
Die Berliner Feuerwehr warnt vor einer Giftwolke über Berlin. Vor allem der Süden der Stadt bis Potsdam sei betroffen. Der Warndienst NINA löste über Handys Alarm aus. Grund ist ein Großfeuer in Lichterfelde in der Straße Am Stichkanal. Dort brannte seit dem Vormittag eine Metallverarbeitungsfabrik. Verletzte gab es nicht, so ein Sprecher der Feuerwehr. Ein Feuerwehrmann hatte wegen der Hitze Kreislaufprobleme bekommen. Die Brandursache war zunächst unklar. Über dem Brandort waren riesige Qualmwolken zu sehen. Die Löscharbeiten dauern noch am Samstagmorgen an.
Brand in Berlin. Angeblich ist das Unternehmen Diehl betroffen, das unter anderem sich an der Produktion von Rüstung beteiligt. Russische Medien haben den Brand bereits aufgegriffen. Video: Feuerwehrkreise. Mehr Info unter https://t.co/HShYV4r2TB pic.twitter.com/iPZAfsEbiu
— Tomasz Kurianowicz (@tomasz_kurian) May 3, 2024
Am Freitagvormittag war in dem Gebäude der Brand ausgebrochen. Ein Technikraum im 1. Obergeschoss eines Fabrikgebäudes brannte „in voller Ausdehnung“, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Später hieß es von Adrian Wentzel, dem Sprecher der Berliner Feuerwehr am Brandort gegenüber der B.Z.: „Das Gebäude brennt jetzt komplett durch auf vier Etagen. Ein Teil des Gebäudes ist bereits eingestürzt. Wir löschen nur von außen. Von innen ist der Brand nicht mehr unter Kontrolle zu bringen.“
Feuerwehr vermutete Blausäure-Bildung
In der Halle seien Kupfercyanid und Schwefelsäure gelagert gewesen, und während des Brands habe sich womöglich Blausäure gebildet, sagte ein Feuerwehrsprecher. Gesundheitsgefährdende Stoffe seien aber nur in unmittelbarer Nähe des Brandorts in der Luft entdeckt worden - nicht in der Rauchwolke, die in Richtung Norden zog.
Die Berliner Feuerwehr war mit 223 Einsatzkräften vor Ort und alarmierte zusätzlich die Flughafenfeuerwehr sowie die Werksfeuerwehr des Bayer-Konzerns mit Fachkräften für Chemikalien. Bis zum Abend war der Brand nicht unter Kontrolle. Die Löschmaßnahmen zeigten aber Wirkung und die Rauchentwicklung habe stark abgenommen, hieß es am Nachmittag von der Feuerwehr. Ein Sprecher ging davon aus, dass das Feuer nicht vor Samstagmorgen gelöscht werden könne. Die Einsatzkräfte versuchten, mit einer Drehleiter von außen zu löschen, da Trümmerteile den Weg zu den Glutnestern versperrten. Teile der Halle sind eingestürzt. In der Firma für Metalltechnik sind Chemikalien gelagert.


Im Berliner Werk werden keine Rüstungsgüter produziert
Die Firma Diehl Metall, zu der das Werk gehört, erklärte auf Anfrage, nach ihren Erkenntnissen sei keine gesundheitsgefährdende Belastung gemessen worden. Die genannten Chemikalien seien nur in geringen Mengen im Werk vorgehalten worden, sagte Sprecher Michael Nitz. Nach seinen Angaben handelt es sich um einen Galvanik-Betrieb, der unter anderem Autoteile herstellt. Die Diehl-Gruppe ist ein großer Rüstungskonzern, der auch Waffen für die Ukraine liefert. In Medien und sozialen Netzwerken löste das Spekulationen aus. Nitz sagte jedoch, im Berliner Werk seien keine Rüstungsgüter produziert worden.
Straßen wurden gesperrt
Umliegende Geschäfte wurden nach dem Ausbruch des Brandes geschlossen, ein Supermarkt, ein Baumarkt und ein Möbelhaus mussten geräumt werden. Wie die Verkehrsinformationszentrale (VIZ) Berlin mitteilte, ist der Straßenzug Beeskowdamm/Goerzallee zwischen Wupperstraße und Wismarer Straße in beiden Richtungen gesperrt. Auch der BVG-Busverkehr ist davon betroffen. Die Buslinie 258 wird umgeleitet: in Richtung S- und U-Bahnhof Rathaus Steglitz zwischen Wupperstraße und Appenzeller Straße und in Richtung Waldfriedhof Dahlem zwischen Engadiner Weg und Wupperstraße.

