Verstößt ein Stadtrat gegen seine Verschwiegenheitspflicht, indem er interne E-Mails an einen Journalisten weitergibt, kann ihm die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.
Kevin Hönicke, bisher Stadtrat für Bauen in Lichtenberg, hatte seine Freistellung durch den Bürgermeister Martin Schäfer vor Gericht angefochten. Nun muss er einen erfolglosen Eilantrag hinnehmen.
Der Fall Hönicke hatte für Aufsehen gesorgt. Gegen Hönicke war Ende Oktober 2023 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses eingeleitet worden. Zunächst war jedoch über die Hintergründe der plötzlichen Freistellung des Stadtrats nichts bekannt geworden. Später wurde öffentlich: Hönicke soll einem Journalisten des Tagesspiegels im Mai 2023 anonym 20 Seiten interne E-Mails über Vorwürfe von Dienstmissbrauch und sexueller Belästigung in einem anderen Amt des Bezirks zugeschickt haben, die sich über ein Jahr zuvor ereignet haben sollen. Damit sollte offenbar der damalige Bürgermeister Lichtenbergs Michael Grunst (Linke) in Misskredit gebracht werden. Interne Ermittlungen hatten die Vorwürfe zur sexuellen Belästigung damals nicht bestätigt.
Auf die Spur des Stadtrats kam man, weil eine Briefmarke zum Versenden des anonymen Briefes über eine E-Mail-Adresse bestellt wurde, die den Namen des Antragstellers trägt und von ihm benutzt wird. Der Bezirksbürgermeister verbot dem Antragsteller daraufhin vorläufig die Ausübung seines Amts.
Hönicke musste Schlüssel und Diensttechnik abgeben. Dagegen ging er gerichtlich vor.
Auch Stadträte müssen sich an die Gesetze halten
Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts hat nun Hönickes Eilantrag zurückgewiesen. Der Bezirksbürgermeister sei in seiner Funktion als Dienstbehörde berechtigt, einem Stadtrat aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte zu verbieten. Der Umstand, dass ein Bezirksstadtrat von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt werde, ändere nichts daran, dass auch Stadträte sich an die Gesetze halten müssten.
Zwar hätte man Hönicke vor dem Ausspruch des Amtsausübungsverbots anhören müssen, so das Gericht. Dieser formale Fehler sei jedoch durch die Äußerungsmöglichkeit im gerichtlichen Verfahren geheilt worden.
Die in der Sache vorliegenden Indizien, insbesondere die Verknüpfung der Briefmarke auf dem anonymen Brief mit der E-Mail-Adresse des Antragstellers, sprächen dafür, dass der Antragsteller geheim zu haltende Interna an den Journalisten geschickt und damit seine beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht verletzt habe. Dadurch sei das Vertrauensverhältnis zum Antragsteller beschädigt.
Gegen den Beschluss des Gerichts kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Neu verteilte Geschäftsfelder in Lichtenberger Bezirksamt
Während des laufenden Verfahrens gegen Kevin Hönicke hat der Lichtenberger Bezirksbürgermeister nun die Geschäftsfelder im Bezirksamt neu verteilt.
Geschäftsbereich I: Bezirksbürgermeister mit den Bereichen Personal, Finanzen, Wirtschaft, Kultur und Sozialraumplanung (Martin Schaefer)
Geschäftsbereich II: Schule und Sport (Kevin Hönicke, in Vertretung Filiz Keküllüoğlu)
Geschäftsbereich III: Verkehr, Grünflächen, Ordnung, Umwelt und Naturschutz (Filiz Keküllüoğlu)
Geschäftsbereich IV: Bauen, Stadtentwicklung und Facility Management (Camilla Schuler)
Geschäftsbereich V: Soziales, Gesundheit und Bürgerdienste (Dr. Catrin Gocksch)
Geschäftsbereich VI: Geschäftsbereich Jugend (komm. Camilla Schuler)
In allen Ämtern stehen wichtige Entscheidungen an, daher ist eine verbindliche Ressortverantwortung nötig. Die Neuaufteilung der Geschäftsbereiche erfolgt, um die Arbeitsfähigkeit des Bezirksamtes über die temporären Vertretungsregelungen hinaus zu verstetigen und so Rechts- und Planungssicherheit in der Arbeit der Ämter zu gewährleisten, so eine Mitteilung Schäfers. ■