Sie hatten nur zwei Katzentoiletten, wenig Futter, kaum Platz, wurden ohne Tageslicht gehalten: Die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht des Bezirksamtes Reinickendorf hat am Donnerstag 31 Katzen aus einer Wohnung im Märkischen Viertel befreit. Darunter befanden sich auch sechs Welpen.
Wieder mal ein schrecklicher Fall von „Animal Hoarding“ (Tiersammelsucht). Laut Deutschem Tierschutzbund ist das eine Krankheit, bei der betroffene Menschen Tiere in einer so großen Anzahl halten, dass sie sie nicht mehr angemessen versorgen können. Sie geben ihren Schützlingen zu wenig Futter und Wasser und vernachlässigen sowohl die Hygiene, die Pflege als auch die tierärztliche Betreuung.
Im Badezimmer waren viele Katzen ohne Tageslicht eingesperrt
Genau das, was auch in der Hochhaussiedlung im Märkischen Viertel passiert ist. „Die Katzen wurden unter absolut tierschutzwidrigen Umständen gehalten“, erklärt Julia Schrod-Thiel (CDU), die zuständige Bezirksstadträtin für Ordnung, Umwelt und Verkehr. „So leiden Katzen, die sich eine Katzentoilette teilen müssen, erheblich unter solchen Bedingungen, da sie sehr reinliche Tiere mit einem hohen Bedürfnis nach Sauberkeit sind.“
Die Tiere wurden getrennt im Badezimmer und in einer geschlossenen Loggia eingepfercht. Beide Räume waren viel zu klein für eine derartige Anzahl von Katzen. Im Badezimmer gab es nicht einmal Tageslicht, sodass die Tiere keinem Tag-Nacht-Rhythmus folgen konnten. In Badezimmer und Loggia gab es jeweils nur eine Katzentoilette, die sich 18 bzw. 13 Katzen teilen mussten, zudem fehlte es an Futter- und Wassernäpfen.

„Bei einer tierschutzgerechten Haltung müssten für ein bis zwei Katzen mindestens 20 Quadratmeter frei zugängliche Fläche zur Verfügung stehen“, sagt die Stadträtin, „außerdem natürliches Tageslicht, Futter- und Wassernäpfe sowie Katzentoiletten und Rückzugsmöglichkeiten in ausreichender Anzahl.“ All das gab es in der Wohnung nicht, sodass die Tiere aufgrund des Tierschutzverstoßes beschlagnahmt wurden.
Unter den beschlagnahmten Katzen waren auch Tiere einer Qualzucht
Dazu kommt: Keines der Tiere war kastriert, sie vermehrten sich unkontrolliert auf engem Raum. Der Besitzerin wuchs die stetig steigende Anzahl der Tiere über den Kopf. Unter ihnen befanden sich auch mehrere Schottische Faltohrkatzen (Scotish Fold). Bei dieser Rasse mit nach vorn gekippten Ohren handelt es sich tierschutzrechtlich um eine Qualzucht. „Diese Anomalie geht auf genetisch bedingte Knochen- und Knorpeldefekte zurück, die sich überall im Skelett zeigen und zu massiven gesundheitlichen Problemen führen können“, so Bezirksstadträtin Schrod-Thiel.
Die Besitzerin verhielt sich aber kooperativ und half beim Einfangen der vielen Tiere. Die Katzen wurden zusammen an das Tierheim Berlin übergeben. Der Halterin droht ein Tierhalteverbot nach dem Tierschutzgesetz. Auch ein Strafverfahren ist möglich. 2019 wurde zum Beispiel eine Tierärztin vom Oberlandesgericht Zweibrücken wegen Tierquälerei durch Animal Hoarding zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung und einem befristeten Tierhalteverbot verurteilt. ■