Alkohol ist die Volksdroge Nr. 1. Besonders viel wird in Ost- und Norddeutschland gesoffen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Krankenkasse Barmer. Deutschlandweit sind demnach mehr als 1,4 Millionen Menschen wegen Alkoholsucht in Behandlung. Rund eine Million oder mehr als zwei Drittel davon sind Männer, weitere knapp 420.000 sind weiblich.
Laut dem Alkoholatlas 2022 des Deutschen Krebsforschungszentrums starben in Deutschland im Jahr 2020 rund 14.200 Menschen (davon 10.600 Männer und 3.600 Frauen) an Krankheiten, die ausschließlich auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind. Seitdem hat sich nichts gebessert. Im Gegenteil. Die Zahl der Alkoholiker nimmt zu.
Schaut man auf die Deutschlandkarte der Barmer, sieht man sofort die regionalen Unterschiede. Je weiter im Norden die Bundesländer liegen, desto dunkler die Farben. Das heißt: Hier ist die Quote der Alkoholabhängigen besonders hoch.
Zwei Prozent der Berliner sind Alkoholiker
Besonders dunkel sieht es in den neuen Bundesländern aus. In Mecklenburg-Vorpommern sind im Jahr 2023 gut 2,6 Prozent der Menschen wegen einer Alkoholsucht behandelt worden, in Sachsen 2,27 Prozent, in Sachsen-Anhalt 2,21 Prozent, teilt die Barmer mit. Der bundesweite Durchschnitt liege bei knapp 1,7 Prozent.
Ein wenig besser, aber nicht gut, sieht es in Berlin (2,02 Prozent) und Brandenburg (2,0 Prozent) aus. Auch in Bremen (2,02 Prozent) und Hamburg (1,94 Prozent) gibt es überdurchschnittliche viele Alkoholabhängige. Die niedrigsten Werte hatten Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo der Wert bei weniger als 1,5 Prozent der Bevölkerung lag.
Besonders häufig betroffen sind Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren. In dieser Gruppe wurde allein bei 293.000 Männern und 114.000 Frauen offiziell Alkoholismus festgestellt.
Mehr als 184.930 Menschen sind in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt einer Hochrechnung zufolge zuletzt wegen Alkoholsucht in medizinischer Behandlung gewesen. Das geht aus einer Auswertung des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Krankenkasse Barmer hervor, die dafür Daten von Barmer-Versicherten herangezogen hat, die im Jahr 2023 die gesicherte Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ erhalten haben. Im Vergleich zu 2018 hätten damit rund 11.000 Menschen mehr in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die Diagnose erhalten.
Besonders häufig betroffen sind demnach Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Bei den 55- bis 64-Jährigen ist im genannten Zeitraum in den drei Ländern Alkoholsucht bei rund 40.620 Männern und 11.680 Frauen diagnostiziert worden, heißt es. „Die tatsächliche Zahl der Betroffenen wird wesentlich höher liegen. Es ist an der Zeit, die gesellschaftliche Verharmlosung von Alkohol hierzulande kritisch zu hinterfragen“, sagte Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen.
Alkoholsucht: Gering-Verdiener öfters betroffen
Alkoholsucht sei eine zerstörerische Krankheit mit tiefgreifenden Folgen für Gesundheit, Psyche, soziale Bindungen und berufliche Perspektiven. Trotz gravierender Auswirkungen werde das Problem oft unterschätzt und tabuisiert. Alkohol sei leicht zugänglich und deshalb in der Gesellschaft weit verbreitet, was die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Abhängigkeit erschwere, heißt es weiter. Laut den Barmer-Daten kommt Alkoholsucht umso häufiger vor, je geringer das Einkommen und der Bildungsstand sind.
„Die erheblichen regionalen Unterschiede bei Alkoholsucht lassen sich nicht allein medizinisch erklären. Auch soziale und demografische Faktoren dürften angesichts der unterschiedlichen Werte vermutlich eine Rolle spielen“, sagt Barmer-Chef Prof. Dr. Christoph Straub.

Mehr als 1,4 Millionen Menschen sind in Deutschland 2023 laut einer Hochrechnung der Krankenkasse Barmer wegen Alkoholsucht in medizinischer Behandlung gewesen. Wichtig zu wissen: Alkoholsucht ist nicht etwa eine Charakter- oder Willensschwäche. Es handelt sich um eine Erkrankung, die man behandeln kann – so wie auch einen Herzinfarkt oder eine Arthrose, heißt es vom Bundesministerium für Gesundheit dem Portal gesund.bund.de.
Wie andere Erkrankungen auch entwickelt sich eine Alkoholsucht oft schleichend. Ein problematisches oder abhängiges Trinkverhalten bleibt oft lange Zeit unerkannt oder wird unterschätzt. Entscheidend für die Diagnose der Suchterkrankung oder des schädlichen Konsums von Alkohol sind etwa Kontrollverlust, Toleranzentwicklung oder Vernachlässigung von Beziehungen und anderer Aktivitäten zugunsten des Konsums. Die Menge allein spielt also nicht die entscheidende Rolle.
Alkoholsucht: Gefährdung erkennen und Hilfe finden
Woran erkennt man ein Alkoholproblem? Eine solche Diagnose kann nur durch Mediziner gestellt werden. Wer aber überlegt, eventuell gefährdet oder betroffen zu sein, kann folgende Fragen beantworten, die das Infoportal „Kenn Dein Limit“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auflistet:
Spüren Sie häufig einen starken Drang, eine Art unbezwingbares Verlangen, Alkohol zu trinken?
Kommt es vor, dass Sie nicht mehr aufhören können zu trinken, wenn Sie einmal begonnen haben?
Trinken Sie manchmal morgens, um eine bestehende Übelkeit oder das Zittern (z. B. Ihrer Hände) zu lindern?
Trinken Sie in den letzten Jahren zunehmend mehr Alkohol, um eine bestimmte (gewünschte) Wirkung zu erzielen?
Ändern Sie Tagespläne, um Alkohol trinken zu können, bzw. richten Sie den Tag so ein, dass Sie regelmäßig Alkohol konsumieren können?
Trinken Sie, obwohl Sie wissen, dass der Alkoholkonsum bereits zu schädlichen körperlichen, psychischen oder sozialen Folgen geführt hat?
Wenn drei oder mehr Fragen mit Ja beantwortet werden, liege eine Abhängigkeitserkrankung nahe. Wer an einer Alkoholabhängigkeit leidet, benötigt in der Regel Hilfe. Neben dem Hausarzt sind Suchtberatungsstellen wichtige Anlaufstellen. Über das Suchthilfeverzeichnis der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) bekommt man eine Übersicht von Beratungsstellen in der Region: www.suchthilfeverzeichnis.de