Schutz statt Schule

Im U-Bahnhof Alexanderplatz gibt es jetzt ein Klassenzimmer

Um auf das Schicksal der Kinder in der Ukraine aufmerksam zu machen, startet Unicef eine berührende Aktion in Berlin.

Author - Stefanie Hildebrandt
Teilen
Borodianka, Ukraine, Januar 2023: Die 10-jährige Margaryta wartet lesend im Schutzraum des Kindergartens.
Borodianka, Ukraine, Januar 2023: Die 10-jährige Margaryta wartet lesend im Schutzraum des Kindergartens.Aleksey Filippov

Passanten bleiben an diesem Mittwochmorgen staunend im U-Bahnhof Alexanderplatz stehen. Im Zwischengeschoss des Bahnhofs ist ein Klassenzimmer eingerichtet worden. Das Klassenzimmer befindet sich am Übergang der Linie U2 zur U8 und es soll auf die Lage der Schulkinder in der Ukraine aufmerksam machen.

„Kindheit braucht Frieden“, steht in großen Lettern auf der Installation, die auf den Alltag in der Ukraine aufmerksam machen will.

Fast fünf Millionen Kinder betroffen

Zerstörte Schulen, Unterrichtsausfall und Luftalarm: Durch die schweren Angriffe gegen die Ukraine sind rund 4,6 Millionen Kinder dort in ihrer Bildung eingeschränkt – nahezu alle Schulkinder in der Ukraine. Seit fast vier Jahren findet für zahlreiche Kinder in der Ukraine der Unterricht in U-Bahn-Stationen und Schutzkellern statt. Für viele ist der Präsenzunterricht gar nicht möglich.

Bis zum 21. Dezember bleibt das Klassenzimmer in der U-Bahnstation Alexanderplatz.
Bis zum 21. Dezember bleibt das Klassenzimmer in der U-Bahnstation Alexanderplatz.Julia Zimmermann

Vom 17. bis 21. Dezember ist daher das Klassenzimmer zu sehen, das die Kinderhilfsorganisation Unicef Deutschland mit Unterstützung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) aufgebaut hat.

Kinder in der Ukraine leiden unter Krieg

Mehr als 3120 Kinder wurden seit Februar 2022 in der Ukraine getötet oder verletzt. Auch Schulen und Kindergärten geraten immer wieder unter Beschuss – Orte, an denen Kinder eigentlich sicher sein sollten. Allein in diesem Jahr wurden rund 340 Bildungseinrichtungen zerstört oder beschädigt – seit Februar 2022 sind es mehr als 1600.

Russland raubt Kindheit

Russland hat den Kindern in der Ukraine das Wichtigste geraubt: Eine sichere, unbeschwerte Kindheit. Jeden Tag leben sie in Unsicherheit und Angst“, sagt Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan. Gerade jetzt zum Winter verschärfe Russland den Krieg und bombardiert gezielt die Energieinfrastruktur.

Mit der gesamten Winterunterstützung des Entwicklungsministeriums werden bis zu 2,6 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in diesem Winter Wärme und Strom erhalten können.

Unterricht in der Ukraine online

In vielen Gebieten der Ukraine findet Unterricht nur online statt. Abhängig von der Versorgung mit Strom. Der fehlende direkte Austausch mit Lehrkräften und Gleichaltrigen verschärft die seelischen Belastungen des Krieges für die Kinder. In Gebieten nahe der Front weisen mehr als acht von zehn Kleinkindern Anzeichen emotionaler Belastungen und Entwicklungsverzögerungen auf, heißt es von Unicef.

Unterricht in Saporischschja während eines Luftalarms.
Unterricht in Saporischschja während eines Luftalarms.Dmytro Smoliyenko

Alltag ohne Sicherheit

Die Bedeutung von Bildung betont auch Katharina Günther-Wünsch, Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, bei der Eröffnung der Aktion: „Der Krieg raubt Kindern in der Ukraine Sicherheit, Alltag und Zukunftschancen – und trifft damit genau das, was Bildung eigentlich leisten soll. Schule ist mehr als Unterricht: Sie bedeutet Schutz, Stabilität und Hoffnung. Mit dieser Aktion wird eindrucksvoll sichtbar, unter welchen Bedingungen Kinder in der Ukraine lernen müssen. Berlin steht fest an der Seite der Ukraine – im Mitgefühl, in der Verantwortung und im konkreten Handeln. Unsere Schulen haben Tausenden ukrainischen Kindern einen Lernort und Perspektiven gegeben, unter anderem mit der Gründung der Deutsch-Ukrainischen Schule in Berlin. Diese Solidarität endet nicht an unseren Stadtgrenzen: Der Wiederaufbau von Schulen und Bildungsstrukturen in der Ukraine ist ein zentraler Baustein für Frieden und Zukunft.“

Henrik Falk, der Vorstandsvorsitzende der BVG, sagte: „Berlin weiß, was Zusammenhalt bedeutet. Wenn Kinder in der Ukraine gezwungen sind, in U-Bahn-Stationen zu lernen, dürfen wir nicht wegschauen. Gerade weil unsere U-Bahnhöfe Orte der Bewegung und Begegnung sind, berührt es uns tief, dass sie anderswo zu Schutzräumen und Klassenzimmern werden müssen. Deshalb ist es für die BVG selbstverständlich, Unicef bei dieser Aktion zu unterstützen.“

Unicef ruft dringend zu Spenden für Kinder in Kriegsgebieten wie der Ukraine auf: unicef.de/krieg