
Vor dem Arbeitsgericht Berlin hofft Emilia Wagner (Name geändert) auf Gerechtigkeit. Seit 1993 arbeitet sie bei einem großen Berliner Versicherer (Bavaria‑Direkt). 2017 erlitt sie durch stressige Telefonarbeit einen Hörsturz, weitere Leiden folgten. Heute ist sie schwerbehindert und verlangt einen leidensgerechten Arbeitsplatz — inklusive orthopädischem Stuhl und einem hochwertigen Telefonspeaker. Sie fühlt sich auch degradiert. Aus der Abteilung für Schadensregulierung wurde sie versetzt und schreibt nun Policen.
Ihre Anwältin Sophia von Verschuer ist zuversichtlich: Ein Urteil des Gerichts vom Frühjahr besagt, dass die Verweigerung einer behindertengerechten Anpassung Diskriminierung sein kann. Und diesmal ließ die Richterin sogar den Vorstandschef laden — er soll 2017 sinngemäß gesagt haben: „Hier werden keine Ausnahmen gemacht“. Verschuer will eine Entschuldigung erzwingen.
Der Firmenanwalt kennt nur Einzelfälle. Es folgt ein Kleinkrieg um Stühle und Telefonspeaker
Der erste Rückschlag kommt früh: Der Vorstand ist nicht erschienen. Der Firmenanwalt beruft sich auf eine 141er‑Vollmacht — Vertretung zulässig, wenn der Chef unabkömmlich ist. Die Richterin muss das akzeptieren. Dass der erfolgreiche Prozess vom Frühjahr zur Vorlage taugt, will die Gegenseite nicht gelten lassen: Sie argumentiert mit einem „ganz anderen ärztlichen Attest“ und nur einem „individuellen Anspruch“.
Es entbrennt ein Kleinkrieg um Details: Ein ergonomischer Bürostuhl sei gestellt worden, sagt die Firma — Wagner benötigt einen orthopädischen. Ein zur Verfügung gestellter Telefonspeaker „scheppert“, die Klägerin braucht HD‑Qualität zur Dämpfung von Hintergrundlärm. Außerdem will sie freigestellt werden für den Gerichtstermin. Fehlanzeige — dank Gleitzeit könne Wagner ihre Stunden selbst festlegen, erklärt der Firmenanwalt; der Gerichtstermin sei vergleichbar mit einem Arztbesuch.

Richterin will Urteil fällen, weil das Gericht völlig überlastet ist
Die Richterin empfiehlt eine außergerichtliche Einigung: „Das Verfahren ist prädestiniert dafür.“ Doch angesichts der Hinhaltetaktik winkt Verschuer ab: „Wir brauchen ein Urteil.“ Die Richterin muss sie enttäuschen: „Hier und heute wird kein Urteil fallen.“ Sie verweist auf die Überlastung des Gerichts; ein neuer Termin vor Sommer ist nicht zu erwarten. Eine „Güterichter‑Königin“ mit hoher Vergleichsquote wird empfohlen — keine der beiden Seiten glaubt, dass es was bringt.