Zu keiner anderen Zeit im Jahr ist es so heimelig im Erzgebirge wie in der Vorweihnachtszeit. Wenn der Advent über die Region hereinbricht, sieht man sie überall: Die Pyramiden, die Bergmänner und die Lichter, die jedes Jahr tausende Besucher anlocken. Auch unter Tage wird es bei Kerzenschein und Tannenschmuck so richtig besinnlich.
Schon seit Wochen läuft die Produktion von Nussknackern und Co. im Erzgebirge auf Hochtouren, jetzt in der Winterzeit sollen die Holzschätze auf den Märkten an den Mann und die Frau gebracht werden.

Trotz US-Zöllen und allgemein schlechter Wirtschaftslage setzt das Kunsthandwerk im Erzgebirge eigentlich auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. „Wir sind mittendrin, die Saison ist gut gestartet“, sagt Frederic Günther, Chef des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller. Mit dem Start der Weihnachtsmärkte würden die Verkäufe noch einmal kräftig anziehen, ebenso in Online-Shops und Fachgeschäften.
Weihnachten gibt es etwas für das Herz
Auch wenn die Wirtschaftslage mau ist und die Arbeitslosigkeit steigt, habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich die Menschen zu Weihnachten etwas gönnen, erklärt Günther. „Man braucht etwas fürs Herz.“
Gerade in schwierigen Zeiten würden sich viele auf Tradition besinnen und Dinge wertschätzen, die bleiben. Dazu gehöre das erzgebirgische Kunsthandwerk, das seit diesem Frühjahr zum immateriellen Kulturerbe zählt.

Doch günstig sind Räuchermänner, Schwibbögen, Nussknacker und Co. seit jeher nicht, echtes Handwerk hat eben seinen Preis. Alljährlich gebe es zudem Preissteigerungen von 3 bis 5 Prozent, sagt der Verbandschef.
Kommendes Jahr rechnet Frederic Günther nun mit einem stärkeren Anstieg um rund 10 Prozent. Grund dafür sei der höhere Mindestlohn, der sich dann flächendeckend auf die Löhne innerhalb der Branche auswirkt – und wegen des hohen Anteils an Handarbeit auch auf die Preise, so Günther zum KURIER.
Der Mindestlohn in Sachsen wird, wie in ganz Deutschland, schrittweise angehoben. Ab dem 1. Januar 2026 steigt er auf 13,90 Euro und ab dem 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde. Schon im Januar 2025 war der Mindestlohn auf 12,82 Euro angehoben worden, davor lag er bei 12,41 Euro.

Durch die vergleichsweise niedrigeren Löhne in Sachsen profitiert eine hohe Anzahl von Beschäftigten direkt von der Anhebung, schätzungsweise rund 359.000 Personen zum 1. Januar 2026. Zwar sind in den Erzgebirgischen Werkstätten nicht überproportional viele Menschen zum Mindestlohn angestellt, die Erhöhung wirke sich aber generell auch auf andere gezahlte Löhne aus, so Günther.
Hersteller müssten zehn Prozent aufschlagen
„Wenn man das kompensieren wollen, müssten Hersteller 10 bis 15 Prozent auf ihre Preise aufschlagen“, so Günther. Ob die Erzgebirgs-Hersteller das auch tatsächlich tun, wird sich im Februar auf den Messen zeigen. Einer der großen Hersteller, so Günther zum KURIER, habe bisher nur eine moderate Erhöhung der Preise um vier Prozent vorgenommen.

Die Kalkulation der Preise ist ein Drahtseilakt. Man will die Kunden nicht verprellen, aber das Handwerk muss auch wirtschaftlich bleiben. Wenn ein etwa 30 Zentimeter hoher Nussknacker um die 150 Euro kostet, wären es nach einer Steigerung um 10 Prozent schon stolze 165 Euro.
Krieg und Sanktionen machen Holz für Schwibbogen teuer
Mag das Erzgebirge noch so weit ab vom Schuss und idyllisch gelegen sein, internationale Entwicklungen und Krisen machen auch vor dem Kunsthandwerk dort nicht Halt. Nach wie vor sei Birkensperrholz knapp und teuer, erläutert Verbandschef Günther. Hintergrund ist der Krieg in der Ukraine und die deswegen verhängten Sanktionen gegen Russland und Belarus.
Die Lage habe sich eher verschärft, denn anfangs habe es noch Lagerbestände bei Händlern gegeben, so Günther. Das Sperrholz wird vor allem für Schwibbögen gebraucht.
Preise für einen Nussknacker aus dem Erzgebirge
Anhand des Beispiels eines Nussknackers aus dem Hause Füchtner lässt sich die Preisentwicklung der letzten Jahre ablesen. Füchtner-Nussknacker gelten als die „Urtypen“ der erzgebirgischen Nussknacker und werden bis heute in Handarbeit gefertigt. In der Standardgröße (ca. 28–32 cm) lagen die Preise im Jahr 2022 zwischen 120 und 140 Euro.
2023 stiegen die Preise, weil auch die Holzpreise hochgingen, auf 150 bis 170 Euro. Weitere Kostensteigerungen bei Energie und Material führten 2024 zu Preisen von 180 bis 200 Euro. Aktuell liegen die Preise für gängige Modelle bei 200 bis 230 Euro, größere oder limitierte Figuren können auch noch deutlich darüber liegen.
Weniger Vielfalt im Sortiment
Problematisch werden die Steigerungen in den Ausgaben für die Sortimentsvielfalt, erklärt Verbandschef Günther: Einige kleinere Produkte können schon bald gar nicht mehr wirtschaftlich in Handarbeit hergestellt werden, sagt er. Baumbehang oder kleine Engel etwa, die 20 Euro kosteten, dürften sich für 25 bis 30 Euro als Ladenhüter erweisen. „Besonders detailreiche Figuren sind dann nicht mehr marktfähig“, so Frederic Günther.
Die Hersteller haben mit weiteren Maßnahmen auf die Einführung des Mindestlohns reagiert. So seien in Betrieben etwa bereits Stundenkontingente bei gleichem Lohn verringert worden. Auch versuche man, im Design Kosten zu sparen.



