Die Türken drehen ab

Neue Runde im Döner-Beef! Jetzt ist die EU am Zug

Selbst Rostbratwurst-Mann Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, hat sich jüngst als Döner-Fan geoutet. Doch es gibt Ärger aus der Türkei. Ein Verband von dort will uns vorschreiben, wie der Döner bei uns auszusehen hat.

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Döner macht selbst Söder schöner: Rostbratwurst-Mann Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, hat sich jüngst als Döner-Fan geoutet.
Döner macht selbst Söder schöner: Rostbratwurst-Mann Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, hat sich jüngst als Döner-Fan geoutet.Peter Kneffel/dpa

Da fliegt einem doch der Spieß weg: Ein Internationaler Dönerverband mit Sitz in Istanbul hat es auf den Berliner Döner abgesehen. Sie wollen die Herstellung europaweit reglementieren und das, was wir unter einem Döner verstehen, kaputt machen (KURIER berichtete). Jetzt ist die EU am Zug. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat in dem EU-Prüfverfahren zu dem bereits 2022 eingereichten Antrag jüngst die heiße Phase begonnen.

Ein Vorstoß aus der Türkei zum Schutz von Dönerfleisch erhitzt die Gemüter, der Döner ist jetzt große Politik. Die Europäische Kommission prüft aus Deutschland kommende Einsprüche gegen eine türkische Initiative zum Schutz von Dönerfleisch als traditionelle Spezialität. Wie eine Sprecherin der Kommission sagt, geht es darum zu klären, ob die Einsprüche gegen den türkischen Vorstoß zulässig sind. 

Türkei-Initiative würde Gemüse-Döner den Garaus machen

Der Internationale Dönerverband mit Sitz in Istanbul hat schon 2022 beantragt, Döner auf die EU-Liste mit „garantiert traditionellen Spezialitäten“ aufzunehmen. Sollte dem Begehren stattgegeben werden, müssten Dönerspieße künftig in der gesamten EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden. Nicht betroffen wäre dagegen die Zubereitung von Dönergerichten. So würde etwa nicht geregelt, was für Salat und welche Soße in eine Dönertasche kommen.

Unter anderem das deutsche Landwirtschaftsministerium befürchtet dennoch negative Folgen für deutsche Produzenten und Restaurants. Es kritisiert, dass die in der Bundesrepublik übliche Verwendung von Kalb- und Jungrindfleisch sowie von Putenfleisch für die Dönerproduktion durch den türkischen Antrag ausgeschlossen würde.

So hat ein Döner auszusehen: Kross gebratenes, saftiges Fleisch mit viel Gemüse und Soße in einem Fladenbrot. Hier ein Döner aus Doyum Restaurant in der Admiralstraße.
So hat ein Döner auszusehen: Kross gebratenes, saftiges Fleisch mit viel Gemüse und Soße in einem Fladenbrot. Hier ein Döner aus Doyum Restaurant in der Admiralstraße.Jens Kalaene/dpa

Das in Deutschland so beliebte Rinder- oder Kalbshack wäre dann ebenfalls verboten oder dürfte nicht mehr Döner heißen. Segnet die EU die türkische Döner-Initiative ab, wäre das auch das Aus für den Gemüsedöner. Das heißt zum Beispiel: Der in Berlin so beliebte Imbiss „Mustafa’s Gemüse Kebap“ am Mehringdamm etwa dürfte nichts verkaufen, was Döner heißt.

Türkei will aus dem Döner ein Produkt nach Norm machen

Wie soll denn der Döner künftig aussehen?  Ohne Fleisch würde es dann nicht mehr gehen. In dem Antrag heißt es, dass Döner aus Fleisch von mindestens 16 Monate alten Rindern oder Keulen- und/oder Rückenfleisch von mindestens sechs Monate alten Schafen zu bestehen hat. Einzige Alternative wäre demnach Döner aus Hähnchenfleisch, der aus Hähnchenbrust oder Hähnchenschenkeln hergestellt werden müsste. Genau geregelt würde zum Beispiel auch, welche Zutaten für die Marinade zulässig sind, wie dick die Fleischscheiben zu sein haben und wie lange mariniert werden muss.

