„Silvester wird laut geknallt und der Himmel wird bunt gefärbt. Schon jetzt habt ihr die Möglichkeit Jugend- bzw. Kinderfeuerwerk bei Rossmann zu kaufen“, so lautet eine aktuelle Werbung und ich drehe fast durch. Warum bitte muss Anfang Dezember schon Silvesterzeugs in den Regalen der Drogerien und Ramschmärkte stehen? Angebot schafft Nachfrage, wie man an einem Montagabend in einer Filiale in Pankow beobachten kann.
Vor einem dieser knallbunten Silvester-Regale rempeln sich dunkle Jacken und weite Hosen. Feixen Flaumbärte und picklige Wangen. Bravo, die ersten Zündler decken sich mit Knallern ein.
Genau wird studiert, welches Produkt den größten Rumms erzeugt. Wenn man drei, vier dicke Bienen oder Brummer zusammenbindet, wird’s zwar kein Polenböller, aber geschickt platziert, kann man doch Wirkungstreffer erzielen. Wunderkerzen kauft hier keiner.

Zum sogenannten Jugendfeuerwerk gehören Feuerwerkskörper der Klasse F1, die das ganze Jahr über frei gekauft und auch verwendet werden dürfen. Ab 12 Jahren kann man sie legal erwerben.
Auf dem Nachhauseweg, es dunkelt schon, werden am selben Tag zwei Viertklässlerinnen aufgeschreckt, weil direkt neben ihnen Knallfrösche und Fontänen hochgehen. Später am Abend krachen dann auch die ersten großen Böller in Einfahrten und Tunneln.
Geschäft mit Knallern ist wichtiger als Schutz
Das bereits jetzt verkäufliche Jugendfeuerwerk mag in vielen Fällen harmlos sein. Doch in Briefkästen geworfen, zwischen die Beine platziert und aus der Deckung auf Unbeteiligte geschossen, können sie viel Schaden anrichten. Unnötigen Dreck macht der Kram sowieso. Schon früh werden die kleinen Feuerwerker angefixt und wollen später vielleicht mehr?
Warum, frage ich mich, ist das gute Geschäft mit dem Feuerwerk wichtiger, als der Schutz von Mensch und Natur?
Mehrheit lehnt privates Feuerwerk ab
Trotz einer klaren Mehrheit in der Bevölkerung, die privates Feuerwerk ablehnt oder einschränken möchte, steigen die Importe weiter: Von Januar bis September 2025 wurden über 42.400 Tonnen Feuerwerkskörper nach Deutschland gebracht (Statistisches Bundesamt).
Nicht nur der NABU Berlin fordert deshalb ein konsequentes Verbot. „Der Böller-Wahnsinn nimmt jedes Jahr neue Ausmaße an“, sagt Imke Wardenburg, Naturschutzreferentin des NABU Berlin. „Andere europäische Städte machen es vor – Berlin muss endlich nachziehen. Kai Wegner muss auf die Mehrheit der Berliner hören und privates Silvesterfeuerwerk zum Schutz von Mensch und Umwelt verbieten.“
Andere Länder setzen das Böllerverbot durch
Die Böllerverbotszonen am Alexanderplatz oder an der Admiralsbrücke sind dabei leider nur Augenwischerei. Auch die Ankündigung einiger Bezirke, Böllern nur in einem sehr engen Zeitfenster zu erlauben, verpufft wie eine Fehlzündung. Strafen von bis zu 50 000 Euro sind, wenn sie nicht vollzogen werden, eine Absichtserklärung, ein Signal, nicht mehr. Das Ordnungsamt Pankow etwa hat das Knallen von Böllern – oder wie es im Amtsdeutsch heißt: „pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung“ – eingeschränkt. Es ist nur vom Silvestertag, 18 Uhr, bis Neujahr, 7 Uhr, erlaubt. Ein vollständiges Feuerwerksverbot müsste aber der Bund durchsetzen, will er aber nicht.
Und so schauen Hundebesitzer, Eltern, Katzenliebhaber, Naturfreunde, Senioren, Menschen mit gesundem Menschenverstand neidisch auf andere Länder: Sie zeigen, wie es gehen könnte. In den Niederlanden wird zum Jahreswechsel 2026/27 etwa ein landesweites Böllerverbot eingeführt und französische Städte wie Paris setzen auf zentral organisierte Feuerwerke.