Giftwolke über Berlin
Über die Katastrophen-App Nina wurden die Berliner gewarnt: Auch wenn keine Rauchwolken zu sehen seien, solle man achtsam sein. Die Brandgase ziehen von der Brandstelle in Lichterfelde nach Norden.
Die App beschreibt einen Korridor, in dem sich die Rauchgase verteilen können: vom Südwesten Berlins bis nach Hennigsdorf im Norden. Erwartet wurde, dass die Rauchwolke über Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Spandau, Tegel und auch den Westen Reinickendorfs über Berlin hinwegzieht. Bürger sollten Fenster und Türen geschlossen halten.
„Für die, die in Zentrum Berlin wohnen, gibt es momentan keine Gefahr nach den aktuellen Messungen. Aber da der Brand nicht unter Kontrolle ist, bleibt die Warnung bestehen,“ sagt Adrian Wentzel, Pressesprecher der Berliner Feuerwehr dem KURIER.
Update #Großbrand #Lichterfelde #Rauch zieht Richtung Norden und es wurde eine #Warnung herausgegeben.
— Berliner Feuerwehr (@Berliner_Fw) May 3, 2024
⚠️Verhaltenshinweise bei #Brandgeruch im Gebiet der Warnkarte⚠️:
-Fenster und Türen geschlossen halten
-Klimaanlagen ausschalten
-meiden sie verrauchte Bereiche pic.twitter.com/KMdV9fuDL9
Schüler und Lehrer aus Schulen in der Nähe wurden nach Hause geschickt, berichtet Bild. In einer Mail an die Eltern schrieb demnach ein Gymnasium: „Die Schüler:innen wurden darüber informiert, dass sie auf dem schnellsten Wege nach Hause gehen sollen. Das Abitur wird bei geschlossenen Fenstern fortgeführt.“
In der Diehl-Metal Application GmbH, wo es den Brand gibt, betreibt die Firma eine eigene Galvanik-Anlage zum Veredeln von Metalloberflächen. Die Fabrik ist eine Tochterfirma der in Nürnberg ansässigen deutschen Unternehmensgruppe Diehl. Diese ist mit Tochterfirmen auch in der Rüstungsindustrie tätig. Etwa die Diehl Defence GmbH, die auf dem Gelände in Lichterfelde eine Niederlassung haben soll, berichtet die Berliner Zeitung.

Brennende Metallfabrik in Lichterfelde: „Hier wurden keine Waffen hergestellt“
Laut Medienberichten soll die Diehl Defence GmbH mit Zustimmung des Deutschen Bundestags drei Raketen-Flugabwehrsysteme des Modells „IRIS-T“ an die Ukraine geliefert haben - eines der modernsten Abwehrsysteme der Welt. Ob damit ein Zusammenhang mit dem Feuer im Berliner Werk besteht, sei unklar.
„Hier vor Ort werden keine Waffen hergestellt, aber der Konzern selber hat eine Sparte für Rüstungsindustrie, aber nicht hier, wo es gerade brennt“, sagte Feuerwehrsprecher Adrian Wentzel dem KURIER. „Hier werden Metallteile hergestellt, vor allem für KFZ-Zulieferer.“
Laut eines Polizei-Sprechers gibt es derzeit keine Erkenntnisse für einen Brandanschlag, schreibt die Berliner Morgenpost. Zu einer möglichen Brandursache gibt es derzeit noch keine Angaben.
„Wir bereiten auf einen längeren Einsatz vor. Der wahrscheinlich andauern wird bis in die Morgenstunden“, sagt Adrian Wentzel, Pressesprecher der Berliner Feuerwehr, dem KURIER. ■
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