Wer ist gegen den Antrag? Zu den prominenten deutschen Gegnern des türkischen Vorstoßes zählt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. „Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara“, kritisiert der Grünen-Politiker. 

Neben dem Ministerium haben auch der Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung von Döner als traditionelle Spezialität eingelegt. Der Dehoga argumentiert ähnlich wie das Ministerium. Wenn dem Antrag stattgegeben würde, hätte dies gravierende Konsequenzen für gastronomische Betriebe wie Verbraucher: „Die Folgen wären notwendigerweise neue Bezeichnungen für Dönergerichte, damit verbundene Unklarheiten und Intransparenz, Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheiten.“

Was soll das? Völlig unklar ist bislang, warum der Internationale Dönerverband einen Antrag eingereicht hat, der selbst dem Verein Türkischer Dönerhersteller in Europa nicht passt. Auf Anfragen der Deutschen Presse-Agentur gab es zu dem Thema keine klare Antwort und auch aus dem Antrag selbst ist nicht ersichtlich, warum seit Jahrzehnten in Deutschland verbreitete Herstellungsmethoden künftig nicht mehr genutzt werden sollten.

Dort wird sogar darauf verwiesen, dass Döner zu einem kulturellen Symbol der türkischen Einwanderung nach Deutschland geworden sei – vor allem die Variante, bei der Döner mit Salat, Zwiebeln, Tomatenscheiben und Soße im Fladenbrot serviert wird.

Nach Angaben des Vereins Türkischer Dönerhersteller in Europa sei Döner in Berlin erstmals 1972 von dem türkischen Arbeiter Kadir Nurman hergestellt worden, heißt es in dem Antrag. „Seitdem blieben Name und Herstellungsverfahren unverändert und haben sich in Deutschland und anderen europäischen Ländern verbreitet.“

Unser Mann am Spieß: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) schneidet unter Anleitung des Berliner Gastronoms Arif Keles bei einem Empfang des Bundespräsidenten im Garten der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul Döner - nach dem Berliner Rezept von Keles.
Unser Mann am Spieß: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l) schneidet unter Anleitung des Berliner Gastronoms Arif Keles bei einem Empfang des Bundespräsidenten im Garten der historischen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Istanbul Döner - nach dem Berliner Rezept von Keles.Bernd von Jutrczenka/dpa

Wie der Streit enden könnte? Die Antragsteller rudern mittlerweile schon ein wenig zurück. Man wolle mit dem Antrag niemandem schaden, schon gar nicht dem deutschen Markt, sagt Huriye Özener, Beraterin des Internationalen Dönerverbands in der Türkei. Es gehe lediglich darum, die Tradition und die Zubereitung des Fleisches zu schützen. Und darum, dass anerkannt werde, dass der Döner aus der Türkei komme. Was zum Beispiel die Verwendung von Kalb- und Putenfleisch angehe, könne man sich an einen Tisch setzen und darüber reden. Dafür könnte schon in wenigen Wochen das Streitbeilegungsverfahren der EU-Kommission starten.

Döner-Branche macht in Deutschland 2,4 Mrd. Euro Umsatz

Warum es neben symbolischen Dingen wirklich geht? Das zeigen Zahlen auf der Website des Vereins türkischer Dönerhersteller in Europa. Er geht davon aus, dass europaweit zuletzt etwa 400 Tonnen Döner pro Tag produziert wurden und beziffert die Zahl der Beschäftigten in der Branche auf circa 60.000. Die Döner-Branche erziele in Deutschland jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro Umsatz, europaweit circa 3,5 Milliarden Euro.

Wer outet sich als Döner-Fan? In Deutschland sorgt der Döner-Streit unterdessen dafür, dass sich selbst solche Politiker als Döner-Fans outen, die normalerweise eher für regionale Spezialitäten werben. So schrieb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf X, Döner sei „definitiv unter den Top 3“ seiner Lieblingsessen. Davor kämen nur noch Rostbratwürste und Hendl. ■