Schulessen in Berlin

Hilfe, wir wollen unseren alten Essenslieferanten zurück!

Die Biesdorfer Grundschule am Fuchsberg verzweifelt am Mittagessen für 700 Schüler. Am liebsten hätten sie ihren alten Caterer zurück, doch das intransparente Vergabeverfahren für Anbieter für Schulessen verhinderte das. 

Author - Stefanie Hildebrandt
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An der Fuchsberg Grundschule in Biesdorf läuft es mit der Essensversorgung noch immer nicht rund. 
An der Fuchsberg Grundschule in Biesdorf läuft es mit der Essensversorgung noch immer nicht rund. Eric Richard

In Woche drei nach den Sommerferien sind Horterzieherinnen, Lehrer und Eltern an Berliner Schulen weiter damit beschäftigt, eine regelmäßige Versorgung mit Mittagessen für die Schüler sicherzustellen.

An der Grundschule am Fuchsberg in Biesdorf verzweifeln die Mitglieder der Essenskommission täglich an dem, was vom Caterer „40Seconds“ geliefert wird und an dem, was nicht geliefert wird. In einem Rundschreiben werden die Eltern über die noch immer desolate Situation informiert.

Am Telefon beschreibt ein Mitglied der Essenskommission dem Berliner KURIER die Zustände: „Es kommt zu wenig Essen an, es kommt gar nichts, oder es kommt verdorbenes Mittagessen“, kritisiert die ehrenamtliche Elternvertreterin.

„Am Montag war der Erbseneintopf verdorben, nur weil die Küchenfrauen das Essen nicht austeilten, kam es an der Fuchsberggrundschule nicht wie an anderen Schulen zu Übelkeit“, sagt sie. 

Jeden Tag Missstände beim Schulessen

Die Küchenfrauen der Fuchsberggrundschule, die 700 Schülerinnen und Schüler hat, hätten sich mittlerweile selber mit Kellen und Handschuhen versorgt. Denn auch die Grundausstattung, die durch den Caterer bereitgestellt werden sollte, wurde nicht geliefert.

Jeden Tag melde man dem Caterer und dem Schulamt die Missstände, jeden Tag gehen an der Schule weiterhin Kinder hungrig nach Hause.

Eltern wollen den Schulcaterer wechseln

„Warum nicht endlich das Drama beenden und dem Caterer kündigen?“, fragen sich die Eltern. Doch im Schulamt Marzahn-Hellersdorf will man noch abwarten.

Der zuständige Schulrat habe bei einem Besuch vor Ort zu verstehen gegeben, dass dem Caterer nicht einfach so gekündigt werden kann, er will zunächst weiter abmahnen, berichten die Eltern, deren Geduld damit auf eine harte Probe gestellt wird.

Dem KURIER gegenüber beschreibt Stefan Bley, Schulstadtrat in Marzahn-Hellersdorf, den Fahrplan im Umgang mit dem säumigen Caterer wie folgt: In der vergangenen Woche wurde dem Caterer die Abmahnung für alle betroffenen Schulen übermittelt. Hierbei wurde eine Frist zur Nachbesserung bis zum 17.09.2024 gesetzt.

In den vergangenen zwei Tagen wurde durch das Schul- und Sportamt sowie die betroffenen Schulen (Schulleitung und Mittagessen-Ausschuss) das gelieferte Essen bewertet. Am heutigen Vormittag (18.09.2024) wurde das Abschlussgespräch mit den betroffenen Schulleitungen durchgeführt und auch dargestellt, welche alternativen Anbieter (Zweitplatzierte im Vergabeverfahren) theoretisch nachrücken würden.

Von den betroffenen 15 Schulen, haben sich derzeit 5 Schulen dazu entschlossen den Caterer 40Seconds zu behalten. Augenblicklich findet das Gespräch mit den Zweitbietern statt, in welchem Zeitraum diese in der Lage wären das Catering zu übernehmen.

