Berlin bastelt sich gerade das wohl härteste Polizeigesetz der Republik. CDU und SPD wollen die Einsatzkräfte mit einem ganzen Arsenal neuer Befugnisse ausrüsten – Kritiker sprechen von einem Angriff auf Bürgerrechte. Seit Monaten brütet das Abgeordnetenhaus über einer XXL-Reform des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG). Dazu kommt die Neuauflage des Gesetzes über unmittelbaren Zwang (UZwG). Kurz: Was dürfen die Beamten – und wo ist Schluss? Die Koalition sagt: Schluss ist noch lange nicht.
Innenpolitiker Burkard Dregger (CDU) sieht Berlin im Rückstand. „Unsere Verpflichtung ist es, die rechtlichen Befugnisse der Polizei an die Bedrohungslage anzupassen.“ Für ihn ist klar: Berlin hinkt hinterher. Beispiel Alexanderplatz: Kameras gibt’s, aber die filmen nur die Wache selbst – nicht den Platz, wo es knallt. „Es ist höchste Zeit, dass das korrigiert wird.“
Auch beim Abhören soll die Polizei aufrüsten. Bislang konnte nur das Festnetz angezapft werden. WhatsApp oder Telegram blieben tabu. „Es ist auch völlig unerklärlich, darum Berlin als einziges Bundesland glaubte, es reiche nur Festnetz-Anschlüsse zu überwachen“, so Dregger.
Was auf die Hauptstadt zukommt
Die Reform liest sich wie ein Polizei-Wunschzettel:
Video überall: Alexanderplatz, Görlitzer Park und andere „Hotspots“ sollen mit Kameras ausgeleuchtet werden.
Quellen-TKÜ: Endlich darf die Polizei mitlesen, noch bevor Nachrichten verschlüsselt werden.
Rettungsschuss: Bisher war das Töten eines Geiselnehmers nur über den Umweg „Nothilfe“ möglich. Nun soll der finale Schuss ins Gesetz.
Daten, Daten, Daten: Zugriff auf Funkzellen, Standortabfragen, Nutzerdaten. Alles leichter, alles schneller.
KI-Einsatz: Computer sollen bald erkennen, wenn sich Leute prügeln oder am Boden liegen. Biometrische Abgleiche inklusive.
Drohnen: Erstmals ausdrücklich erlaubt – zur Lageübersicht und zur Abwehr gegnerischer Drohnen.
BVG-Kameras: Videos aus U-Bahnen bleiben nicht nur zwei, sondern drei Tage gespeichert.
Notrufsäulen mit Kamera: Erste Pilotprojekte starten am Kurfürstenkiez.
Fußfessel: Für islamistische Gefährder oder Schläger in Beziehungen – bei Annäherung gibt’s Alarm aufs Handy der Opfer.
Härtere Wegweisungen: Gewalttäter können bis zu 28 Tage aus der Wohnung verbannt werden.
Dazu ein ausdrückliches Verbot von Racial Profiling – sehr zum Ärger der AfD.

Lob und Kritik
Dregger schwärmt von SPD-Innensenatorin Iris Spranger: „Es war ein toller Prozess und hat gut funktioniert.“ Sie selbst sagt: „Berlin holt auf.“
Die Opposition sieht schwarz. Vasili Franco (Grüne) nennt die Überwachung „Symbolpolitik“: „Es bringt wenig, Crack-Konsumenten im Görli mit Kameras zu filmen.“ Anne Helm (Linke) spricht vom Weg „vom liberalsten zum repressivsten Polizeigesetz“. Bürgerrechte würden massiv beschnitten, autoritäre Kräfte gestärkt.
Die AfD hingegen will noch mehr Härte. Marc Vallendar: Das Verbot von Racial Profiling sei überflüssig, Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchungen dagegen „unverzichtbar“.