Digitaler Fortschritt sieht anders aus. Fast zehn Jahre lang arbeiteten die Berliner Verkehrsbetriebe am Auf- und Ausbau ihres „BVG Free Wifi“-Netzes. Surfen nach Fahrgast-Infos, Chatten, Streamen – alles für jedermann und für lau: Das geht nicht nur auf U-Bahnhöfen, sondern auch in vielen Fahrzeugen der BVG. Aber wohl nicht mehr lange. Denn dem Gratis-Wlan in Bussen und Straßenbahnen droht offenbar das Aus.
Stolz war die BVG, als sie vergangenes Jahr verkündete, dass 1500 Busse und knapp 400 Straßenbahnen bald komplett mit dem kostenlosen Fahrgast-Internet ausgerüstet sein werden. Das sollte spätestens 2026 der Fall sein. So teilten es BVG und die Verwaltung der Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Dennis Haustein mit. Das war Anfang 2024.
Alle 175 U-Bahnhöfe wurden mit kostenlosen Wlan ausgestattet. Auch in den Zügen sollten BVG-Kunden dann nach und nach gratis Internet empfangen – wenn die neuen Züge da sind, die mit entsprechenden Geräten (Router) ausgerüstet sind. Das wurde mit den Herstellern vereinbart. Auch das teilten Senat und BVG Anfang 2024 mit.

Seit Wochen sind die ersten neuen U-Bahnen da. Und was passiert mit dem Gratis-Wlan in den Zügen? Der KURIER fragte bei der BVG an. Und wir stellten noch weitere Fragen. Denn scheinbar ist die Zukunft des Gratis-Wlan der BVG ungewiss. Es soll abgeschaltet werden, weil es zu teuer ist. Eine Insider-Nachricht, die von einem BVG-Mitarbeiter stammt, die ihren Weg in ein öffentliches Blatt eines Nahverkehrsvereins findet.
Gratis-Wlan: Das sagt die BVG zu den Abschaltplänen
„Das Fahrgast-Wlan in den BVG-Bussen und BVG-Straßenbahnen wird aus Kostengründen wieder abgeschafft, die monatlichen Kosten für die SIM-Karten in jedem einzelnen Fahrzeug sind zu hoch“, steht in der knappen Meldung.

Stimmt es? Die Antwort der BVG: „Die BVG hat in den vergangenen Jahren verschiedene Pilot- und Ausbauprojekte zum Public Wlan umgesetzt. Diese Projekte sind abgeschlossen, und die damals eingebauten Systeme weiterhin in Betrieb. Wir beobachten das Nutzungsverhalten unserer Fahrgäste sehr genau und beziehen diese Entwicklungen in unsere Planungen ein“, sagt Sprecherin Franziska Ellrich.
BVG spricht von „möglichen Anpassungen“
Dann wird sie etwas konkreter. „Vor möglichen zukünftigen Anpassungen unseres Angebots stehen zunächst interne Prüfungen und Abstimmungen. Aussagen zu konkreten Schritten können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht treffen“, sagt die BVG-Sprecherin. Kein „Nein“ auf die Frage, ob die BVG das Gratis-Wlan aus Kostengründen abschafft. Ein Dementi liest sich jedenfalls anders.
Was die BVG für das Gratis-Wlan ausgibt? Die KURIER-Frage lassen die Berliner Verkehrsbetriebe unbeantwortet. Fakt ist: Laut dem Geschäftsbericht 2024, der Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurde, stand die BVG mit 56 Millionen Euro in den Miesen. Das Ergebnis für 2025 dürfte nicht besser aussehen.

Der Berliner Fahrgastverband Igeb nimmt die Insider-Nachricht über ein Abschalten des Gratis-Wlan bei der BVG ernst. Sprecher Christian Linow erinnert an das BVG-Versprechen, sowohl auf U-Bahnhöfen als auch in Straßenbahnen und Bussen ein kostenfreies Internet anzubieten.
„Umso mehr irritiert uns als Fahrgastverband die Nachricht, dass das Wlan in Bussen und Straßenbahnen abgeschafft werden soll, weil die Kosten für die erforderlichen SIM-Karten zu hoch sind“, sagt Linow. „Das Ganze wäre ein Stück aus dem Tollhaus und eine Steilvorlage für den Landesrechnungshof: Für viel Geld rüstet man die Fahrzeuge mit Routern aus, um sie dann nie für ein Gratis-Wlan in den Dienst zu stellen.“
Alexander Kraus, Landesvorsitzender des Bundes der Steuerzahler, würde ein Abschalten des Gratis-Wlan begrüßen. „Auf diese Idee hätte die BVG schon früher kommen können“, sagt er.
Seine Begründung: „Die Versorgung mit mobilen Datennetzen über den Mobilfunk ist praktisch überall und selbst in U-Bahn-Tunneln gegeben und steht über das EU-Roaming auch fast allen Besuchern der Stadt zur Verfügung. Zusätzliches Wlan ist ein Doppelangebot, das sich die BVG bei der aktuellen Haushaltslage gerne sparen kann.“