Am heutigen Nachmittag werden wir die Verhandlungen mit dem Caterer 40Seconds durchführen und darstellen, welche Schulen aus unserer Sicht weiter beliefert werden können und welche nicht. Sollte wider Erwarten keine Lösung im beidseitigen Einverständnis gefunden werden, so wäre die Kündigung einzelner Standorte ab Donnerstag notwendig.

In der Fuchsberggrundschule wünschen sich Kinder und Eltern nichts sehnlicher, als ihren alten Caterer zurück.

Das Essen in der Schule ist für viele Familien ein wichtiger Teil im Alltag. 
Das Essen in der Schule ist für viele Familien ein wichtiger Teil im Alltag. Jens Kalaene/dpa

Eltern kritisieren Vergabeverfahren und wollen alten Anbieter zurück

„Wir waren sehr zufrieden mit dem bisherigen Anbieter“, so die Elternvertreterin in der Essenskommission. Sehr gern hätten sie ihn nach der Ausschreibung weiter beauftragt. Doch das war im weithin kritisierten Ausschreibungsverfahren gar nicht möglich.

Das Verfahren, das von der Senatsverwaltung für Schule verantwortet wird, ist intransparent, und dysfunktional, so die Kritik. Die Fuchsberggrundschule hat bereits gleich nach dem Verfahren Kritikpunkte geäußert.

„Bei der Bewertung der Angebote fehlten uns wesentliche Kriterien, die uns bei der Wahl des Essensanbieters wichtig sind“, heißt es in einem Schreiben an das Schulamt im Bezirk. Weder habe man eine Präferenz für das an der Schule bereits praktizierte Cook-and-Chill-Verfahren angeben können, noch habe man Angebote zur Bewertung vorgelegt bekommen, die auch Cook-and-Chill anbieten. „Leider ist die Ausschreibung so intransparent, dass wir nicht wissen, ob die Vorgabe beachtet wurde.“

Auch wussten die Schulen bei der Bewertung nicht, zu wie viel Prozent die Bewertung der Speisekarte in die Gesamtbewertung eingeht. Generell könne man einen Anbieter nicht anhand von ausgedruckten Speiseplänen bewerten.

Bewertung von Schulessen nur anhand von Speiseplänen

„Gerichte, die toll klingen, können bei falscher Zubereitung (verkocht, zu lange warmgehalten) trotzdem nicht schmecken. Generell ist der Anreiz für Schulcaterer schmackhaftes Essen für die Schülerinnen und Schüler zuzubereiten, sehr gering.“

Denn Anbieter erhalten ihr Geld, egal ob die Schüler die Mahlzeiten auch essen, oder nicht. Im schlimmsten Fall bezahlt Berlin im Rahmen des kostenlosen Schulessens für Essen, das in der Tonne landet.

Bei einem Auftragsvolumen von immerhin bis zu 800 Millionen Euro über die Laufzeit von vier Jahren muss sich das Verfahren dringend verbessern. Denn auch bisher positive Erfahrungen mit Anbietern spielten bei der Vergabe keine Rolle.

„Ein Caterer kann vier Jahre schlechtes Essen liefern, sich unkooperativ zeigen und trotzdem den Zuschlag erhalten, wenn die Speisekarte gut klingt“, so das Fazit an der Fuchsberggrundschule. 

Für eine nächste Ausschreibungsrunde, die bei einem erneuten Wechsel erforderlich ist, wünschen sich die Vertreter vor Ort Standards, wie sie bei öffentlichen Auftraggebern üblich sind. Normalerweise stellen sich die Anbieter bei einem Pitch vor, auch eine Verkostung wird an vielen Schulen für sinnvoll erachtet.

An der Fuchsbergrundschule wünschen sich die Kinder und Erzieherinnen vor allem Verlässlichkeit und endlich Routine bei der Essensversorgung. „Es ist ein extremer Aufwand, jeden Tag neu zu schauen, wie wir das Mittagessen organisieren“, sagen die Elternvertreter. ■