Der Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden hat die Sicherheitsdebatte um Berliner Brücken neu entfacht. Während Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) beschwichtigt und betont, dass die Stadt ihre Brücken regelmäßig überprüft, schlägt ein führender Experte Alarm: Die Lage sei weitaus besorgniserregender, als es der Senat darstellt.
Die Carolabrücke in Dresden stürzte teilweise ein – und das ohne Vorwarnung und ohne Verkehrsbelastung. Ein Schock für viele, doch die Berliner Verkehrssenatorin sieht keinen Grund zur Panik. Bonde erklärte, dass die 835 Brücken, für die das Land Berlin verantwortlich ist, regelmäßig unter die Lupe genommen werden. Dreimal pro Jahr würden sie begangen, alle drei Jahre stünden Regeluntersuchungen an, und alle sechs Jahre erfolge eine Hauptprüfung.
Diese Maßnahmen seien strikt nach den deutschen DIN-Normen geregelt. Während die einfachen Begehungen von der Senatsverwaltung selbst durchgeführt werden, werde für die intensiveren Prüfungen externer Sachverstand hinzugezogen.
Land Berlin ist für 835 Brücken verantwortlich
Bonde betont, dass diese Routineuntersuchungen ausreichen, um die Sicherheit der Berliner Brücken zu gewährleisten. Eine intensivere Prüfung sieht sie daher nicht als notwendig an, auch nicht angesichts der jüngsten Ereignisse in Dresden. Doch es gibt Kritik an dieser Haltung, und die kommt aus berufenem Munde.
Christian Müller, Vorstandsmitglied der Berliner Baukammer und Berater der Verkehrsverwaltung in Fragen der Brückenstabilität, erhebt im RBB schwere Vorwürfe. Er stellt klar, dass in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zu wenig in die Instandhaltung der Berliner Brücken investiert wurde. Er verweist auf den alarmierenden Zustand vieler Bauwerke, die mittlerweile stark sanierungsbedürftig seien. Laut Müller haben sich in Berlin genau jene Spannbetonbrücken angesammelt, die jetzt dringend untersucht und engmaschig gewartet werden müssten.
Die Aussagen von Müller im RBB sind ein Weckruf: „Das Problem ist einfach: Wir haben in den letzten 20 Jahren für die Instandhaltung nicht genug Geld ausgegeben, das heißt, Kapazitäten, Personal und Baukosten und so weiter nicht ausreichend bereitgestellt.“ Das Eis werde irgendwann dünn. „Und dann kann es eben zu solchen Zusammenbrüchen kommen, die nicht geplant sind, nicht schön sind. Wir haben da einen Nachholbedarf, dringend.“
75 Prozent der Brücken in Berliner Verantwortung in schlechtem Zustand
Die Berliner Bauverwaltung hatte bereits im Februar selbst eingeräumt, dass ein erheblicher Investitionsstau bei den Brücken besteht. Damals wurde der Sanierungsbedarf auf mehr als eine Milliarde Euro beziffert. Zudem gab die Verwaltung zu, dass 75 Prozent der Brücken in Berliner Verantwortung in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand seien.

Angesichts der alarmierenden Zahlen und des katastrophalen Zustands vieler Brücken gibt sich Verkehrssenatorin Bonde trotzdem optimistisch. Sie betont, dass Berlin trotz der aktuell angespannten Haushaltslage weiter in die Sicherheit der Brücken investieren werde. Das notwendige Geld sei vorhanden und werde gesichert bleiben, so Bonde.
Kritiker fragen sich allerdings, ob diese Ankündigungen angesichts der bisherigen Versäumnisse ausreichen werden. Viele Bürger blicken mit Sorge auf die Berliner Brücken und fragen sich, ob ein Unglück wie das in Dresden auch in der Hauptstadt nur eine Frage der Zeit ist. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Berlin die Kurve noch kriegt oder ob die Warnungen der Experten am Ende doch wahr werden. ■