Konsum oder Konsum, je nachdem wo sie herkommen, betonen Menschen das Wort auf einer anderen Silbe. Das Konsumieren von Gütern des täglichen Bedarfs jedenfalls war in der DDR nicht nur im Konsum Warenhaus am Alex möglich. Und auch sonst weist die „Ökonomie des Mangels“ in der DDR so einige Besonderheiten auf.
Unter dem Titel widmet sich eine neue Installation im Berliner DDR Museum der alltäglichen Schlacht an den Theken und in den Schlangen, die die begrenzt verfügbare Warenwelt der DDR produzierte. Sie macht bekannt mit Bückware, Mangelware, Geldüberhang und Erfindungsgeist der Bürger. Was es nicht gab, bastelte man sich eben selbst oder besorgte es sich auf Umwegen. Wenn das mal nicht cleveres Wirtschaften ist.
Ossis spenden Alltagsgegenstände aus Konsumwelt
Das Beste an der Schau: die 600 Ausstellungsstücke, die das Thema nun so anschaulich illustrieren, kommen auch von Ihnen, liebe KURIER-Leser. Wir hatten dazu aufgerufen, besonders gesuchte Exponate, die Sie noch zu Hause hatten, an das DDR-Museum weiterzugeben. Tempo Bohnen, Toilettenpapier und Bier – aus allen Ecken Deutschland kamen nach dem Aufruf die DDR-Alltagsprodukte nach Berlin. Ganze Belegschaften sammelten, oft erzählten die Spender ihre persönlichen Geschichten zu den Exponaten.
DDR-Alkoholika original verpackt
„Besonders oft bekommen wir Alkohol in unversehrten Flaschen gespendet“, sagt Ausstellungsleiter Eric Strohmeier-Wimmer. Drei bis vier Paletten habe man noch im Lager. Aber auch erstaunlich frisch aussehende Konserven im Glas, Apfel-Zwieback-Brei für Babys oder sauteurer Badezusatz der Marke Linda (15 Mark Ost) wurden zusammengetragen. „Die meisten Sachspenden kamen aus Berlin“, so Strohmeier-Wimmer.

In dem neuen, überdimensional großen Kaufhallenregal mit den Originalpreisen fallen allerdings immer wieder weiße Verpackungen und Güter auf – sie sollen den Mangel, der in der DDR in der Versorgung herrschte, symbolisieren.
In Berlin war die Versorgungslage besser
„Wenn man Zeitzeugen zur Mangelwirtschaft in der DDR befragt, bekommt man ganz unterschiedliche Aussagen“, sagt der Ausstellungsleiter bei der Eröffnung des neuen Ausstellungsteils. „Die Versorgungslage in der DDR war regional und zeitlich sehr unterschiedlich.“ Die Berliner hatten wegen der Sonderversorgungslage kaum Mangel im Alltag, es gab doch eigentlich alles, sagen sie.
In der Provinz stellte man sich schon öfter an einer Schlange an, ohne überhaupt zu wissen, was man kaufen konnte. Kaufhallen hielten bestimmte Produkte zurück, andere Waren bekamen die DDR-Bürger gar nicht erst zu Gesicht, weil sie für den Export bestimmt waren.
Die sozialistische Planwirtschaft produzierte am Bedarf vorbei, sodass nach dem Fest schonmal überzählige Weihnachtsmänner in Kantinen und Kitas verteilt werden mussten.

Der Schwarzmarkt blühte, begehrte Ersatzteile für das Auto bekam man gegen rare Delikatessen oder andere Gefälligkeiten. Eine Hand wäscht die andere eben, weiß Ausstellungsdesigner Matthias Kaminsky. Er hat die DDR-Produkte, die Erinnerungen wecken, gekonnt in Szene gesetzt.
Es sei eine Herausforderung gewesen, die Komplexität des Themas gut verständlich aufzubereiten. Dass es gelungen ist, liegt vor allem an den vielen Produkten, die mit ihren Originalpreisen in den Regalen stehen.
Was man in der DDR verdiente
Auch die Übersicht, in welchem Beruf man wie viel Lohn bekam, verdeutlicht, was man sich als Bürger der DDR im Zweifelsfall für sein Geld hätte kaufen können. So hatte etwa ein Schneiderlehrling nur 65 Mark in der Lohntüte. Ein Stasi-Hauptmann stolze 2242 Mark. Eine Verkaufsstellenleiterin erhielt 625 Mark Lohn, eine Hilfspflegerin 510 Mark. Wenn dann ein Schokoladenweihnachtsmann mit 8,30 Mark zu Buche schlägt, oder ein Badezusatz 15 Mark, dann waren das Luxusartikel.

Geld da, aber nichts, was man kaufen möchte
Zwar sorgten staatlich subventionierte Preise für günstige Mieten, Grundlebensmittel und Urlaube. Auf der anderen Seite kam es regelmäßig zu Versorgungsengpässen. Weil die Löhne ständig stiegen, die Preise aber nicht, kam es zu der absurden Situation, dass die Bürger einen sogenannten Geldüberhang hatten. Sie hatten die Knete, aber fanden nichts, wofür sie das Geld hätten ausgeben wollen.
Wahre Währung in der DDR
Und so waren Beziehungen und Erfindergeist die wahren Schätze in der DDR-Wirtschaft. Was es nicht gab, baute man sich. Wie eine Orgel Marke Eigenbau, die mithilfe einer West-Packung für Mon Chérie gebastelt wurde oder der berühmte Rasenmäher mit einem Waschmaschinenmotor.

Wenn die Mangelwirtschaft eines zeigt, dann wie anpassungsfähig und kreativ Menschen angesichts der Knappheit sind. Und wie genau sie registrieren, wenn Politik und Verwaltung sich vergeblich abstrampeln:
Das Prachtstück der Ausstellung ist und bleibt nämlich ein Mangeltagebuch. Ingeborg Lüdecke aus Dessau notierte darin fast täglich penibel, was es alles in der DDR nicht gab. Die Einträge beginnen am Montag, dem 10.10.1983. Sie enden kurz nach der Wende. Dann waren in anderer Hinsicht Improvisationsfähigkeit und Einfallsreichtum gefragt. Aber das ist eine andere Geschichte.
DDR Museum, Karl-Liebknecht-Str. 1, 10178 Berlin, Montag–Sonntag: 9–21 Uhr


