Verkehr

Mehr Stau, mehr Ruhe: Die neue A100 bringt Chaos – und Entlastung

Vor der Elsenbrücke in Treptow schleicht der Verkehr mit Tempo 5 voran, in Plänterwald nimmt er ab. Zahlen des Navi-Anbieters TomTom zeigen, wie sich das Durchschnittstempo rund um die Autobahn entwickelt hat.

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Erste Autos fahren, begleitet von Fahrzeugen der Autobahn GmbH, aus Richtung Sonnenallee kommend auf dem neu eröffneten 16. Abschnitt der Stadtautobahn A100.
Erste Autos fahren, begleitet von Fahrzeugen der Autobahn GmbH, aus Richtung Sonnenallee kommend auf dem neu eröffneten 16. Abschnitt der Stadtautobahn A100.Soeren Stache/dpa

Seit dem 27. August rollt der Verkehr über das neue Teilstück der A100. 3,2 Kilometer verbindet der Stadtring nun zusätzlich – vom Dreieck Neukölln bis zur Straße Am Treptower Park. Kaum eröffnet, sorgt die 721-Millionen-Euro-Strecke für Diskussionen: War das Geld gut investiert oder verschärft der Ausbau die Lage nur?

Erste Zahlen deuten darauf hin: Beides stimmt. Das geht aus frischen Verkehrsdaten des Navi-Anbieters TomTom hervor, die dem Berliner KURIER vorliegen. Die Analyse vergleicht die Zeiträume 21. bis 25. August – vor Freigabe – und 28. August bis 1. September – nach Freigabe, jeweils zwischen 6 und 21 Uhr.

Treptow droht im Stau zu versinken

Am Nordende der Autobahn hat sich die angespannte Situation erwartungsgemäß verschlimmert. Vor der provisorischen Elsenbrücke stauen sich die Fahrzeuge länger als zuvor. Besonders dramatisch zeigt sich das auf der Elsenstraße zwischen Am Treptower Park und Spree: Dort fiel die Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,9 auf nur noch 5,1 Kilometer pro Stunde. Fahrten, die vorher knapp zwei Minuten dauerten, ziehen sich nun fast sechs Minuten hin.

Auch die Puschkinallee spürt die Folgen. Auf dem Abschnitt bis zur Elsenstraße sank das Tempo von rund 40 auf 32 Kilometer in der Stunde. Vor dem S-Bahnhof Treptower Park sind statt 13 nur noch neun Kilometer pro Stunde drin. Und auch Richtung Kreuzberg stockt es stärker: Zwischen Elsen- und Eichenstraße ging es von 17,3 auf knapp 16 Kilometer pro Stunde runter. Selbst auf der Oberbaumbrücke nach Friedrichshain wirkt sich die neue Situation aus – dort fielen die Werte von Tempo 16 auf 12,3.

Es gibt auch Gewinner


Andererseits sorgt die Autobahn durchaus für Entlastung. Deutlich wird das am Dammweg zwischen Neukölln und Plänterwald. Hier stieg das Durchschnittstempo von 16 auf 25 Kilometer pro Stunde. „Die durchschnittliche Geschwindigkeit auf diesem Teilstück ist um fast zehn Kilometer pro Stunde gestiegen“, berichtet TomTom-Sprecher Tobias Kuderna. Für Planer ein Signal, dass tatsächlich Verkehr von den Wohnstraßen auf die neue Trasse abwandert.

Zoff in der Politik

Die widersprüchliche Bilanz heizt den Streit um den Sinn des Projekts weiter an. Während Kritiker vor einer Dauerstausituation in Treptow warnen, sehen Befürworter Entlastungseffekte in Wohngebieten bestätigt.

Grüne und Linke fordern deshalb, die A100 zwischen Neukölln und Treptow wieder stillzulegen – bis die Elsenbrücke Ende des Jahres mit neuem Überbau mehr Kapazität bekommt. Am Mittwoch stellte sich auch SPD-Verkehrsexperte Tino Schopf hinter diese Linie: „Der neue Teilabschnitt muss gesperrt werden, bis ein schlüssiges Verkehrskonzept vorliegt. Andernfalls bricht sich dieses Chaos weiter Bahn – auch wenn diese Erkenntnis offensichtlich bisher nicht in der Verkehrsverwaltung angekommen ist“, sagte er.

TomTom weist darauf hin, dass die Auswertung nur eine Momentaufnahme darstellt. Die Daten stammen aus Navigationsgeräten und Smartphones mit TomTom-Technik – von Privatfahrern wie auch von gewerblichen Flotten. „Niemand fährt freiwillig Tempo 10“, erklärt Kuderna. Erste Trends seien aber unübersehbar.