Ostsee-Urlaub mit Folgen

Kind fällt von Seebrücke in Zinnowitz – Mutter fordert Zehntausende Euro

In Zinnowitz stürzt ihr zweijähriger Sohn von der Seebrücke, die Mutter aus Brandenburg springt hinterher und verletzt sich. Nun fordert sie von der Ostseegemeinde Schadenersatz und Schmerzensgeld. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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Ein Besuchermagnet an der Ostsee: Spaziergänger auf der Seebrücke von Zinnowitz. Im Sommer 2021 ereignete sich hier der tragische Unfall. 
Ein Besuchermagnet an der Ostsee: Spaziergänger auf der Seebrücke von Zinnowitz. Im Sommer 2021 ereignete sich hier der tragische Unfall. Stefan Sauer/dpa

Diesen Ostseeurlaub hatte sich die junge Mutter aus Barnim anders vorgestellt! Beim Versuch, ihre Söhne auf der Seebrücke in Zinnowitz zu fotografieren, stürzte ihr Zweijähriger aus etwa fünf Metern Höhe ab. Die Mutter sprang hinterher und verletzte sich dabei schwer. Nicht Schuld der Gemeinde sagte ein Gericht. Doch der Fall geht in die nächste Runde.

Doch von vorn: Die Seebrücke in Zinnowitz an der Ostsee ist ein Holzbau mit Geländer. Die Lücke vom Boden bis zur ersten Querleiste ist etwa 30 Zentimeter groß. Seit mehr als 30 Jahren steht die Brücke mit der Tauchgondel am Ende so im Ostseebad Zinnowitz. Täglich flanieren Besucher bis zur Spitze und lassen sich den Ostseewind um die Nase pusten. Noch nie sei ein vergleichbarer Unfall geschehen, sagt der Leiter der Zinnowitzer Kurverwaltung. An der Ostseeküste stammen mehrere Seebrücken aus der Zeit und sind ähnlich aufgebaut, auch hier kam es bisher noch nie zu so einem Unfall.

Der Unfall auf der Seebrücke in Zinnowitz

Im Sommer 2021 wollte die damals 34-jährige Frau aus Brandenburg ein Urlaubsfoto ihrer beiden Söhne, 2 und 10 Jahre alt, auf der Seebrücke machen. Der Große hockte sich hin, der Kleine wollte es ihm nachtun und fiel dabei rücklings durch das Geländer. Die Frau sprangin Panik hinterher und verletzte sich im flachen Wasser am linken Bein schwer. Die Mutter brach sich bei dem Sprung das Sprunggelenk, war längere Zeit arbeitsunfähig und erhielt zuletzt weiterhin Physiotherapie. Noch immer humpelt die Frau. Der Junge blieb zum Glück unverletzt.

Die Mutter forderte mindestens 35.000 Euro Schmerzensgeld dazu die Zahlung der medizinischen Zusatzkosten in Höhe von 2000 Euro sowie die Anerkennung der Folgeschäden von der Gemeinde Zinnowitz, weil die Seebrücke aus ihrer Sicht nicht sicher genug war. Doch das Landgericht Stralsund  wies ihre Forderung Ende September zurück. Die Klägerin aus Brandenburg hat nun eigentlich die erheblichen Kosten des Verfahrens zu tragen: Beim festgesetzten Streitwert von 40.000 Euro sind das 7400 Euro sowie die Kosten der beiden Anwälte, rechnet die Ostseezeitung vor. Doch wie bei der letzten Verhandlung angekündigt, hat der Anwalt der Brandenburgerin nun Berufung eingelegt.

Er bemängelt nach eigener Aussage verschiedene Teile des Urteils, will aber nicht ins Detail gehen. „Lassen wir mal die zweite Instanz ein Auge drauf werfen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Oberlandesgericht Rostock bestätigte den Eingang der Berufung.

Erste Instanz urteilt: Seebrücke Zinnowitz ausreichend sicher

Das Landgericht Stralsund urteilte hingegen, die Seebrücke sei ausreichend sicher. Sie müsse nicht die Erwartungen etwa an einen Spielplatz erfüllen und das Herabstürzen von Kleinkindern aus jeglicher – auch ungewöhnlicher – Position verhindern.

Die Gemeinde habe davon ausgehen können, dass Eltern Kleinkinder so im Blick hätten, dass diese nicht unbeaufsichtigt seien – auch weil die grundsätzliche Gefahr herunterzufallen erkennbar war. Die Gemeinde musste demnach nicht damit rechnen, dass Kleinkinder sich für ein Foto so vor das Geländer hockten, dass sie beim Verlust des Gleichgewichts durch die höchstens 31-Zentimeter-Lücke des Geländers fallen könnten. Auch die Mutter habe damit nicht gerechnet. Das Geländer entspreche den Bauvorschriften und schütze vor erwartbaren Gefahren, etwa wenn Menschen sich an- oder hinüberlehnten.

Die Seebrücke „Vineta“ in Zinnowitz wurde im Jahr 1993 errichtet und ist 315 Meter lang. 
Die Seebrücke „Vineta“ in Zinnowitz wurde im Jahr 1993 errichtet und ist 315 Meter lang. Stefan Sauer/dpa

Es könnte teuer für die Mutter werden

Laut Oberlandesgericht folgt nun noch eine Frist, in der die Berufung der Frau begründet werden kann. In diesem Jahr werde in dem Verfahren dementsprechend nichts mehr passieren. Danach werde sich der zuständige Senat den Fall ansehen und entscheiden, wie es weitergehe. Sollte die Mutter am Ende vor Gericht nicht gewinnen, kommen auf sie nicht nur die Gerichtskosten zu. Auch die Gemeinde könnte Tausende Euro Anwaltskosten endgültig bei ihr einfordern. ■